OÖ. Heimatblätter 1981, 35. Jahrgang, Heft 1/2

Erprobung von fünf einwöchigen Modellsemina ren für die Bildungsfreistellung, Gewinnung von Erfahrungswerten und Anregungen. Themen der Seminare: Bildung in Partnerschaft, Arbeits zufriedenheit und Mitbestimmung, Zukunfts planung für den Ruhestand, Arbeiterfamilien in ihrer Freizeit, Mein Kind in den ersten Lebens jahren. Es zeigte sich eindeutig, daß die Teilnahme an ei ner derartigen Bildungsveranstaltung bildungsmotivierend wirkte. Durch die Einführung einer gesetzlichen Bildungsfreistellung - auch nur im Ausmaß von einer Woche pro Jahr - könnten da her häufiger solche ,,Initialzündungen" für Wei terbildung erfolgen. Weiters ergab die Begleituntersuchung zu den Modellveranstaltungen, daß ein sehr starker Be darf nach Bildungsberatung besteht. Ob die gemeinsamen Anstrengungen der Ar beitsgruppe Bildungsfreistellung Früchte tragen und es in den achtziger Jahren in Österreich zur Einführung einer gesetzlichen Bildungsfreistel lung kommen wird, erscheint derzeit völlig offen. Da es dabei vor allem um eine Entscheidung der Wirtschafts- und Sozialpolitik geht, wird es von den Sozialpartnern und hier vor allem vom Ein treten des österreichischen Gewerkschaftsbun des abhängen. Ein entscheidender Erfolg in die ser Richtung ist dem österreichischen Gewerk schaftsbund bereits mit der Einführung der ge setzlichen Bildungsfreistellung für Betriebsräte im Jahr 1971 gelungen. Daß mit einer Zunahme der Bedeutung der Er wachsenenbildung für untere Schichten im Falle der Einführung einer generellen Bildungsfreistel lung zu rechnen ist, wird auch durch empirische Befunde bestätigt. Es gibt zudem bei den Betrof fenen selbst klare Vorstellungen, welchem Zweck eine Bildungsfreistellung dienen soll. In einer repräsentativen Uirrfrage aus dem Jahr 1977 haben 95 Prozent der Befragten die Berufsfortbil dung an die erste Stelle gereiht. 57 Prozent er warten sich vor allem Hilfe für die bessere gei stige Lebensbewältigung (Erziehungspsycholo gie, Umgang mit Behörden, Konsumentenver halten) und 50 Prozent das Erlernen außerberuf licher praktischer Fertigkeiten (z. B. Heimwer ken, Kochen, Nähen)''. b) Entwicklungen in den Einrichtungen und Verbän den der Erwachsenenbildung Situation und Struktur der österreichischen Er wachsenenbildung sind bekanntlich dadurch be stimmt, daß nicht der Staat Träger der Bildungs einrichtungen ist, sondern gesellschaftliche Gruppen und Vereinigungen, so vor allem die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen, die Religionsgemeinschaften und die poKtischen Parteien. Eine bedeutende RoUe spielen weiters größere Betriebe und die Massenmedien. Schließlich treten die Gemeinden im Bücherei wesen überwiegend und mehrere größere Ge meinden auch im Erwachsenenbildungsbereich (Volkshochschulen) als Erhalter von Einrichtun gen auf. Die Erwachsenenbildungsorganisatio nen bestimmen in voller Autonomie ihre Ziele, ihre örganisation, ihre Bildungsangebote und wählen selbst ihre Mitarbeiter aus. Die Finanzie rung der Bildungsarbeit erfolgt zu einem Großteil durch die Träger der Einrichtungen, durch die Teilnehmergebühren und zu einem Teil durch Subventionen der öffentlichen Hand. Allgemein kann festgestellt werden, daß sich die Erwachsenenbildungsorganisationen im abge laufenen Jahrzehnt erfolgreich bemüht haben, ihre Programmangebote und Veranstaltungs formen den Bildungsbedürfnissen der Bevölke rung entsprechend auszugestalten. Dazu trugen die verstärkten Anstrengungen in der Zielgrup penarbeit, die zunehmende Anwendung von Methoden des Bildungsmarketing und die Ein führung verbesserter Konzepte der Mitarbeiter ausbildung wesentlich bei. Als neue Züge in die Programmlandschaft der Erwachsenenbildung wurden Aktivitäten der Gemeinwesenarbeit, Methoden der Animation, die Ausarbeitung erwachsenengemäßer Curricula, insbesonders in Form der Zertifikatskurse der Volkshochschulen und des Fremdsprachenpro gramms ,,Follow me", und sehr erfolgreich die Medienverbundprogramme in Zusammenarbeit mit Hörfunk und Fernsehen eingeführt. Diese Bemühungen fanden auch ihre Entspre chung in einer steigenden Teilnehmerzahl in vie len Erwachsenenbildungseinrichtungen. Zur Illustration hiefür einige Zahlen von den Volks hochschulen: Arbeitsjahr: 1970/71 1978/79 Gesamtzahl der Kurshörer: 269.515 348.742 Gesamtzahl der Besucher der Einzel veranstaltungen: 1,207.352 1,445.675 Ein weiterer charakteristischer Zug der siebziger Jahre war eine starke Konzentration und Koope ration der Erwachsenenbildungsorganisationen. '' Siehe: Freisitzer, Kurt: Grundsatzüberlegungen und empi rische Befunde zur Arbeiter-Erwachsenenbildung in Österreich. In: Erwachsenenbildung in Österreich, Heft 7-8/1980.

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