Im Jahr 1972 konstituierte sich über Anregung des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst die Konferenz der Erwachsenenbildung Österreichs (KEBÖ) als unabhängiges Forum der Begegnung und Zusammenarbeit der österrei chischen Erwachsenenbildungsorganisationen, Die Jahrestagungen der KEBÖ brachten seither stets interessante Anregungen für die österrei chische Erwachsenenbildung. Mit Unterstützung des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst hat die KEBÖ überdies folgende Projekte konzipiert und durchgeführt: zwei große Bildungswerbungskampagnen in den Jahren 1973 und 1975, die gut angekommen sind und auch im Ausland Beachtung fanden; die Herstellung von sieben Lehrbriefen für die Ausbildung von Mitarbeitern; einen Grundlehrgang zur Ausbildung von Er wachsenenbildnern. Noch in Bearbeitung stehen die Projekte Termi nologie der Erwachsenenbildung (ein erster Teil „Veranstaltungsformen der Erwachsenenbil dung" wrude bereits abgeschlossen)® und das Projekt Statistik der Erwachsenenbildung. Die Einführung eines Bildungspasses, die ebenfalls projektiert und weitgehend gediehen war, mußte schließlich zurückgestellt werden, weil nach den Bestimmungen des Gebührengesetzes jede Ein tragung im Bildungspaß gebührenpflichtig wäre. (Eine Änderung dieser Bestimmungen wird vom Bundesministerium für Unterricht und Kunst angestrebt.) Im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Erwachsenenbildungsförderungsgesetzes (1973) und der Konstituierung der KEBÖ, kam es auch zur Bildung von vier neuen Dachverbänden der Erwachsenenbildung: österreichische Volks wirtschaftliche Gesellschaft - Verband für Bil dungswesen, Verband österreichischer Schulungs- und Bildungshäuser, österreichische Fö deration der Europahäuser und Institutionen ka tholischer Erwachsenenbildung. Bei aller positiven Entwicklung sind im Bereich der Erwachsenenbildung aber in wesentlichen Belangen weiterer Ausbau und Verbesserungen notwendig. Die Kooperation der Erwachsenen bildungsorganisationen bezog sich hauptsächlich auf die Bundes- und Landesebene, auf der sich der KEBÖ analoge Grenüen bildeten. Im lokalen Bereich läßt die Zusammenarbeit jedoch oft sehr zu wünschen übrig. In einer der werügen empiri schen soziologischen Untersuchungen zur Er wachsenenbildung in diesem Zeitraum, nämlich der von Univ.-Prof. Dr. Fürstenberg (Universität Linz) geleiteten Studie ,,Bildungsstrukturen und Bildungsbedürfnisse der Kremser Bevölkerung"^ wurde auf die mangelnde Koordination zwischen den Bildungsinstitutionen sowie auf die nicht vorhandene, längerfristige systematische Bil dungsplanung hingewiesen. Eine andere empiri sche Untersuchung unter Leitung von Univ.- Prof. Dr. Ereisitzer (Universität Graz)^® hat auf gezeigt, daß besonders bei Arbeitern Informa tionsmängel bestehen: sie haben zu wenig Über blick über die Angebote der Erwachsenenbil dung. Als weitere Barrieren, die den Zugang zur Erwachsenenbildung für Arbeiter erschweren, ergaben sich bei dieser Untersuchung, die zeitli che Ansetzung von Veranstaltungen (für Arbei ter meist zu spät) und der Umstand, daß entspre chende Veranstaltungen in zumutbarer Entfer nung vom Wohnort fehlen. Diese und noch an dere Ursachen bewirken, daß von den Arbeitern nur 14 Prozent an Erwachsenenbildung teilneh men. Weite Kreise der Bevölkerung müssen so mit erst für eine Weiterbildung aufgeschlossen werden. c) Bildungspolitik des Bundes Die österreichische Bildungspolitik der siebziger Jahre stand völlig im Zeichen der Reform und des Ausbaues des Schulwesens und des Hochschul wesens. Als wichtigste Marksteine für die Schule sind dabei anzuführen: Das Schulunterrichtsge setz vom 6. Februar 1974, das längerfristige Schulentwicklungsprogramm für Schulneubau ten und Schulraumbeschaffung, die Einführung der Schulfreifahrten und der freien Schulbücher (Schulbuchaktion) sowie die Durchführung der Schulversuche. Gerade wenn man die Einheit und den Zusam menhang der Bildung bedenkt, ist nicht zu über sehen, daß die Entwicklungen im Schulwesen auch wesentliche Auswirkungen auf die Erwach senenbildung haben. Einige hievon seien hier kurz angeführt. Heute erhalten beispielsweise viel mehr junge Menschen eine bessere und hö here Schulbildung als etwa noch vor zehn Jahren. So besuchen derzeit fast alle 10- bis 15jährigen eine Hauptschule oder eine Unterstufe der All gemeinbildenden höheren Schule, während frü her ein Großteil dieser Jahrgänge nur eine VolksSiehe: Terminologie der Erwachsenenbildung. Teil 1: Ver anstaltungsformen (endgültige Fassung). In: Erwachse nenbildung in Österreich. Sonderreihe Heft 8. Bildungsstrukturen und Bildungsbedürfnisse der Kremser Bevölkerung. In: Mitteilungen des Kremser Stadtarchivs 1973/74. Siehe: Freisitzer, Kurt: a. a. O.
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