OÖ. Heimatblätter 1981, 35. Jahrgang, Heft 1/2

dung der Schöpfung mitzuarbeiten und dies nicht nur im politischen und wirtschaftlichen und technischen Sinn, sondern auch erst recht im kul turellen. Es geht darum, zu einem Leben zu fin den und zu einem Leben zu verhelfen, das über das unmittelbar notwendige Existenzminimum hinaus führt, nicht nur im finanziellen, sondern im gesamtmenschlichen Sinne. Es geht im besten Sinne des Wortes um Lebensqualität. Es geht um all das, was Leben wirklich und auf Dauer lebenswert macht. So sind z. B. Literatur und Kunst nicht einfach Luxus oder Verbrämung des Lebens, sondern einfachhin nötig, sie gehö ren zumindest dazu, um zum Verständnis des ei gentümlichen Wesens des Menschen, seinen Problemen und Erfahrungen zu kommen, um sich selbst und die Welt zu erkennen und zu voll enden, Situationen des Menschen zu erhellen, sein Elend und seine Freude, seine Not und seine Kraft. Und das II. Vatikanum führt wörtKch aus: Die Gläubigen sollen dabei in engster Verbindung mit den anderen Menschen ihrer Zeit leben und sich be mühen, ihre Denk- und Urteilweise, die in der Gei steskultur zur Erscheinung kommen, vollkommen zu verstehen. Das Wissen um die neuen Wissenschaften, Anschauungen und Erfindungen sollen sich verbinden mit christlicher Sittlichkeit und mit ihm Bildung in der christlichen Lehre, damit religiöses Leben und Recht schaffenheit mit der wissenschaftlichen Erkenntnis und dem täglich wachsenden Fortschritt Schritt halten und sie so alles aus einer umfassenden chrisfüchen Haltung zu beurteilen und zu deuten vermögen. Dies alles nach der Meinung des Konzils - aber unter Anerkennung der der Kultur zustehenden Freiheitsräume der legitimen Möglichkeit, der ei genen Prinzipien gemäß selbständig zu handeln. Von daher ist wohl auch eine Forderung im Fünf jahresbericht der österreichischen Bischöfe zu verstehen, in der es heißt: Als Anwalt der Freiheit sollte die Kirche die Chance zur Artikulation neuer Ideen und zur Kritik an fragwürdi gen Phänomenen der Gegenwart wahren helfen, auch im künstlerischen Bereich. Zugleich aber muß sie dabei als Anwalt der Men schenwürde vor Fehlentwicklungen warnen. Im eige nen Bereich sollte die Kirche die Kunst als Vermittlerin der Zeitfragen und als Medium der Verkündigung ernst nehmen, auch dadurch, daß sie die Kommunika tion mit erstklassigen Künstlern sucht, Provinzialis mus aber meidet. Im Gegensatz zu historischen Epochen hat aber die Kirche die Nähe zu den Künstlern, und fast scheint mir noch mehr die zu den Philosophen und Schriftstellern, weithin verloren, die gerade heute mehr denn je, im Zeitalter der Massenme dien, die Stimmung einer Gesellschaft, ihre Kul tur und auch ihre Entwicklung beeinflussen. Andererseits eröffnet aber gerade die Ratlosigkeit vieler Menschen von heute der Kirche - oder sa gen wir besser dem Christen- eine große Chance. Die Verwirrung in den Antworten auf Wertfra gen und Sinnfragen, ja sogar die Ergebnisse der Naturwissenschaften, führen an die Grenzen der Ratio. Die Kirche und die Christen können diese Möglichkeit versäumen, der Herausforderung nicht gerecht werden, wenn sie die Fragen, die Ansprüche, die Hoffnungen und die Erwartun gen der Menschen nicht verstehen, nicht hörenoder gar nicht hören wollen. In der inzwischen ausgebrochenen Bildungseu phorie glaubte man mit immer perfekterem Kön nen und immer mehr Wissen, mit der Perfektio nierung menschlichen Verstandes, menschlicher Vernunft, alles zu können, unseren Fortschritt und unseren Wohlstand geradezu ins Grenzen lose zu treiben, alle Probleme zu lösen. Auf ein mal mußte man immer häufiger erleben, daß alles seine Grerrzen und alles seinen Preis hat. Daß Wirtschaftswachstum und Wohlstand nicht un begrenzt sind, daß abprüfbares Wissen und tech nisches Können nicht alle Probleme zu lösen vermögen. Immer lauter und dringender wurde die Frage nach dem Sinn des Ganzen, nach dem Warum und Wozu, ja das Gefühl der Sinnlosig keit schien die Zeitkrankheit schlechthin gewor den zu sein. ,, Wer sein eigentliches Leben als sinnlos empfin det, der ist nicht nur unglücklich, sondern auch kaum lebensfähig" sagt Albert Einstein. Eine ganz neue Sicht von Bildung scheint sich damit am Horizont abzuzeichnen. Eine Sicht von Bildung, die gerade an die Bildungseinrichtun gen in kirchlicher Trägerschaft einen erhöhten und verstärkten Einsatz fordert. Eine Aufgabe, die sie immer schon hatte, und die schon immer ihre eigentliche war, aber die deutlicher und dringlicher denn je geworden ist. Nicht nur durch Weitergabe von Wissen und Können dem Menschen Hilfen anzubieten, um mit dem alltäg lichen Leben in Beruf und Wirtschaft, in Freizeit und Politik, in Ehe und Familie besser fertig zu werden, das Leben schöner und reicher zu gestal ten, sondern vor allem durch Darbietung klarer Standpunkte und Orientierungen, durch Sinn erhellung und Vertiefung durch Entfaltung aller Kräfte, der emotionalen und der musischen, dem Menschen vor allem zu erfülltem und sinnvollem Leben zu verhelfen: eine keineswegs leichte, aber für christlich motivierte und orientierte Erwach senenbildung eine unabtretbare Aufgabe, wenn

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