OÖ. Heimatblätter 1981, 35. Jahrgang, Heft 1/2

Aldemar Schiffkorn Ein Versuch, das Charakterbild seiner Persönlichkeit zu entwerfen Von Eduard Seifert Wie in allen Bereichen des gesellschaftlichen Le bens besteht auch auf dem Felde der Erwachse nenbildung, und hier in hervorragendem Maße, eine unaufhebbare Wechselwirkung zwischen der Institution, die ein umgrenztes Sachgebiet bearbeitet, und den Persönlichkeiten, die dafür verantwortlich sind. Die Institution als histori sches Gebilde entfaltet sich kraft der Ideen, die zu ihrer Gründung führten und ihre Geschichte be stimmten, und die Menschen, in deren Köpfen die Ideen entstanden, durch deren Tatkraft sie ins Werk gesetzt werden, finden sich durch die Ei gengesetzlichkeit der institutionellen Entwick lung mitgeprägt wieder. Die Geschichte der Insti tutionen ist nicht der Außenreflex des Selbstverwirklichimgsvorganges ihrer individuellen Trä ger. Vielmehr haben die institutionell bedingten Sachkontakte und die geistigen Begegnungen derer, die die Verantwortung mittragen, ihre Rückwirkungen auf den Einzelnen, dessen Le ben sie in gewisser Weise verändern. Deshalb hat jeder Eintritt in irgend eine Werkstatt, einen Be trieb, ein Amt etwas an sich, dessen Schicksalhaf tes im Augenblick des Austritts dem Betroffenen zumindest ahnungshaft bewußt wird. Wenn er sein Arbeitsfeld verläßt, trägt er die Spuren des sen, was er geschaffen, was er erlitten hat, in sei nem Inneren fort und sie sind in seinem Äußeren, physiognomisch, sichtbar geworden. Aldemar Schiffkorn ist keine Ausnahme dieses Gesetzes. An ihm zeichnet sich, im Gegenteil, diese Gesetzlichkeit ausnehmend deutlich ab. Ob wir an das Adalbert-Stifter-Institut, an das Landesinstitut für Volksbildung und Heimat pflege, an die Eörderungsstelle des Bundes den ken; jede dieser Einrichtungen, ob dank seiner Initiative entstanden oder von ihm übernommen, trägt heute den Stempel seiner Persönlichkeit; jede dieser Einrichtungen mit ihren Sachforde rungen und Zielabsichten hat ihrerseits den Menschen Schiffkorn geprägt und er verläßt, wenn seine aktive Dienstzeit zu Ende gegangen sein wird, sein Amt als ein anderer, nicht nur, weil er im Alter fortgeschritten ist, sondern auch, weil ihn seine Erlebnisse während der Amtsaus übung gezeichnet haben. Es gehört nun zum Eigentümlichen und Aus zeichnenden unserer andragogischen Berufs welt, daß sie, wie die Erfahrung zeigt und die Selbstbesinnung einleuchtend macht, mit dem Ausscheiden aus dem Dienst nicht gleich, bei manchen Kollegen überhaupt nie, von einem völ lig anders gearteten Lebensabschnitt abgelöst wird. Selbst wenn man von der sich fortsetzen den Ausübung gewisser außeramtlicher Funk tionen absieht, so scheint es sich mehr um den Übergang von der unmittelbaren Verantwort lichkeit, die dem Beamten auferlegt ist, in eine mittelbare Verantwortlichkeit zu handeln, wie sie sich in der Fortsetzimg des persönlichen Um gangs mit Kollegen und Freunden, in zwanglo sen Formen der Beratung, insbesondere in der li terarischen Aufarbeitung der während der Akti venzeit aufgehäuften Materialfragmente, die um ihres dokumentarischen Wertes willen oder we gen ihres Ideengehalts, der in dem Maße als er aufgenommen wird klärend und die Praxis dy namisierend wirken kann, nicht dem öffentlichen Gedächtnis entschwinden sollte. Der unverwechselbare Beitrag, den Aldemar Schiffkorn auf dem Terrain der österreichischen Erwachsenenbildung geleistet hat und der im soeben angedeuteten Sinn noch zu leisten wäre, ist eng an die Eigenschaften und die Struktur sei ner Persönlichkeit gebunden. Er hat seine Tätig keiten nie rein technisch, im kühl berechneten Abstand von seinem Selbst, ausgeübt. Er war ein echt Engagierter, stets mit dem Herzen bei der Sache, ein existentiell von dem, was er erkannt, und von dem, was er erreicht oder verfehlt. Be troffener, ein Mann des pädagogischen Eros, des Tätigkeitselans, der andere und sich selbst hinzu reißen vermocht hat. Dabei hat er sich ganz mit seiner beruflichen Stellung identifiziert. Obgleich wissenschaftlich ausgebildet, hatte er nicht die Ambition, ein beamteter Wissenschafter zu sein. Er empfand sich als Praktiker und bekannte sich dazu. Seine Doppelstellung als Leiter der Förde rungsstelle des Bundes und als Chef des Landes institutes machte es möglich, der Praxis anderer zu dienen und selbst praktisch tätig zu sein. Die Praxis jedes Erziehers ist nun nicht primär auf Sa chen, sondern auf menschliche Personen gerich tet. Er hatte stets die Menschen im Auge, die zu ihm kamen oder von ihm erreicht werden sollten.

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