tragen worden. Aus einem Bericht vom S.Juni 1756 sei ein Beispiel gezeigt: Die Kinder der Lambach'- schen Untertanen, PeterSc/zmu/u'/e^er (t Sept. 1757) und Jakob Geyer, (17. Transport vom 16. 5. 1757) sind, während die Eitern wegen eines geheimen Aus wanderungsversuches „gnadenweise nur neun Mo nate in Eisen gehalten" wurden, zur Arbeit bei der klösterlichen Obrigkeit, ins Konversionshaus Kremsmünster, gebracht und dann - nach Verschikkung der Eltern nach Siebenbürgen - zu katholi schen Bauern im Mühl- oder Machlandviertel zum Dienst verdungen worden. Man bedenke den zeitli chen Ablauf. Daß diese Tragödie niemanden be rührt hat? Ungestilltes Heimweh, Sorge und Schmerz ist auf Briefen, die ihr Ziel nie erreicht ha ben, herauszulesen. Diese abgefangenen Briefe ru hen als erschütternde Zeugnisse in den Archiven. Die Kaiserin hatte im Einvernehmen mit dem Pas sauer Fürstbischof Kardinal von Lamberg eine Reli gionskommission für Oberösterreich in Linz einrich ten lassen. Sie sollte vorerst mit dem Studium der re ligiösen Verhältnisse betraut werden. Damit wurde die Bekämpfung und Ausmerzung des Protestantis mus eingeleitet.^" Diese Kommission war eine ge mischte Behörde, die den offiziellen Titel „Caesareo-regius Consessus in causis religionis mixtus"^^ führte. An ihrer Spitze stand der Präsident der Lan desregierung (Landeshauptmann). Die Pfarren des Traun- und des Hausruckviertels wurde in vier Missionsbezirke^eingeteilt. Das Innviertel war zu jener Zeit nach bayrisch. Superior des Gebietes Pfarrkir chen - Bad Hall war der Prälat von Kremsmünster. Die Pfarrer wurden angewiesen. Verdächtige der Obrigkeit anzuzeigen. Ordensgeistliche als Missio nare waren beauftragt, die Leute zu „examieren" und im wahren Glauben zu unterweisen. Zu ihren Aufgaben gehörten auch die Abhaltung von Chri stenlehren, die Ausforschung von Konventikulanten (Teilnehmern an Zusammenkünften der Protestan ten) und die Beschlagnahme lutherischer Bücher und Schriften.22 Legte ein des Irrglaubens Verdäch tiger nicht öffentlich das Glaubensbekenntnis in der Kirche ab, so wurde er verhaftet und von Gerichts dienern in das Gefängnis jener Herrschaft gebracht, der er untertänig war. Nach wochen- oder monate langer Haft wurden dann die Gefangenen nach Linz gebracht, wo sie im sogenannten Wasserturm oder in der Donauau so lange festgehalten wurden, bis eine genügend große Anzahl zu einem geschlossenen Transport nach Siebenbürgen beisammen war. Von Linz ging es donauabwärts, die Theiß aufwärts, über den Begakanal und das letzte Stück zu Fuß ins Sie benbürgische. Von den Landlern aus dem Traun kreis weiß man, daß sie im hier behandelten Zeit raum in der Grenzstadt Broos (Orastie) angesiedelt worden waren und auch in den folgenden Generatio nen in diesem Umkreis lebten. Später auch im nächstgelegenen Städtchen Mühlbach (Sebesch). Einem sehr frühen Brief der Aussiedler ist zu ent nehmen, daß „es ihnen allen sehr gut geht" (siehe: Regesten im Anhang, Nr. 11). Aber wir wissen, daß viele, die die mörderische Reise überstanden, im un gewohnten Klima sehr bald gestorben sind.23 Das spielte sich alles sehr nüchtern ab. Schon während des Marsches war keine Zeit für Formalitäten oder für Pietät: die Toten wurden irgendwo formlos ver scharrt. Die Überlebenden waren mittellos, die menschliche Not groß. Was die Menschen in Ober österreich zurückgelassen hatten, Häuser, Grund stücke, sollten entweder „ex offo", also von amtswegen, oder „licitando", zwangsweise, verkauft wer den. Es wurde aber oft verschleudert, da bei dem großen Angebot an Bauernhäusern und Sölden nicht genügend finanzkräftige Käufer zu finden waren. Was nach Abzug aller Gebühren (Gerichts-, Verpflegungs- und Gefängniskosten, Botenlohn, Schrei bertaxen u. a.) übrigblieb, wurde als meist sehr be scheidener Kaufschilling nachgeschickt. Da die Ver mögensverhandlungen in den Pflegschaftsgerichten sehr schleppend durchgeführt wurden, und außer dem der Weg von Oberösterreich bis Hermannstadt und weiter zu den jeweiligen Aufenthaltsorten sehr weit war, kamen die Ansiedler oft erst nach Jahren in den Besitz dieses restlichen Vermögens, das inzwi schen mehr und mehr geschrumpft war. Wie aus den Siebenbürger-Akten, die im Wiener Hofkammerar chiv aufbewahrt werden, hervorgeht, erfolgte die Endabrechnung (Individual-Liquidations-Protokoll) erst im Sommer des Jahres 1776, also mehr als zwanzig Jahre nach der Umsiedlung. Da waren viele der ersten Generation schon gestorben. Erschienen sind zu diesem Schlußprotokoll die Söhne und oft nicht einmal die, weil auch sie nicht mehr lebten oder den weiten Weg nach Hermannstadt scheuten, der in den meisten Fällen nichts brachte. Genau besehen war diese Abrechnung eine reine Formsache, eine 20 JGGPÖ 14 (1893) 45, Patent datiert mit 4.3.1748. 2' Kaiserlich-königlich gemischte Versammlung für Religionsan gelegenheiten. 22 Zur Illustration; „Im Jahre 1718 wurden in den Herrschaften Kammer-Kogl-Frankenburg bei 122 Untertanen 162 lutheri sche Bücher gefunden und Zwangsrobot strafweise verhängt. Deportationen wurden erst später üblich. Immerhin wurde un ter Maria Theresia niemand mehr seines Glaubens wegen ver bannt." - Aus: Grüll: Die Robot. 22 JGGPÖ 17 (1896). Zwei Memoriale (Erinnerungsschreiben) der Transmigranten an den corpus Evangelicorum aus Her mannstadt vom 15. 2. und 20. 10. 1765, drücken den Wunsch aus, in die Heimat zurückgelassen zu werden. Nach einer Kon skription wollten 800 nicht in Siebenbürgen bleiben. Sie be trachteten den Aufenthalt als eine Verbannung.
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