OÖ. Heimatblätter 1981, 35. Jahrgang, Heft 1/2

„unter besonderer Berücksichtigung der nieder österreichischen Eigenart"®. Ein Unterschei dungsmerkmal gegenüber den Volkshochschu len wurde bereits damals im musischen Element gesehen, das die Überlieferung des heimatlichvolkskulturellen Erbes in sich schloß. Auch voll zog sich die Tätigkeit der Bildungswerke vorwie gend im ländlichen Raum, während die Volks hochschulen vor allem in den Städten wirkten. Man könnte diese Zeit des Zusammenführens einzelner Initiativen und Gruppen als eine erste Phase in der Geschichte der Bildungswerke be trachten, die etwa bis zur Gründung des Verban des der Bildungswerke 1954 reicht. Es ist dies ein anderer Ansatz als etwa die Gründung von Zweigstellen durch eine Zentrale, wie dies bei den Volkshochschulen oder auch bei den Katho lischen Bildungswerken der Eall ist. So wurde auch bei der Gründung darauf hingewiesen, daß der Verband der Bildungswerke nicht jene Ein heitlichkeitbesitze, wie sie dem Volkshochschul verband eigen sei. Vielmehr seien in ihm Grup pen verschiedener Art vereinigt: Arbeitsgruppen mit spezifischen Zielsetzungen, die nicht lokal gebunden sind, aber auch örtliche Gruppen (in Kärnten z. B. die sog. „Dorfgemeinschaften"). Die Kooperation mit anderen Einrichtungen der Erwachsenenbildung, irüt Behörden, Schulen, Kammern, Vereinen gehört zu den Charakteristika der Bildungs werke. Ziele und Inhalte waren zunächst vom Heimat gedanken bestimmt. Anknüpfend an Erzherzog Johann, F. Rosegger, J. Steinberger und V. v. Geramb verweist H. Koren auf ,,den Glaubens satz der Bildungsarbeit", daß der Mensch, „der sich als Charakter, als verpflichtetes Glied der Gemeinschaft in der Umwelt zurechtfinden und sie als Ordnung durchdringen will, der Kräfte der Heimat nicht entraten kann"i°. Heimat steht in Beziehung zum unmittelbaren Lebensraum des Menschen. Eragen der Landschaftspflege, der Ortsbildgestaltung, der Wohn- und Familienkul tur gehören zu den thematischen Schwerpunk ten. Ein Hauptakzent lag weiters auf der musischen Bildung - dies gilt freilich nicht nur für die Bil dungswerke, sondern für die Volksbildung die ser Jahre im allgemeinen. Sie soll der garrzheitlichen Entfaltung des Menschen dienen. So fordert Dechant - der eine Brücke zur musischen Bewe gung der Zwischenkriegszeit bildet -, ,,daß wir endlich einmal die BriUen des einseitigen isolie renden Rationalismus des 18. Jahrhunderts able gen und aus einer neuen lebendigen Schau den ganzen Menschen mit allen seinen Fähigkeiten se hen und entfalten lernen"". Die Kunst eröffnet nicht nur eine itefe Schau der Wirklichkeit, son dern sie erfüllt auch eine wichtige Aufgabe „in der Erweckung und Vertiefung unseres seeli schen Innenlebens"". Eng verbunden damit ist das Bemühen um eine Verlebendigung der Volkskultur. Dabei tritt zunächst mehr ein be wahrender Zug hervor. Es soll die Gefahr ge bannt werden, daß sie ihrer inneren Werte be raubt, daß sie durch Schund, Kitsch oder Korrup tion verdorben wird. So wird beispielsweise im NO. Heimatwerk eine Verkaufsstelle eingerich tet, um geschmacksbildend zu wirken, um Vor bild und konkrete Anleitung für die Gestaltung des Heimes, für Tracht und Schmuck zu bieten. Es geht um eine lebendige, auch im Heute wirk same Tradition. Das zeigt sich in Neuschöpfun gen im Lied - es entsteht das neue Kärntner Volkslied -, in Mundartdichtung, Brauchtum, Tracht - z. B. durch Goldhaubenstickkurse im Oö. Volksbildungswerk. So wie Umwelt und Heimat nur aus den sie tra genden Gemeinschaften verständlich werden, steht auch Kultur in enger Beziehung zur Ge meinschaft. Fest und Feier bringen diese Ver bundenheit zum Ausdruck und helfen, sie zu fe stigen. Die Bildungswerke sahen daher auch eine Aufgabe darin, durch Arbeitsbehelfe, Textbü cher, persönliche Beratung und Mitarbeit die Fest- und Eeiergestaltung zu fördern. Es ist verständlich, daß für diese Art von Volks bildung vor allem die Persönlichkeit des Mitar beiters entscheidend war, sein persönlicher Ein satz, seine Fähigkeit, auf andere einzugehen, sie zu ermutigen und anzuregen. Die Erziehungsar beit, so betonte Landeshauptmann DDr. Hein rich Gleißner 1948, komme nur dort zu wirkli chem Erfolg, ,,wo in jedem Volksbildner die Hamme der inneren Begeisterung glüht'"^. Überblickt man diese grob skizzierten ersten Jah re, so zeigen sich Merkmale, die auch heute noch für die Bildungswerke charakteristisch sind: Sie fassen vielfältige Gruppen, Arbeitsgemeinschaf- ' Auftrag, Wesen und Stellung der Bildungswerke (= Theo rie und Praxis, Heft 2/1970), S. 428. Hanns Kore«, Reden. Hrsg. v. Steirischen Volksbildungs werk, Graz 1966, S. 150. " Rudolf Dechant, Gedanken zur musischen Erziehung. Sonderdruck, österr. Bundesverlag, Wien 1956, S. 6. Ebenda, S. 10. - Zur musischen Bildung vgl. auch: Eduard Seifert, Vom BUdungswert des Musischen (= Schriften reihe d. Oö. Volksbildungswerkes, hrsg. v. A. Schiffkorn, Bd. 18), Linz 1966. n In: 10 Jahre Oberösterreichisches Volksbildungswerk (= Schriftenreihe d. Oö. Volksbildungswerkes, hrsg. v. A. Schiffkorn, Bd. 5), Graz 1957, S. 42.

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