Marginalien zu einer Geschichte der Bildungswerke Von Hannelore Blaschek Als eine spezifische Institutionalform der Er wachsenenbildung in Österreich sind die Bil dungswerke - gegliedert in allgemeine und kon fessionelle Bildungswerke - in der Zeit des Neu aufbaues der Erwachsenenbildung nach 1945 entstanden. In ihren geistesgeschichtKchen Wur zeln reichen sie allerdings weiter zurück. Es wäre ein eigenes, interessantes Unterfangen, diesen Linien -z.B. dem Bezug zur musischen Bewe gung, zur Jugendbewegung, Kturgischen Bewe gung, und, weiter ausgreifend, zu Romantik, So zialhumanismus, Erweckungsbewegungen des 19. Jahrhunderts-nachzugehen. Es wäre ebenso aufschlußreich zu untersuchen, inwieferne die Bildungsvereine des späten 19. Jahrhunderts (z. B. der 1872 gegründete Oö. Volksbildungs verein) mit ihrem System von Zweigstellen auf dem Lande als institutionelle Vorläufer ange sprochen werden könnten. Sie entwickelten ein vielfältiges Programm von Vorträgen und Vor tragszyklen, unterhielten z. T. auch Volksbüche reien und sahen ihre Aufgabe primär in der Po pularisierung von Wissenschaften und Kulturgü tern. Verschiedenste gesellschaftliche Gruppen engagierten sich in der Volksbildung, die eine Zusammenfassung auf Landesebene - nicht zu letzt durch die Landesreferenten - erfuhr. Eine Besinnung auf diese Vorgeschichte der Bil dungswerke würde vielleicht auch manch aktu elle Probleme in einem neuen Licht erscheinen lassen. In der folgenden Skizze möchte ich irüch jedoch auf die Zeit nach 1945 und hier wiederum auf die allgemeinen Bildungswerke beschrärrken. Solch ein Versuch bedarf sicherlich der Korrektur, nicht zuletzt durch jene, die diese Entstehungsge schichte selbst erlebt und aktiv mitgestaltet ha ben. Sprachlicher Exkurs Der Ausdruck ,,werk" geht auf eine indogermarüsche Wurzel ,,uerg", d. h. Tun, Arbeit zurück. Zusammensetzungen mit -werk deuten auf et was Aktives, ein Vorhaben, eine Realität, die auch an einem bestimmten Ort situiert sein kann. (So ist z. B. das,,Bergwerk" zugleich auf eine Tä tigkeit wie auf eine Institution mit einem be stimmten Sitz bezogen.) Verbindungen mit „-werk" tauchen in der Ge schichte der Erwachsenenbildung des öfteren auf. So wurde z. B. 1913 in Deutschland das „Heimgartenwerk" nach dem Muster der däni schen Heimvolkshochschulen gegründet, 1929 in Dortmund ein ,,Katholisches Bildungswerk", 1933 ein ,,Bauernhochschulwerk". In Österreich spricht Semetkowski vom „Bildungswerk von St. Martin" - allerdings im Sinne von Lebens werk und großer Leistung. 1934 wird ein „Wie ner Bildungswerk" gegründet. In der nationalso zialistischen Ära findet sich die Verbindung mit „-werk" nicht selten. So wird z. B. das von Ras kop gegründete „Institut für neuzeitliche Volks bildungsarbeit" 1939 (um seinen konfessionel len Charakter deutlicher zu kennzeichnen) in ,,Katholisches Bildungswerk" umbenannt^. W. Bründl berichtet von der Auflösung der Bil dungsvereine in Wien 1938 und ihrer Eingliede rungin das,,Deutsche Volksbildungswerk"^. Be reits 1934 waren in Deutschland alle Volkshoch schulen zu einem ,,Deutschen Bildungswerk" zentral zusammengefaßt worden. Als sich nach dem Krieg die Volksbildung in Österreich neu konstituierte, schien jedoch der Ausdruck ,, Bildungswerk" unbelastet und durchaus geeignet, eine spezifische Form der Volksbildung zu markieren. Bei der Gründung des ,,Katholischen Bildungswerkes" in Linz im Juli 1945 wurde z. B. der Ausdruck ,,Bildungs werk" als eine sprachliche Neuschöpfung ange sehen. Ebenfalls noch 1945 entstanden das „Volksbildungswerk für das Burgenland", der ,,Ennstaler Arbeitskreis für Volksbildung und Heimatpflege" als Kern des späteren Steirischen VolksbildungsWerkes und die ,,Heimat- und Trachtenvereine Wien und Umgebung", aus de nen später das Wiener Volksbildungs werk her vorging. Nach und nach wurden nun in allen Bundesländern Volksbildungs werke (Bildungs oder Heimatwerke) gegründet, die sich 1954 zum ,,Verband österreichischer Bildungswerke" zu- ' Franz Pöggeler, Katholische Erwachsenenbildung. Ein Bei trag zu ihrer Geschichte 1918-1945. München 1965, S. 133. ^ Wilhelm Bründl, Eigenart und Entwicklung der Wiener Volkshochschulen (= Schriften zur Volksbildung des BMfU, Bd. 1), Wien o. J., S. 39.
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