Heimatpflege in Oberösterreich Von Katharina D o b 1 e r Wer über Heimatpflege schreiben will, muß zu erst bei Dr. Adalbert Depiny einkehren. Im ersten Jahrgang (1919/20) der ,,Heimatgaue-Zeitschrift für oberösterreichische Geschichte, Landes- und Volkskunde", dem Vorläufer der Oö. Heimat blätter, hat er in seinem programmatischen Arti kel ,,Wege und Ziele" folgende Überlegungen zum Thema Heimatpflege angestellt: Der aus der Heimatkunde quellende, verständnisinnige Heimatsinn strebt das zu erhalten, was im Heimatbild wesentlich und wertvoll ist. Die Pflege und Förderung der Volksüberlieferung, der Sitten und Gebräuche, Tracht und Siedlungsweise gehört hierher, ebenso ein gesundes Aufleben einer bodenständigen Volkskunst und der Denkmalschutz im weitesten Sinne, der die möglichste Erhaltung des guten, bodenständigen Alten bezweckt, aber auch die schwierige Aufgabe hat, die Forderung der neuen Zeit ohne Störung des Heimatund Schönheitssinnes einzufügen.'^ Diese Bestrebungen nannte er Heimatschutz. Bange stellte er fest: Sitte und Brauch wird zurückgedrängt. Sang und Sage leidet unter dem Einfluß der Großstadtgasse, alten Bauernmöbeln könnte man nun schon Denkmalschutz angedeihen lassen, sie haben der Fabriksware, mit der die städtische Wohnung schon länger beglückt ist, wei chen müssen. Das Kopftuch unserer Bauerndirnen und -frauen, noch vor 20 Jahren der schmucke Stolz Ober österreichs, schwindet mehr und mehr, von sonstiger Tracht ist ja fast nichts mehr geblieben.^ Heute gibt es vieles wieder, was sich damals nie mand hätte vorstellen können - Betrübliches, aber auch Erfreuliches, wiez. B. die Wiederbele bung der Tracht und des Brauchtums, die zu nehmende Wertschätzung der tradierten Kul turwerte, das Wiederentstehen der Zechen, die Pflege von Volkslied, -musik und -tanz u. V. a. m. Die Begriffe ,,Heimatschutz" und „Heimatpflege" hatten eine lange Zeit der Verkennung und der Mißachtung zu überdauern. Viele Menschen sa hen darin eine belächelnswerte und höchst über flüssige Sache, die eine fortschrittliche Entfaltung nur behindere. Kaum jemand kümmerte sich um die Eorderungen der Heimatpflege und um jene Menschen, die sich aus Überzeugung und Liebe zur Heimat um die Erhaltung der Kultur- und Naturwerte ihrer näheren ümgebung annah men. Sie wurden nicht selten als rückständig be zeichnet, wenn sie z. B. Bauleute beschworen, Achtung vor Stilfassaden zu haben und sie nicht bKndlings zu zerstören oder um der Harmonie willen bei dem Entwurf eines neuen Objektes Rücksicht darauf zu nehmen. Ihr Einfluß war so gering, daß sich das Amt der oö. Landesregie rung schon vor mehr als 20 Jahren veranlaßt sah, den Worten dieser, wie es schien, auf verlorenem Posten tätigen Heimatpfleger durch die Verlei hung des Titels ,,Konsulent der oö. Landesregie rung" Gewicht zu verleihen und dadurch ihre Beratertätigkeit in aller Öffentlichkeit anzuer kennen und zu bedanken. Inzwischen hat sich vieles zum Besseren gewen det. Seit dem Jahr der Denkmalpflege, seit sich die Massenmedien immer öfter der vergewaltig ten Natur annehmen, Bausünden aufdecken und Verständnis für das überkommene kulturelle Erbe zeigen, seit der Europarat in Straßburg und der Club of Rome zur Besinnung aufgerufen ha ben und seitdem weitschauende Politiker für Umweltschutz, Landschafts- und Heimatpflege eingetreten sind, ist die Heimatpflege aufgewer tet worden. Der Begriff Heimatpflege hat sich in dieser Zeit auch selbst besser profiliert. Die An liegen der Heimatpflege begannen sich immer öf ter mit denen des Naturschutzes zu überdecken. Durch die immer sichtbarer werdende Verquikkung von Ortsbild- und Landschaftspflege - je des Haus hat ümgebung, durch die negaüven Veränderungen im Landschaftsbild durch Stra ßenbauten, Regulierungen und Kommassierun gen, die auch auf das KUma und den Wasser haushalt der Natur störend einwirken - sah sich die Heimatpflege gezwungen, auch auf diese Be reiche zu achten. Und so kam es, daß die Heimatpflege neben der Sorge um die Erhaltung alter Architektur auch an Ensembles, an ganze Straßenzüge, an die großen Zersiedelungen in der Landschaft mit ihren viel fältigen Formen und Problemen denken muß. " A. a. O., S. 5. 2 Ebda.
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