OÖ. Heimatblätter 1981, 35. Jahrgang, Heft 1/2

Gruppenbesuchen im Landestheater, anderer seits in kleinen Wanderausstellungen in den Aufenthaltsräumen von Betrieben sowie in grö ßeren Ausstellungen in Jugendzentren, Lehr lingsheimen, Kolpinghäusern usw. Und sie be stehen in verschiedenen Initiativen zur Freizeit gestaltung. Um diesen Sektor hat sich vor allem das Landesinstitut für Volksbildung und Hei matpflege mit Erfolg angenommen. Kultur, so sagten wir, ist die schöpferische Ge staltung der Welt. Das Gestalterische bezieht sich dabei auf die Bereiche des einzelnen Menschen als Leibwesen und als Geistwesen, auf die zwi schenmenschlichen Beziehungen und auf die Gemeinschaft, in die der Mensch eingebunden ist. Eine wichtige Aufgabe ist in diesem Zusam menhang der Kunst gestellt, der nach Paul Klee das Sichtbarmachen zufäUt: das Sichtbarmachen nicht nur in Form der Darstellung äußerer Er scheinungen, sondern vor allem in Form mög lichst objektiver Offenlegung des Wesens der Dinge, also die Materialisierung geistiger Inhalte, die Versinnlichung einer Idee. Kunst bedeutet si cher Können, sie bedeutet aber zugleich Kennen und Erkenntnis, sie bedeutet Auseinanderset zung, geleitet vom Willen, vom Gefühl und vom Intellekt; und sie bedeutet Bemühen um Orien tierung. So gesehen, darf Kunst nicht oder zu mindest nicht in erster Linie von ästhetischen Ka tegorien her beurteilt werden, sondern neben der künstlerischen Qualität vor allem von der Ehr lichkeit, die hinter dem Werk steht und von der Klarheit der Idee, die dem Werk Gestalt gegeben hat. Nicht von ungefähr sagt Marie von EbnerEschenbach: ,,Klarheit ist Wahrheit in der Kunst." Wahrheit aber ist ein höherer Wert als Schönheit. Der Künstler unserer Zeit stößt frei lich mit solchen Vorstellungen vielfach auf Un verständnis, ja Ablehnung. Viele Menschen for dern nach wie vor von der Kunst die Vermittlung von Schönem, Edlem, Erhebendem, Erbauli chem, sie wollen die Kunst als Fluchtwinkel er halten, in dem man sich zurückziehen, verbergen und in dem man sich von den peinigenden Sor gen des Alltags loslösen kann. Hier stehen sich also zwei Auffassungen geradezu diametral ge genüber: auf der einen Seite der Mensch, der im Künstler einen Wegweiser in eine Welt neben der wirklichen Welt sieht, eine Art von Bergsteiger, der zu einer Höhe mit einem befreiendem Rund blick führt, die einem einen wohltuenden Aus blick gewährt und die einem neue Hoffnung und neuen Mut gibt. Auf der anderen Seite der Künst ler, der von keiner anderen Warte mehr als von sich selbst ausgehen möchte, von seinem Leben und Erleben, von seinen Empfindungen, von seiner Sicht der Dinge. Und der sich nicht als Hö henwanderer einsetzen läßt, weil ihm der Weg zu sehr im Nebel zu liegen scheint. Der Blick des Künstlers hat sich im Laufe der Geschichte von Gott weg auf Mensch und Natur und schließlich auf sich selbst reduziert. Wer wollte dies dem Künstler verübeln, zumal die Entwicklung der gesamten Menschheit den Weg vom theozentrischen Zeitalter zum anthropozentrischen Zeital ter und schließlich zum naturwissenschaftlich technischen Zeitalter gegangen ist. Der Künstler von heute muß in diesem Sinn mit einer mehrfachen Krise fertig werden: mit der geistigen Krise, in der der Mensch steckt; mit der künstlerischen Krise, die durch den Zweifel an dem Wesen und der Aufgabe der Kunst, wie überhaupt am Wert alles Gestalterischen genährt wird; und schließlich als Folge auch mit der Krise des Publikumkontaktes. Diese Kontaktkrise ist umso schwerwiegender, als der Künstler wie rtie zuvor an ein Publikum gebunden ist. Seit Adel und Großbürgertum die Mäzenatenrolle aufge ben mußten und auch die Kirche nicht mehr jene kunsterhaltende Funktion wahrnehmen kann wie früher, ist es Aufgabe des Staates geworden, der Kunst entsprechende Lebensmöglichkeiten zu geben. Damit sind die Künstler wohl persön lich wie künstlerisch in die Freiheit und Unab hängigkeit entlassen worden. Andererseits un terliegt der Künstler in einem demokratischen Staat wie jeder Staatsbürger dem Gesetz der Mehrheit und des freien Marktes. Er ist damit existentiell von der Einstellung und dem Ge schmack der breiten Öffentlichkeit abhängig; zumindest solange, als er sich mit seiner schöpfe rischen Potenz wirtschaftlich noch nicht völlig freispielen kann. Will die öffentliche Hand daher den Künstlern wirklich helfen, wird sie ihm die Freiheit des Schaffens gewährleisten müssen. Das kann sie, indem sie die Künstler durch eine entsprechende staatliche Förderung der Kunst vor allzu großen Abhängigkeiten bewahrt und indem sie ihren Beitrag zur Schaffung einer kunstfreundlichen Atmosphäre beiträgt. Aus dieser Erkenntnis heraus sind die Verant wortlichen im Land seit Jahren redlich bemüht, der Entwicklung der Kunst in öberösterreich echte Chancen zu geben. Kunstförderung gilt da her seit langem als besonderer Schwerpunkt. Selbst in den letzten Jahren, als es im Zuge von notwendigen Sparmaßnahmen zu gewissen Re duzierungen im Kulturbudget kam, wurde die

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