OÖ. Heimatblätter 1981, 35. Jahrgang, Heft 1/2

Schutz Lugmayers wieder in voller Freiheit im Rahmen der „Arbeiterbücherei" arbeiten Zur Ausbildung des bibliothekarischen Nach wuchses wurde in dieser Zeit eine eigene Büche reischule eingerichtet. Kultur- und Leseabende bereicherten das Ausbildungsprogramm. Eine Finanzkrise bei den Büchereien führte 1936 dazu, daß die Gemeinde Wien die Arbeiterbü chereien in das Eigentum der Städtischen Büche reien übernahm. Nach 1945 wurde keine Rück stellung an die Sozialistische Partei durchge führt. Offenbar war man mit der Kommunalisie rung zufrieden. In die Treuhandschaft des VoUcsbüdungsreferenten kamen 1934 auch die Arbeiter-Gesangs- und -Musikvereine sowie mehrere Trachtenvereine. Auch hier zeigte Lugmayer seine liberale Hal tung. Raimund Zoder und Otto Hief, aber auch Arthur Haberlandt wurden für Wien als Mitarbei ter gewonnen. Lugmayer übernahm die Herausgeberschaft der österreichischen Kulturrevue Die Pause^'*, die in der Folge ein hohes Niveau erreichte. Im zweiten Jahrgang, Heft 11, wurde Oberöster reich in einer vortrefflichen Art vorgestellt. Lug mayer selbst charakterisierte sein Heimatland. Einleitend stellte er fest, daß Verallgemeinerun gen in Hinsicht auf den Charakter der Bewohner eines Landes immer eine mißliche Sache seien. Auf Grund seiner Erfahrungen in Wien konnte er aber doch sagen: Die Oberösterreicher bewahren Wortwahl und Tonfall ihrer Heimat. Sie erheben sich ungem in jene abstrak ten Höhen, wo die Sprache diplomatisch wird, das heißt zum Mittel des Verbergens ausartet an Stelle ih rer ursprünglichen Bestimmung zur Mitteilung - wenn ihnen nicht eine natürliche Bauernschläue zu Hilfe kommt. . . . Gegen das allgemeine Papierabstrakte wird er von vornherein inneren Widerstand leisten. Kommt er in eine zentralistische Verwaltung, so wird er eher seinen föderalistischen Neigungen nachgeben. Nach der Machtergreifung Hitlers in Deutsch land beschäftigte sich Lugmayer in den Wiener Bücherbriefen (April 1936) mit dem Schicksal der Volksbildung in Deutschland. Er schließt mit fol genden Sätzen seine Überlegungen: ,,Volksbildung ist geordnete Kulturvermittlung. Und die eigentliche Frage für den Volksbüdner ist die Frage nach dem wahren Wert des betreffen den Kulturgutes." Am 2. Juli 1936 erschien ein,,Stadtgesetz zur Rege lung des Volksbildungswesens in Wien"^^. Dieses Gesetz wurde hinter dem Rücken des Volksbil dungsreferenten geschaffen.^® Nun wollte sich Lugmayer um eine Gymnasialdirektorsstelle be werben, mußte aber (mit Wirkung vom 1. Jänner 1935) Leiter des neugeschaffenen Volksbildungs amtes der Stadt Wien werden. Das ,,Wiener Volksbildungswerk", damals die Fflichtgemeinschaft der anerkannten Volksbildungseinrich tungen in Wien, wurde nach 1945 Vorbild für den Verband der Wiener Volkshochschulen. Als Volksbildungsreferent von Wien war Lugmayer Mitglied des Bundeskulturrates. Am 2. Dezem ber 1937 legte Minister Perntner das erste Bundes gesetz über die Regelung des Volksbildungswesens dem Bundeskulturrat vor. Rudolf Henz war Be richterstatter. Als Gegenberichterstatter trat Lugmayer auf, nahm äußerst scharf gegen das autoritäre Gesetz Stellung und faßte das Gutach ten der Minderheit wie folgt zusammen: „Eine gesetzliche Regelung und vor allem Förde rung des Volksbildungswesens ist sicher zu be grüßen. In der vorliegenden Form aber nähert sich die Regelung bedenklich einer totalitären Reglementierung und die Förderung nimmt zu wenig greifbare Formen an."^'' Der Minister hörte aufmerksam zu, ergriff sofort das Wort und die Gesetzes vorläge wurde noch mals dem Ausschuß zugewiesen. Der März 1938 machte es unmöglich, daß der Entwurf des Volksbildungsgesetzes noch in den Bundestag^® kam. Sein geistiger Standort vor 1938 Es war im Sommer 1937. Die beiden Volksbildner Lugmayer und Matejka waren wieder einmal beim Heurigen. Der Wein war dabei sicher eine Quelle der Inspiration und Sozialität. Sie bespra chen die Zukunft Österreichs und sparten nicht mit heftiger Kritik nach allen Seiten. In dieser ausweglosen Situation kam es plötzlich aus Freundliche Mitteilung v. Senatsrat Dr. Ferdinand Wernigg. Wien 1973. Freundliche Mitteilung von Flofrat Dr. Hans lancik/Wien V. 1. 4. 1974. " Die Pause. Monatsschrift für Kultur, Kunst, Bildung, Le ben. Hrsg.: Der Volksbildungsreferent des Bürgermei sters der Stadt Wien, Bundeskulturrat Prof. Dr. Karl Lugmayer. Wien 1936-38. In: Gesetzblatt der Stadt Wien. 16. Stück. Nr. 36 v. 12 . 8. 1936. Siehe: Lugmayer, Karl: Erinnerungen. Niederschrift im Bestand des Dokumentationsarchives des österr. Wider standes. Nr. 5194/2. Wien. " Verhandlungsschrift über die 44. Sitzung des Bundeskul turrates V. 2. 12. 1937. S. 1795. Gemäß Bundesverfassung v. 1. 5. 1934. - Siehe dazu: Slapnicka, Harry: Oberösterreich zwischen Bürgerkrieg und ,,Anschluß". (= Beiträge zur Zeitgeschichte Ober österreichs. Bd. 2). Linz: OLV 1975. S. 169. - Anm. d. Red.

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