OÖ. Heimatblätter 1981, 35. Jahrgang, Heft 1/2

Die Entwicklung verlief anders Rückschauend faßt Depiny, mit Gärtner gemein sam Landesreferent - einen Tätigkeitsbericht Gärtners vor Ausscheiden aus dem Amt mitver arbeitend die Entwicklung des Verbandes in folgender Weise zusammen; Der Verband suchte die auf dem Gebiet der Volkser ziehung und Volks Wohlfahrtspflege tätigen Vereini gungen zusammenzufassen, um eine politisch und weltanschaulich nicht gebundene und unabhängige theoretische und praktische Zentralstelle zu schaffen und die Volksbildungsarbeit zu beleben. Zum Teil ge lang die Zusammenfassung und einige Ortsaus schüsse waren schon in Vorbereitung, da brachte das Re gulativ des Unterrichtsminsteriums vom 30. Juli 1919 an dere Voraussetzungen (Hervorhebungen vom Verf.); dazu kam das Zusammenschmelzen der materiellen Mittel in der Inflationszeit, so daß die organisatorische Ar beit Ende 1919 wieder eingestellt wurde. Die zweite Aufga be, die sich der Verband gestellt hatte, konnte dagegen durchgeführt werden: unmittelbare Arbeit im Geiste der intensiven Bildungsbestrebungen. Von einem ge schlossenen Arbeitsplane aus wurden in Linz Vorträ ge, Kurse und Arbeitsgemeinschaften gehalten, der amtlichen Berufsberatung wurde vorgearbeitet, be sonders aber Musik gepflegt und durch Kammermu sikveranstaltungen der Jugend die MögUchkeit künst lerischer Erziehung geboten. Diese volksbildnerische Tätigkeit des Verbandes dauerte bis 1922 und ging dann in die Arbeit der inzwischen geschaffenen Kunst stelle beim Landesreferate über.'^® Auch Gärtner berichtet, daß er, als mit dem Lan desreferat eine amtliche Zentrale geschaffen wurde, die Tätigkeit des Verbandes einstellte, die geleisteten Vorarbeiten aber für das Landesrefe rat verwenden konnte. Deutlicher als Depiny formuliert er seinen Anteil an der Entwicklung ,,neuer Formen"; war er doch seinem ganzen Wesen nach längst ein Vertreter der sogenannten „Neuen Richtung", der ,,gestaltenden", „inten siven", gegenüber der ,,verbreitenden",,,exten siven" Volksbildung der Vorkriegszeit, von der er sich schon in den Jahren der Vorbereitung ent schieden abgesetzt hatte: Durch den Verband hatte ich auch schon die neuen Formen der Volksbildungsarbeit wenigstens in Linz bekannt gemacht: ich hatte eine neue Art der Musik pflege begonnen, hatte gegenüber den bisherigen Ein zelvorträgen, soweit sie nicht während des Krieges eingeschlafen waren, die Kurse und Kursreihen einge führt, hatte die Form der Arbeitsgemeinschaft begon nen . . Er erwähnt den Plan für den Bau eines eigenen Volksbildungshauses, einen umfassenden Fi nanzierungsplan, die Aufbringung eines ansehn lichen Betrages und seine Vernichtung durch die Inflation, die Bildung von Arbeitsstellen im Lande selbst. Dann folgt der kritische Satz: Wäre das Landesreferat schon damals, gleich nach Er lassung des Regulativs besetzt worden, so hätte viel erreicht werden können. Aber durch die leidige Politik, die die Be setzung bis Herbst 1920 hinausschob, wurde die beste und empfänglichste Zeit verloren.*'' Sowohl Depiny als auch Gärtner bringen zum Ausdruck, daß mit dem Regulativ und seiner Durchführung zunächst Unsicherheit über den einzuschlagenden Weg entstand; ja, daß die Tä tigkeit des Verbandes - Linz ausgenommen - eingestellt wurde"®. Eindrucksvoll beschreibt Ernst Koref, wie in ihm und in anderen Zeitge nossen das „Bewußtsein einer Verantwortung gegenüber der in allen Fugen brodelnden und in allen Bereichen problematischen Gemeinschaft" aufgebrochen sei"'; und Gärtner bedauert, daß diese ,,beste und empfänglichste Zeit" nicht ge nützt werden konnte - weil die „leidige Politik" die schnelle Durchführung des Regulativs, vor al lem die Besetzung der Landesreferate hinausge zögert habe. Vielfältig waren in der Tat die Schwierigkeiten. „Von der Veranstaltung von Vorträgen wird mit Rücksicht auf die Wahlbewe gung Abstand genommen", heißt es schon im Protokoll der ersten Vertreterratssitzung im Fe bruar 1919.®" Die Wahlvorbereitungen für die er sten Nationalratswahlen (Februar 1919) und die ersten Landtagswahlen (Mai 1919) und eine Un zahl politischer Versammlungen während des Jahres 1919®^ ließen eine Vortragstätigkeit nicht aufkommen. Dazu kommt das Hervortreten der weltanschaulich-politischen Lager, die sich all mählich ihre eigenen Bildungseinrichtungen und die dazugehörigen Zentralstellen schufen. Dies Adalbert Depmy, Freie Volksbildung in Oberösterreich, in: Volksbildung, 8. Jg. (1928), S. 316ff. « Tätigkeitsüberblick Z. 1274/2. LROÖ/24/G. vom 31, Ok tober 1924, in: Mappe Tätigkeitsberichte, N. In dem Anm. 44 zitierten Tätigkeitsüberblick. Depiny (a. O.) spricht von der Einstellung der organisato rischen Arbeit mit Ende des Jahres 1919. Gärtner schreibt, er habe die Verbandstätigkeit mit der Schaffung einer amt lichen Zentrale (Landesreferat) eingesteht. Allerdings be richtet er noch am 19. September 1921 an das Volksbil dungsamt, daß ,,der Verband zur Förderung der Volksbil dung in Oö. in Verbindung mit den Ortsgruppen Linz und Urfahr des Oö. Volksbildungsvereines und dem Landes bildungsausschuß der Arbeiterorganisationen . . . sein Programm ... im allgemeinen durchgeführt" habe und dankt für die Förderung seitens des Volksbildungsamtes. In: Mappe Tätigkeitsberichte, N. Ernst Koref, Die Gezeiten meines Lebens, Wien-München 1980, S. 71, 74. Protokoll der Vertreterrats-Sitzung vom 2. Februar 1919, Ziffer V. In: Mappe Sitzungen, N. Slapnicka, op. dt., S. 23.

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