OÖ. Heimatblätter 1981, 35. Jahrgang, Heft 1/2

„Kirchenburgen" zu sprechen, während ihnen in Nord deutschland und in Skandinavien die „Wehrkirchen" eini germaßen entsprechen. Gar nicht so wenige der in diesem Band beschriebenen Kirchen passen allerdings weder in das eine noch in das andere Schema (z. B. Rainbach i. M., St, Bla sien, Schöndorf usw.); eine etwas stärkere Friedhofsmauer macht nämlich eine Kirche weder zu einer Kirchenburg noch zu einer Wehrkirche. Von den insgesamt 82 dargestellten Kirchen werden mehr als die Hälfte, nämlich 47, aus unserem Land als ,, Wehrkirchen" behandelt, wobei deren Anzahl, nach den Kriterien im Buche, beliebig erweitert werden könnte. Kirchen aus dem Inn viertel und aus dem Mühlviertel sind besonders häufig vertreten. Abgesehen von der viel zu weitläufigen Begriffsbestimmung ,,Wehrkirche" ist aber auch die Darstellung selbst in vielen Fällen keineswegs befriedigend. Im folgenden seien nur ei nige bei einem ersten flüchtigen Durchblättern des Werkes aufgefallenen Mängel angeführt: S. 16: Auf dem wiedergegebenen Vischer-Stich ist nicht Engelhartszell, sondern das Stift Engelszell dargestellt (auch wenn es Vischer so bezeichnet). S. 17: Laimbauer war ein Untertan der Herrschaft Luftenberg (nicht Luttenberg). In diesem Zusammenhang wäre wichti gere Literatur zu nennen. Die Kirche von Steyregg (nicht Steyreck!) ist selbst alte Pfarrkirche und war nicht Franken burg zugehörig. S. 51: Bei der Filial- und Wallfahrtskirche St. Florian bei Hei pfau kann kein ,,ehem. Pfarrhof" sein, da sie nie Pfarrkirche war. S. 56: Schöndorf bei Vöcklabruck (nicht Vöcklamarkt!) wird als dreischiffige (richtig zweischiffige!) Hallenkirche be schrieben, die auf einer ,,Bodenwelle" (richtig Niederterrassenspom!) liegt. S. 78: Die Klammerbezeichnung Egna bei Margreid ist der ita lienische Name von Neumarkt! - Bei den behandelten Bei spielen aus Südtirol stimmt übrigens gelegentlich nicht ein mal der deutsche Ortsname, werden Heilige verwechselt und sind auch sonst noch so manche Fehler vorhanden, deren Aufzählung den Rahmen einer kurzen Besprechung spren gen würde. Auch die Quellen- und Literaturangabe sowohl bei den ein zelnen Objekten wie auch im Abkürzungsverzeichnis ist nicht gerade von Genauigkeit (z. B. ,,Marian Matthaeum" statt Merian Matthaeus) und Verwendtmg der neuesten Arbeiten geprägt. Man kann nur hoffen, daß die bereits erschienenen Bände über die „Wehrkirchen" im Osten und Süden des Bundesge bietes gewissenhafter erarbeitet wurden. D. Assmann Mitteilungen des österreichischen Staatsarchivs. Hrsg. von der Generaldirektion. Bearb. v. Gerhard Rill u. Christiane Thomas. Bd. 33. Horn: Berger-Verlag 1980. Vlll + 538 Seiten. Mit der Erstveröffentlichung eines Briefes des portugiesi schen Königs Emanuel 1. an Maximilian 1. vom 26. 8. 1499 läßt der erste Aufsatz die welthistorische Bedeutung der Ent deckungsreisen da Gamas nachempfinden (P. Krendl), Fer dinands 1. Umfrage bei den Reichsständen und -Städten zum Projekt eines Reichstages 1534/35 bringt die Probleme der Reichsverfassung, der Reformation und des Türkenkrieges nahe (H. Neuhaus), nach Osten und Südosten geht der Blick in den Arbeiten über die Anfänge der polnischen Nuntiatur (H. D. Wojtyska) und über Cav. Francesco Antonio Bertucci, der unter Rudolf 11. in Dalmatien und Bosnien tätig war (E. Springer). Die folgenden Beiträge des 18. Jh. beschäftigen sich mit staatsphilosophischen Problemen (A. Schocker), mit der in den Testamenten zum Ausdruck kommenden Mentali tät österreichischer Offiziere (J. M. Thiriet) und mit dem am 6. 