konkurrieren, sondern kooperieren und ergän zen" zum Ausdruck gekommen ist). Zur gegenwärtigen Situation: „Mitgestalten" im Sinne sozio-kultureller Animation Man könnte die gegenwärtige Situation vielleicht als eine neue Phase bezeichnen. Zielsetzung und Prinzipien der Tätigkeit in den Bildungswerken kommen heute Tendenzen auf internationaler Ebene entgegen: die Hinwendung zum ,,All tagswissen", ,,Handlungswissen", zur konkre ten Situation, der Bezug zu Lebensfragen (vgl. z. B. den UNESCO-Bericht ,,Learning to be"); der Appell, der aus der Umweltkrise erwächst und auf „Entwicklung, Ordnung und Pflege des menschlichen Lebensraumes" drängt; die unter dem Stichwort ,,sozio-kulturelle Animation" in den frühen siebziger Jahren einsetzende Gegen bewegung zu rationalisiertem, leistungsorien tiertem Lernen, die auf Selbsttätigkeit, Selbstge staltung, Selbstausdruck hinzielt (vgl. z. B. die Konferenzen des Europarates über Animation: Rotterdam 1970, San Remo 1972, Brüssel 1974); die neue Aufwertung der Volkskultur (die in Österreich in den jüngsten Veranstaltungen des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst zum Ausdruck kommt); der Trend zu einer ge meinwesenorientierten Bildung (wie er etwa im Angelsächsischen unter dem Begriff ,,Commu nity education", ,,Community work" sich aus breitet) . Die jüngste Broschüre des Verbandes, die unter dem Titel ,,Mitgestalten" zum 25jährigen Be stand erschienen ist, faßt nochmals die tragenden Motive der Bildungswerke zusammen: die Hei mat, das Musische, die Familie, die Umwelt, Ortsbild und Ortsgeschichte, Gemeinwesenent wicklung, Volkskultur - bezogen auf die Gegen wart und ihre Probleme^®. Die Frage liegt nahe, welche Linien sich für die Zukunft abzeichnen. Manches klingt in der ge nannten Festschrift, auf Seminaren, in persönli chen Gesprächen an: Weiterentwicklung von Modellen, die der Kulturlandschaft, der Bau- und Wohnkultur, dem sozialen Engagement (ein Bei spiel wären Familien mit behinderten Kindern)^'' dienen; Entwicklung von Modellen einer ver bandsspezifischen Gemeinwesenentwicklung und kulturellen Animation; Zusammenarbeit mit volkskulturellen Vereinigungen und kulturellen Gruppen; Kontakt mit Initiativgruppen in der ,,Grauzone" zwischen organisierter Erwachse nenbildung und freiem Engagement; Einbezie hung jenes Potentials, das aus dem Eintreten für ökologische Denkweise, alternative Lebensziele und -Stile erwächst; Intensivierung der Bil dungswerkarbeit als Teamarbeit am Ort; Ausbau einer überregionalen Mitarbeiterausbildung; Er hebungen als Hilfen für Planung im pädagogi schen und orgarüsatorischen Bereich; Entwick lung von Konzepten für den Einbau von Medien u. a. m.^® Doch bei jedem dieser Vorschläge wäre weiter zu fragen, mit welchem Inhalt sie gefüllt werden, von welchem Menschenbild sie ausgehen, wel chen Zielen sie dienen. Tiefer noch als die Frage nach äußerer Gestaltung, nach Programmen und Methoden, ist die nach dem geistigen Standort, den die Bildungswerke in der Auseinanderset zung unserer Tage einnehmen. Es ist z. B. die Frage, ob die Aktivitäten im Sinne der Gemein wesenarbeit dazu dienen, den Konflikt um seiner selbst willen anzuzünden, oder ob ein Beitrag zur Bewältigung von Konflikten und zur Integration und Identitätsfindung eines Gemeinwesens ge leistet werden soll. Es ist die Frage, ob,,kulturelle Animation" als hemmungsloses Sich-Ergießen, als Uber-Bord-Werfen sämtlicher ,,Maßstäbe" gesehen wird oder als neu entdeckte und ge weckte Gestaltungskraft, die sich an Ordnungen, Finalitäten, Werten orientiert. Es ist die Frage, ob Bildung im Sinne einer behavioristischen Verhaltensänderung verstanden wird oder ob die Vor stellung vom Menschen als einer geistfähigen Person dahintersteht, ,,die auf Verantwortlich keit und Wertstrebigkeit hin angelegt ist und Ak ten der Reflexion ebenso fähig wie bedürftig ist"^®. Nach solch grundlegenden Entscheidun gen in Geschichte und Gegenwart zu fragen, wäre wesentlicher Teil einer Theorie der Bil dungswerke. Es war mein Anliegen, mit dieser Skizze (die si cherlich auch zu Widerspruch und Korrektur herausfordert) zu einer eingehenderen Erfor schung der Geschichte der Bildungswerke anzu regen - nicht zuletzt im Blick auf diese ausstän dige bildungstheoretische Fundierung. Den ofMitgestalten. 25 Jahre Verband österreichischer Bil dungswerke, Wien 1979. " Irmgard Seipl, Ein Modellseminar des Oberösterreichi schen Volksbildungswerkes für Eltern behinderter Kinder. In: Erwachsenenbildung in Österreich, 28. Jg., 12/1977, S. 634-642. ^ Aus einem Gespräch mit Dr. Dick. Vgl. dazu u. a. auch Elmar Dick, Was wir noch tun wollen (Zukunftsprojekte). In: Mitgestalten. 25 Jahre Verband österreichischer Bil dungswerke, Wien 1979, S. 70 f. Franz-Rainer Reich, Erwachsenenbildung. Bildungstheo retische Überlegungen im Anschluß an eine empirische Untersuchung. In: Erwachsenenbildung, Düsseldorf 1/1979, S. 30.
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