OÖ. Heimatblätter 1981, 35. Jahrgang, Heft 1/2

Das Katholische Bildungswerk der Diözese Linz Von Franz Staub er Wenn man heute von überall her mehr Bildung im allgemeinen und eine ständige Weiterbildung der Erwachsenen verlangt, dann kann man dies gewiß mit einer Reihe von Gründen belegen, auf die in anderen Artikeln dieser Publikation aus führlich eingegangen wird. Sicher ist, daß das Wissen und Können, das wir von unseren Eltern überliefert bekommen haben, schon längst nicht mehr ausreicht, um unseren Aufgaben gewach sen zu sein. Aber auch die perfekteste Schule und die besten Lehrer können unmöglich, sozusagen vorwegnehmend und in weiser Voraussicht, dem jungen Menschen all das mitgeben, was er viel leicht auf Grund völlig neuer Gegebenheiten einmal brauchen könnte. Wie soll man z. B. dem Kind wirklich beibringen, was gute Politik ist, wie Wirtschaftsfragen in 30 Jahren zu lösen sind, wie man mit Eheproblemen fertig wird und wie man das Alter richtig lebt? Vieles muß man eben erst erlebt und vielleicht sogar erlitten haben, um es verstehen zu können, um bereit zu sein, sich bestimmten Lernprozes sen zu unterziehen. Außerdem war in vergangenen Zeiten das pri vate wie das gesellschaftliche Leben weithin durch Brauchtum und Tradition - also durch all gemein anerkannte Normen - fast selbstver ständlich - geregelt. Heute muß der Mensch in stets neuen Situationen neue Entscheidungen treffen. So erstrecken sich die Anforderungen ei ner lebenslangen Weiterbildung in einem weitge spannten Bogen vom beruflich-wirtschaftlichen Bereich über den politischen, bis hin zum ethisch-weltanschaulich-religiösen. Selbst der Glaube ist nicht etwas, das man sich eirunal erworben hat, um dann ein für allemal si cherer Besitz zu sein. Er ist wohl nicht zuletzt und nicht zutiefst eine Angelegenheit der Bildung, hat aber heute doch einiges damit zu tun, mit Überzeugung und Toleranz mit der Unterschei dung von Wesentlichem und Unwesentlichem, von bleibend Gültigem und geschichtlich Wan delbarem. Bildung kann und darf gewiß nie Religionsersatz sein, wenngleich diese Gefahr in allen Zeiten der Aufklärung gegeben war und wir auch heute nicht frei sind davon. Sie kann sich aber sehr wohl als Auftrag aus dem Glauben ableiten. In diesem Sinne stellt das II. Vatikanische Konzil in seiner Pastoralkonstitution über die ,,Kirche in der Welt von heute" ausdrücklich fest, daß der Fortschritt in Technik und Wissenschaft, daß mehr Bildung und Kultur ,,in höchstem Maß dazu beitragen, daß die menschliche Familie zu der Höhe des Wahren, Guten und Schönen er hoben wird und zu einem Urteil von allgemeinem Wert und so heller von jener wunderbaren Weis heit erleuchtet wird, die von Ewigkeit bei Gott war . . .". Eben dadurch, meint das Konzilsde kret, könnte sich der Mensch auch mehr von der Versklavung an die Dinge lösen. Bildung soU- so gesehen - helfen, unsere Existenz zu sichern und unser Leben reicher und schöner zu gestalten, aber auch, daß wir die Zukunft unserer Welt christlicher, d. h. menschlicher und friedlicher gestalten. Das sind nun nicht einfach Eeststellungen, son dern klare Herausforderungen: Herausforderung zu einer Auseinandersetzung mit allem, was ernstzunehmend als Kultur zu be zeichnen ist, auch wenn diese nicht immer den Stempel des Christlichen trägt. Gewiß ist auch heute Kultur ohne die itefe Wur zel des Christlichen nicht zu verstehen, aber sie wurde doch nach und nach immer mehr auch von anderen Ideenströmungen mitgeformt, wenn auch nicht immer zum Besten des Menschen. Und so klagt der Dichter Eugen lonesco in einer vielbeachteten Rede anläßlich der Eröffnung der Salzburger Festspiele 1972: Unsere sogenannte Kultur scheint nur mehr ein Kar tenhaus zu sein. Alles ist fraglich geworden. Unsere Zivilisation war auf der Suche nach Glück und hat nur Niederlage, Unglück und Tod erlitten. Die sogenannte antibürgerliche Befreiung aller Begierden, die durch die Modephilosophen gerechtfertigt erscheint, kann nur noch schneller zu einer universalen Orgie, zur Zer rüttung der Kultur, zum Ende von allem führen . . . Auch wenn uns dies mit dem feinfühligen Emp finden des Poeten überempfindlich scheinen mag, es erfüllt uns in der Kultur von heute doch manches mit Sorge - wobei Jammern, Bedauern und wehmütiges Erinnern an frühere Tage gewiß nichts einbringt. Wir sind herausgefordert zum bewußten Engagement. Es geht um den Auftrag, sich die Erde Untertan zu machen, an der Vollen-

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