8. 1755 in der Schloßkapelle Wolfsegg bei Attnang getauf ten Joseph Graf O'Donell, der nach Tätigkeit in Gahzien, Kärnten und den Niederlanden als Hofkammerpräsident 1810 starb (Chr. Sapper). Zum internationalen Polizeiwesen (Anarchistenverfolgung), zu juridischen Problemen (Ehe scheidung um 1900) und zu den österr.-italienischen Gegen sätzen vor dem Ersten Weltkrieg tragen die folgenden Bei träge bei. Sogar die Kunstgeschichte kommt mit der Beschrei bung der Auswahl der Statuen berühmter Österreicher auf der EHsabethbrücke (jetzt vor dem Wiener Rathaus, R. A. Kann) und den Nachrichten vom Wiener Hof Erzher zog Leopold-Wilhelms 1646-54 (H. Haupt) zu Wort. Den Ab schluß des Bandes (nach Aktenindizes und Literaturberich ten) bildet eine ausführliche Würdigung des langjährigen Generaldirektors des österreichischen Staatsarchives Florian Gebhard Rath (* Gramastetten 13. 4. 1902, in Wilhering ein gekleidet 1922, Dr. phil. 1931, Archivar und Bibliothekar des Stiftes bis 1940, nach Verhaftung und Verurteilung als ober österreichischer Landesleiter einer ,,Großösterreichischen Freiheitsbewegung" erst 1945 befreit, 1946-68 im Staats archiv, t 2. 3. 1979). Georg Wacha Gustav Otruba: Wiener Flugschriften zur sozialen Frage 1848. Bd. 11: Hof und Adel / Klerus und Kirchen / Bürokratie / Mili tärs, Bürger- und Nationalgarde, Studenten und Universitä ten / Bauern / Frauen / Juden ( = Materialien zur Arbeiterbe wegung. 16). 388 Seiten. Wien: Europa-Verlag 1981. S 168.-. Nach dem ersten Band der ,, Wiener Flugschriften zur sozia len Frage 1848" mit Arbeiterschaft, Handwerk und Handel als Zielgruppe, liegt nun der zweite Band vor, der sich mit Hof und Adel, Klerus, Bürokratie, Militär, der Bürger- und Natio nalgarde, Studenten, Bauern und Juden befaßt bzw. sich an diese wendet. Der Herausgeber, der Linzer Wirtschaftshisto riker Gustav Otruba, hat damit wesentliches und auch neues Material zum Jahr 1848 vorgelegt und es sorgfältig kommen tiert. Ein dritter in Vorbereitung befindlicher Band wird sich mit der sozialen und nationalen Frage befassen und die Flug schriften nach Nationalitäten ordnen. Hervorgehoben soU der sorgfältige Index werden, der vielerlei Querverbindungen auch zu Oberösterreich aufzeigt. H. Slapnicka Leon Kam: Robert Danneberg. Ein pragmatischer Idealist ( = Schriftenreihe des Ludwig-Boltzmann-lnstituts für Ge schichte der Arbeiterbewegung. 11). 200 Seiten. Wien: Europa-Verlag 1980. S 188.-. Raimund Löw: Otto Bauer und die Russische Revolution (= Materialien zur Arbeiterbewegung. 15). 330 Seiten. Wien: Europa-Verlag 1980. S 168.-. Fast von allen maßgeblichen Sozialisten der auslaufenden Monarchie und der Zwischenkriegszeit liegen ausführliche Biographien vor, in letzter Zeit erschienen solche von Richard Bemaschek und Käthe Leichter, Karl Renner und Max Adler und Ferdinand Hanusch. Nun liegt eine Biographie des ,,pragmatischen Idealisten" Robert Danneberg vor. Der Au tor, in Gahzien geboren und in Amerika wirkend, ist auch ein guter Kenner von Joseph Roth, über den er seine Dissertation schrieb. Danneberg, in Wien geboren und 1942 in Auschwitz umgekommen, hat sich in Oberösterreich, über die Grenzen seiner Partei hinaus, einer Behebtheit erfreut - vielleicht auch, weil er hier, in Bad Ischl erstmals als jugendUcher Redner vor jungen SoziaHsten sprach, als er im Sommer 1903 seine Eltern zum Ferienaufenthalt nach Ischl begleitete.

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