matschutz, Volksbildung nehmen von hier ihren Aus gang . . .26 Arbeiterbildung wird für ihn zu einer Kernfrage ei ner neuen Volksbildung^^; eine Forderung, die in den Erfahrungen seiner Geburtsheimat wurzelt, in,,Grunderlebnissen", die,,Gärtners Wesen er füllten und die ihm die feinfühlige, allen mensch lichen Notständen offene Art und den mächtigen Trieb zum Wirken" gaben, Dazu sollte er bald eine besondere Chance bekommen. Gründung des Landesverbandes zur Förderung der Volksbildung in Oberösterreich Die Initiative ging von Gärtner aus. Sie erfolgte in einem besonders kritischen historischen Mo ment. Im Spätherbst 1918 war es in der Folge des militärischen und politischen Zusammenbruchs und des Zerfalls der Monarchie auch im Lande Österreich ob der Enns zu chaotischen, nur müh sam gebändigten Situationen gekommen; schwierigste Aufgaben für die „Provisorische Landesregierung" unter der Führung von Lan deshauptmann Prälat Flauser. Im November trat die „Provisorische Landesversammlung" zu ih rer konstituierenden Sitzung zusammen. Trotz kritischer Ernährungslage, Konflikten an der neuen Nordgrenze zu der soeben entstandenen Tschechoslowakischen Republik, Arbeiterde monstrationen, Plünderungen, Verhängung des Standrechtes in Linz, der Bildung von Arbeiter und Soldatenräten, von Bauern- und Mittel standsräten wird sich die Vermutung durchset zen, ,,daß die bisher stabilen politischen Verhält nisse im Land wohl geändert, kaum aber radikal umgestaltet werden"^®. ,,Trotz Chaos ein neues Selbstbewußtsein der Länder" - so formuliert es Slapnicka in seiner Zeitgeschichte Oberösterreichs^®. In dieser Situation beginnt Gärtner seine Gründung. Dazu bemerkt Ernst Koref: „Daß Gärtner bei seiner ihm angeborenen Hinneigung zum Humanismus und dessen Idealen auch der geeignete Mann für die gerade nach 1918 leben dig gewordenen Volksbildungstendenzen war, be darf rücht erst der besonderen Betonung. Auch auf diesem, für eine gesunde demokratische Entwicklung so überaus wichtigen Sektor war er unermüdlich tätig . . Volksbildung im Sinne einer politischen und sozialen Volkserzie hung, Hilfe im Kampfe nicht um die Existenz allein, sondern eine wertvolle, menschenwürdige Existenz und eine gesunde Entwicklung . . ., so hatte er vor kurzem gefordert. Nun war die Zeit zum Handeln gekommen.22 Als Obmann des Vereines ,,Mittelschule" in Oberösterreich und Salzburg lud er für den 22. Dezember 1918, 10 Uhr vormittags, im Konferenzzimmer des Staatsgymnasiums (Spittelwiese) alle jene Vereine, die sich bisher mit Volksbildungsar beit beschäftigt haben oder ihrem Wesen nach damit beschäftigen könnten zu einer Besprechung ein. Die Zeitumstände erfordern dringend ein kraftvolles Einsetzen der Volksbildungsarbeit. Nicht nur, daß in den langen Kriegsjahren die Grundlage der allgemeinen Volksbildung, das Schulwesen, ungeheuer gelitten hat; nicht nur, daß das freie Volksbildungswesen wäh rend des Krieges nicht einmal in der alten Weise weiter gepflegt werden konnte; nicht nur, daß ein Haupt merkmal eines Kulturstaates, den wir doch schaffen wollen, die Höhe und Tiefe der Volksbildung ist; das innere Gedeihen dieses neuen Staates, der innere und äußere Wiederaufbau unseres Volkskörpers wird ganz wesentlich abhängen von einer verständnisvollen Teilnahme der großen Schichten des Volkes an den großen Aufgaben der Gegenwart und Zukunft. Diese aber wird nicht vorhanden sein können ohne eine ganz neue, vertiefte Bildung aller Schichten. - Vorausset zung einer erfolgreichen Tätigkeit ist eine planmäßige, vom Gefühl der Verantwortlichkeit getragene Organisa tion dieser Bestrebungen . . .22 Gärtner hat sich um eine breitestmögliche Aus gangsbasis bemüht; eine sorgfältig gegliederte Liste der einzuladenden Vereinigungen und Gruppen, insgesamt 59, bezeugt diese Absicht. Der Volksbildungsgedanke, wie er ihm vor schwebte, sollte in den verschiedenen Vereini gungen und Gruppen wirksam werden, sie durchdringen und von ihnen gemeinsam getra gen werden - überparteilich und überkonfessio nell, für Frauen, Männer und Heranwachsende, 26 Wilhelm Gärtner, Heimaterlebnis und Volksbildung, in: Volksbildung, 3. Jg., S. 226ff., S. 228; z. T. in kritischer Auseinandersetzung mit Eduard Kriechbaum. 22 Gärtner behandelt das für ihn brennende Problem in ver schiedenen Beiträgen, z. T. in der Zeitschrift des Unter richtsministeriums ,,Volksbildung". In einem Brief vom 10. April 1925 bittet ihn der Referent in der Zentralstelle Dr. Heinz Kindermann, in einem dem FamiHenproblem der ,,Volksbildung" gewidmeten Heft ,,den Arbeiterauf satz zu schreiben. Sie sind ja der einzige Fachmann auf die sem Gebiete, der keine Scheuklappen hat ..." In: N. 26 Hahland, Gedenkworte, wie Anm. 11. 2' Harry Slapnicka, Von Hauser bis Eigruber. Eine Zeitge schichte Oberösterreichs, Band 1. Beiträge zur Zeitge schichte Oberösterreichs 1, hrsg. vom Oö. Landesarchiv, Linz 1974, S. 16 ff. 2° a. O., S. 14. 2' In der Anm. 12 zitierten Schreiben Korefs. 22 Wie Anm. 21. 22 Verband zur Förderung der Volksbildung in Oberöster reich, Mappe Sitzungen, Rundschreiben Gärtners, Linz, Dezember 1918, in: N.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2