OÖ. Heimatblätter 1981, 35. Jahrgang, Heft 1/2

Als Dozent am Seminar für soziale Berufe ging Lugmayer methodisch vollkommen eigenstän dige Wege. Von 1949 bis 1972 nahm er auch die Stelle eines Vizepräsidenten des „Vereines für Volkskunde" in Wien ein. Im März 1946 erschien wieder die Neue Ordnung^^ als Monatsschrift für Gesellschaftsfragen. Lugmayer war Herausgeber und Hauptschriftlei ter. Als die engsten Mitarbeiter aus der Volksbil dung galten Josef Lehrl und Friedrich Korger. Mit Hüfe dieser Zeitschrift wollte Lugmayer unab hängig von geschichtlichen Denkrichtungen eine neue Ordnung bauen. Die ClP-Correspondence (New York) brachte in ihrer Ausgabe Nr. 25, vom 22. Juni 1946, eine sehr freundliche Wertung die ser Arbeit: ,,Daß die Notwendigkeit einer Neu orientierung in Österreich klar erkannt wird, zeigt eine Untersuchung der heutigen sozialen und politischen Gedanken in Österreich durch Dr. K. Lugmayer." Und weiters meinte man in New York, daß der österreichische Gesell schaftswissenschaftler zu ähnlichen Schlüssen komme wie die sogenannten personalistischen Denker Jacques Maritain und Emmanuel Mounier in Frankreich sowie Prof. Schermerhoerns in den Niederlanden. Am 3. Oktober 1947 fand unter dem Vorsitz von Lugmayer die Gründungsversammlung des Ver eines ,,Künstlerische Volkshochschule" statt. Die Leitung dieser neuen Volksbüdungseinrichtung übernahm Frau Gerda Matejka-Felden. Unge heure Schwierigkeiten mußten überwunden werden, um der Schule die Existenz zu sichern. Heute ist diese Schule eine der bekanntesten Ein richtungen der Wiener Erwachsenenbildung. Von den vielen Vorträgen im Dienste der Volks bildung soll nur einer angeführt werden. Bei der ersten niederösterreichischen Volksbildnerta gung im Jahr 1949 sprach Lugmayer über das Thema ,,Demokratie als Staats- und Lebens form". Diesen Vortragt® könnte man heute bei jeder Tagung über politische Bildung wiederho len. Der Kernsatz lautet: „Kein Recht ohne Pflicht, keine Freiheit ohne Verantwortung!"^^ In der Zeit von 1946 bis 1959 war Prof. Lugmayer 77mal Berichterstatter und 42mal Redner im Bundesrat. Wenn man heute seine Reden nach liest, gewinnt man den Eindruck, daß jede von diesen auch als Vorlesung an einer Volkshoch schule gehalten hätte werden können. Gleichzei tig bilden sie einen Querschnitt durch die Kulturund Bildungsgeschichte dieser Zeit. Im Jahr 1952 wurde Lugmayer Mitglied der ,,österreichischen parlamentarischen Beobach ter" beim Europarat in Straßburg, nach dem Staatsvertrag wurde er parlamentarischer Vertre ter. Am 16. Oktober 1958 war er Hauptredner zum Bericht über die Krise der wissenschaftli chen Eorschung. Die universelle Bildung und die großen Sprachkenntnisse machten ihn für diese Aufgabe sehr geeignet. Die Pflege guter Beziehungen zu Frankreich nahm Lugmayer bereits Ende Juli 1945 auf. Die Ergebnisse dieser Arbeit kann man in der ,,Neuen Ordnung" nachlesen. Bald nach 1945 wurde Lugmayer auch Vizepräsi dent der ,,Gesellschaft zur Pflege der kulturel len Beziehungen zur Sowjetunion" (Österrei chisch-Sowjetische Gesellschaft). Diese Aufgabe nahm er immer sehr ernst und war während der Besatzungszeit ein wichtiger Gesprächspartner der Russen. Im Oktober 1953 reiste er auf Einladung der So wjetunion mit einer Kulturdelegation, an der lei der keine Mitglieder der SPÖ teilnehmen durf ten, nach Moskau. Nach einem Monat Aufenthalt gelang es, bessere Beziehungen zwischen Wien und Moskau herzustellen. Bundeskanzler Raab erklärte einmal nach dem Abschluß des Staats vertrages öffentlich, daß er ohne die Erfahrungen von Prof. Lugmayer im April 1955 nicht nach Moskau gefahren wäre. Am 24. März 1946 wurde Lugmayer Vizepräsi dent der ,,österreichischen Liga für Menschen rechte". Im Rahmen dieser Vereinigung konnte er als Volksbildner entscheidend und richtungs weisend wirken. Während der letzten Jahre sei nes Lebens war er Präsident dieser Vereinigung. Am 18. und 19. September 1970 tagte in Wien der Kongreß des Internationalen Bundes für Men schenrechte. Bei dieser Gelegenheit konnte Lugmayer als Gastgeber nochmals seine ganze Persönlichkeit entfalten. Schon 1958 schrieb er in der,,Neuen Volksbildung" einen Leitaufsatz un ter dem Titel ,,Weltbildung"2®. Darunter ver stand er das Bemühen der Person, die eigenen Anlagen nicht nur in den Dienst der eigenen Per sönlichkeit und des eigenen Volkes, sondern auch in den Dienst der gesamten Bewohner des Erdenrundes zu stellen. Das sei das Hauptziel je der Bildung. Die Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 müsse für Gegenwart Siehe Anm. 4. In: Hurdes, Franz: Zur Volksbüdungsarbeit in Nieder österreich (= Schriften zur Volksbildung. Hrsg.: Bundes ministerium für Unterrich. H. 3). Wien 1950, S. 31-38. " A.a.O., S. 38. 28 Op. cit. S. 273 ff.

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