OÖ. Heimatblätter 1981, 35. Jahrgang, Heft 1/2

Wissensvermittlung in den Bildungswerken nachzugehen. Da mag wohl ein „extensiver Zug" sichtbar werden: die Erwartung, man könne Lebenshilfe dadurch leisten, daß man die Erkenntnisse der Wissenschaft mögKchst vielen Menschen nahebringt. Andererseits wird auch mehr und mehr sichtbar, daß es sich um eine spe zielle Form der Bildung handelt. In einem 1959 erschienenen Artikel,,Volkshoch schule und Bildungswerk in Salzburg: Versuch einer Unterscheidung" hat E. Seifert auf den spezifischen Ansatz der Bildungswerke verwie sen: er Uege nicht in einer deduktiven, an Wis sensdisziplinen orientierten Vorgangsweise, sondern sei auf die Konfrontation mit der konkre ten Umwelt hin ausgerichtet. Seifert greift diesen Gedanken in der 10-Jahres-Schrift des Verbandes wieder auf: Die Tätigkeit der Bildungswerke be zieht sich auf die Auseinandersetzung des Men schen mit seiner Umwelt, auf die Klärung seiner mitmenschlichen Position und die Lösung der ihm hier und jetzt gestellten Aufgaben. ,,Ihr An liegen wird immer als Konfrontation mit dem MiHeu und als Aufgabe an dem Milieu begriffen werden müssen. In diese Phase fällt nun auch die Entwicklung spezifischer Veranstaltungsformen. Dazu zählen vor allem die Bildungs- und Kulturwochen. Es gab nun freilich bereits in der Ersten Republik ,,Volkskunstwochen" oder ,,Volksliedwochen", und schon bald nach 1945 wurden in Oberöster reich ,,Dorfkulturwochen" oder ,,Kulturtage" veranstaltet. Ein Anstoß zu den ,,Dorfbildungs wochen" kam nun aus der Schweiz. Er wurde 1953 von Tirol aufgegriffen; es folgten Nieder österreich (1959), Kärnten (1960/62), Salzburg (1961) und die anderen Bundesländer. Die Bil dungswoche besteht zumeist in einer Folge von Vorträgen, die auf örtliche Bedürfnisse Bezug nehmen und von musischen Veranstaltungen - gestaltet von örtlichen Gruppen - umrahmt wer den. Das Eingehen auf die örtliche Situation, das zu den Prinzipien der Bildungswerke gehört, erfor dert auch Methoden, diese Situation zu erken nen. Während in den Volkshochschulen Bedarfs erhebungen vor allem in Form von Hörerbefra gungen oder Statistikauswertungen durchge führt wurden, haben die BUdungswerke Instru mente entwickelt, mit deren Hilfe die demogra phischen, sozialen, ökonomischen und kulturel len Faktoren und die aktuellen Probleme eines Ortes sichtbar gemacht werden. Vereinzelte Ini tiativen gab es bereits früher, so etwa die vom Oö. Volksbildungswerk bereits 1948 durchge führte Befragung in Grieskirchen über die kultu rellen Interessen einer Kleinstadt. Nun versuchte man, diese Methoden breiter einzusetzen. Seit 1960 ging man in Tirol daran, in den ,,Dorf erhebungen" Bevölkerungsstruktur, Wirtschaft, Wohnverhältnisse, kulturelles Leben u. ä. zu er heben; die Ergebnisse wurden 1968 in der Studie ,,Das Gesicht der Gemeinde" veröffentlicht. In Salzburg und der Steiermark wurde ein ,,Ge meindespiegel" entwickelt, der zu einer,,Selbst untersuchung der Gemeinde" anregt. Charakteristisch für diese zweite Phase ist eine organisatorische Festigung - gefördert nicht zu letzt durch die Gründung des Verbandes (1954) und des Ringes (1955) der Bildungs werke. „Um ein Treffen der Bundesleitung unseres jungen Verbandes zu ermöglichen und ihr damit Gele genheit zu ersten Kontaktnahmen mit maßgebli chen Exponenten der Erwachsenenbildung aus der Bundesrepublik, aus Frankreich und Italien zu bieten"^^, hatte A. Schiffkorn als Leiter des Oö. Volksbildungswerkes nach Gmunden in das Schloß Ort am Traunsee für die Zeit vom 25. Juli bis 1. August 1954 eingeladen. So waren erste inter-europäische Verbindungen herge stellt. Die Bildungswerke verstehen sich als einer der freien Trägerverbände der Erwachsenenbil dung in in Österreich. Ein Bemühen um Syste matisierung der Arbeit setzt ein (die 10-JahresSchrift enthält mehrere grundsätzliche Artikel, u. a. analysiert A. Schiffkorn einzelne Modelle der Bildungs werke), um theoretische Fundie rung (1960 Gründung des Instituts für Grundla genforschung, später Institut für Erwachsenen bildung im Ring österreichischer Bildungswer ke, 1968 Gründung des Instituts für Erwachsen enbildung, Graz) und um die Ausbildung der Mitarbeiter. 3. Phase: Selbstfindung im Zeichen ,,rationalisierten Lernens" Man könnte eine dritte Phase in der Geschichte der Bildungswerke erkennen, die etwa das Jahr zehnt zwischen 1965 bis 1975 umfaßt. Es ist die Zeit, in der sich in der Erwachsenenbildung all gemein die sog. „realistische Wende" bemerkbar macht, in der systematisches Lernen, berufliche Qualifizierung, schulische Formen der ErwachEduard S«/ert, Begründung, Auftrag und Ziel der österrei chischen Bildungs werke. In: 10 Jahre Verband österrei chischer Bildungswerke (= Schriften zur Volksbildung d. BMfU, Bd. 17), Wien 1964, S. 70. " Aldemar Schiffkom, ,,Gründer jähre" und Grundsätze. In: Mitgestalten. 25 Jahre Verband österreichischer Bil dungswerke, Wien 1979, S. 13.

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