OÖ. Heimatblätter 1981, 35. Jahrgang, Heft 1/2

Thema, das im Erfahrungshorizont der Beteilig ten liegen muß, auch Bühnenbild und Kostüme, eventuell auch Musik, und weckt damit fach übergreifende Anlagen und Fertigkeiten. Das gilt in verstärktem Maß für ein besonders zu kunftsträchtiges Arbeitsfeld, nämlich die Video technik, die nicht nur Filmbetrachtung und Film analyse ermöglicht, sondern auch die selbstän dige Produktion. Kreative Kulturarbeit kann daher - und das ist ihr besonderer Bildungswert - unter verschiedenen inhaltlichen und formalen Aspekten gesehen und geleistet werden. Die reproduzierende Ar beit an einem Theaterstück erweitert Wortschatz und sprachliches Ausdrucksvermögen der Spie ler, kann aber zugleich auch zu politischen oder sozialen Fragen oder weltanschaulicher Stellungnahme und Diskussion herausfordern, wenn die Fragen auf Inhalt und Gehalt abzielen. Das trägt unter Umständen mehr zur Finstellungs- und Verhaltensänderung bei als eine rein kogrütive Wissensvermittlung. Ein Fotowettbe werb oder eine Fotoausstellung zu einem be stimmten Thema fördert nicht nur irchtiges Se hen und Betrachten, sondern fordert Akteure und Besucher zur Reflexion und zum inneren Dialog über Zustände, Mißstände oder aktuelle Probleme heraus. An diesen wenigen Beispielen soU klar werden, daß es möglich ist, von verschiedenen Tätigkei ten im Bereich der kulturellen Bildung ausge hend, auf eine kritische Diskussionsebene umzu steigen und so in fast jeden inhaltlichen Bereich der Erwachsenenbildung einzumünden. Ehe Programme der Erwachsenenbildungsein richtungen, von Kulturtagen, Kulturinitiativen und Kulturoffensiven geben Aufschluß darüber, wie bunt und vielfältig der Fach-, Themen- und Tätigkeitsbereich kultureller Bildung strukturiert sein kann, wie möglichst viele Menschen im Sinne einer „Mit-Mach-Kultur" zielgruppenorientiert angesprochen, welche Formen und Möglichkeiten der Kooperation praktiziert wur den und welche Kooperationspartner mitgewirkt haben. Was in der Fachliteratur an bürgernahen Beispie len für kulturelle Initiativen und Aktivitäten an geboten wird, ist für die österreichische Erwach senenbildung, insbesondere für die Bildungs werke, nicht ganz neu, bietet aber Anregung zu Versuch und Weiterentwicklung. Wenn heute für die Stadt gefordert wird, daß „Kultur überall gegenwärtig sein soU", so güt das natürlich auch für den Markt und das Dorf. Chöre gehen aus den Sälen heraus und treten auf dem Markt- oder Dorfplatz oder zwischen den Fläuserblöcken einer Wohnsiedlung auf. Darbietungen solcher Art können zu einem offe nen Singen übergehen, müssen aber auch nicht auf Musik beschränkt bleiben, können Lyrik und Kurzprosa und Spielszenen miteinbeziehen. Eine treffende Auswahl wird manchen zeigen, die das zum ersten Male erleben, daß Literatur nicht langweilig und lebensfremd, sondern sehr unterhaltsam und lebendig sein oder auch nach denklich und besinnlich stimmen kann. Aus Frankfurt wird von einem gelungenen Expe riment berichtet: Marieluise Kaschnitz las über Lautsprecher im Frankfurter Flauptbahnhof, Horst Bingel in der U-Bahn und Fassbinder und Lilli Palmer lasen auf einem,,Literaturdampf er". Junge Schriftsteller stellen sich bei einer OpenAir-Lesung auch der Diskussion, geben interpre tierende Information, treten in einen Dialog mit dem Publikum ein. Eine Amateurtheatergruppe bietet Kostproben ihres Könnens nicht bloß im Theatersaal, sondern auf Straßen und Plätzen, präsentiert nicht immer das fertige Stück, sondern Probenarbeit, gibt Auskunft über ihre Motivation zum Spiel und zeigt, ,,wie auch das darstellende Spiel ein Ele ment der kulturellen Verwirklichung für den er wachsenen Menschen sein kann"®. Durch kulturelle Kooperation wird schließlich das Blickfeld vieler Leute erweitert, können Men schen durch die Vielfalt des Angebots für be stimmte Fragen und kulturelle Tätigkeiten be sonders interessiert, ihre individuellen Neigun gen und Bedürfnisse gezielter angesprochen und vorhandene Motivationen geweckt und verstärkt werden. ® Kurt Meissner, Kulturelle Erwachsenenbildung.

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