Die Erkenntnis, daß auch im Kulturbereich nur mit Hilfe eines möglichst gut funktionierenden Organisationssystems eine entsprechende Kon tinuität der Arbeit gewährleistet werden kann, hat ferner 1976 zur Bestellung von Kulturreferen ten in den größeren Wirtschaftsbetrieben unseres Landes geführt. Auch hier war die spontane posi tive Antwort von Seiten der Betriebe auf eine Ein ladung des Landeskulturreferenten überra schend und überzeugend zugleich. Nahezu 80 Prozent aller eingeladenen wirtschaftKchen Unternehmungen mit über 50 Beschäftigten ha ben innerhalb kurzer Zeit Persönlichkeiten no miniert, die als Kulturvermittler in den Betrieben tätig sein wollen. In jährlichen Zusammenkünf ten werden diese Betriebskulturreferenten mit den jeweiligen größeren kulturpolitischen Planungen und Vorhaben des Landes vertraut gemacht und in Referaten und Aussprachen auf konkrete Mög lichkeiten für ihre Arbeit hingewiesen. Line Vier teljahresschrift, herausgegeben von der Kultur abteilung des Amtes der oberösterreichischen Landesregierung, gibt ihnen zusätzlich aktuelle Informationen und Berichte und unterbreitet Vorschläge und Angebote. Auch das Landesin stitut für Volksbildung und Heimatpflege stellt sich seit Jahren mit verschiedenen Aktionen in den Dienst der Kulturpflege in den Betrieben, wobei vor allem die Lehrlingsbetreuung im Mit telpunkt steht. Als immer notwendiger erweist sich der Aufbau einer kulturellen Organisation im Bereich der Schulen. Die Erfahrung zeigt, daß eine zuverläs sige Aufnahme des kulturellen Angebotes des Landes nur in jenen Schulen gewährleistet ist, in denen sich Lehrkräfte als Schulkulturreferenten zur Verfügung stellen. Das Bestreben ist es daher, auch hier auf freiwilliger Basis einen ausreichen den Mitarbeiterstab zu gewinnen. Zur Bewältigung der Anforderungen, die von ei nem so vielfältig strukturierten Netz von Helfern mit Recht an die öffentliche Hand gestellt wer den, wurde beim Amt der oberösterreichischen Landesregierung im Rahmen der Kulturabtei lung eine Kulturservicestelle eingerichtet. Diese Einrichtung versteht sich als Kontakt-, Beratungs- und Pörderungsstelle, setzt aber in ver schiedenen Teilen des Landes und in einem be stimmten Ausmaß auch eigene Initiativen. Diese Initiativen stellen jedoch nur eine Bereicherung und Ergänzung vorhandener Kulturprogramme und vor allem der privaten Kulturaktivitäten dar. Denn ein wichtiger Grundsatz der Kulturpolitik des Landes ist die Wahrung des Subsididaritätsprinzips, das der größeren Gemeinschaft nur jene Aufgaben überträgt, die von der kleineren nicht mehr bewältigt werden können. Durch die Einhaltung dieses Prinzips wird einerseits ver hindert, daß Kultur von oben her verordnet, re glementiert und der Bevölkerung ohne Bedachtnahme auf die regionalen Strukturen und indivi duellen Bedürfnisse aufgedrängt wird. Auf der anderen Seite wird erreicht, daß möglichst viele Menschen ihre schöpferischen Vorstellungen und Ideen zum Ausdruck bringen können und daß sie sich in Freiheit, ihren Bedürfnissen ent sprechend, entscheiden können. Wo man die Kultur ihrer speziellen Ausformungen beraubt, wo man sie in eine geistige Uniformität preßt, verliert sie ihren Wesenskern: nämlich den der schöpferischen Individualität und Originalität. Sie wird zur Linheitsware, der man verständli cherweise das Interesse versagt. Hingegen be deutet das Offensein gegenüber den verschie densten individuellen Äußerungen und Strö mungen Pluralismus; Pluralismus in der Kultur aber bedeutet Vielfalt, Abwechslung, Dynamik, Leben. Jede Kulturarbeit ist, sofern sie dauerhafte Er folge erzielen will, auf das Kulturoerständnis der Bevölkerung angewiesen. Wenn dieses Verständ nis fehlt, besitzt das kulturelle Tun weder Anzie hungskraft noch Lntwicklungschancen. Selbst das beste Kulturangebot bleibt dort ohne Zug kraft, wo man mit den Schultern zuckt, sobald das Wort Kultur ausgesprochen wird; wo man Kultur nur als Summe von Veranstaltungen sieht und sie daher mit Betriebsamkeit verwechselt; wo man glaubt, Kultur sei eine Angelegenheit für Leute, die viel Zeit und Geld haben; wo man der Kultur einen Platz außerhalb der Realität zuweist; wo man Kultur mit einer ungeliebten Kunst gleichsetzt; oder wo man Kultur mit Eigenschaf ten wie exklusiv oder langweilig umschreibt. Aus diesem Grund muß mit der Kulturarbeit das Bemühen Hand in Hand gehen, die Menschen vom Wert und der Bedeutung der Kultur zu überzeugen. Dazu bedarf es nicht großer theore tischer Erörterungen, solche verirren sich nur allzu leicht in der Unübersichtlichkeit definitorischer Grenzziehungen. Was wichtig ist, ist die Erkenntnis, daß man unter dem Begriff der Kul tur mehr zu verstehen hat, als Fest und Feier und daß unsere Kulturaktivitäten tatsächlich nur dann mehr sind als ein bloßes, obgleich liebens wertes Freizeitangebot, wenn sie Ausdruck einer inneren Haltung sind. Kultur ,,tun" setzt Kultur ,,haben" voraus. Kultur ,,haben" aber heißt, in schöpferischer Weise seinen Lebensbereich zu
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