OÖ. Heimatblätter 1981, 35. Jahrgang, Heft 1/2

ausführlich über „Das Buch des Arbeiters" und forderte Bücher, die dem Arbeiter ,,Hoffnung geben, die seine Phantasie ins Aufrechte stärken, ihm tauglichen Rat fürs Leben geben, ihm zu fatsächlicher Erkenntnis verhelfen . . ."® Der Volksbildungsreferent besuchte damals 200 Büchereien und analysierte den Buchbestand. Der Gehalt der Bücher zeigte ihm eine ins Biolo gische abschwimmende Grundhaltung. Und er stellte dazu fest, daß dies Humus für eine unheil volle nationale Welle werden könnte. Außerdem führte er eine umfangreiche Erhebung des,,land schaftlichen Schrifttums" in Niederösterreich durch. Bei einer Volksbildnertagung in St. Martin machte Josef Steinherger auf Lugmayer einen sfarken Eindruck. Bei der nächsten Gelegenheit stellte er diesen großen Erwachsenenbüdner in den Mittelpunkt einer Tagung in Niederöster reich. Der Altmeister der Volksliedforschung Raimund Zoder konnte sich durch die tatkräftige Eörderung Lugmayers voU entfalten. Am 14. Septem ber 1929 wurde das Volksbildungsheim Huber tendorf (bei Amtsfetten) eröffnet. In diesem Heim führte Lugmayer in den Jahren 1931, 1932 und 1933 die ersten großen Volkskunstwochen durch. Viele Teilnehmer kamen auch aus Ober österreich. Den Geist von Hubertendorf vertraf nach 1945 in Oberösterreich besonders Eranz Vogel. Als Volksbüdungsreferent absolvierte Lugmayer sein zweites Hochschulstudium: Rechts- und StaatsWissenschaften. Am 18. Jänner 1934 sprach er vor Vertretern der Wiener Arbeiterkammer. Dieser historische Vor trag erschien damals in einem Sonderdruck®. Mit flammenden Worten warnte er davor, die Demo kratie abzuschaffen. Wörtlich sagte er: ,,Es wäre ein bedauerlicher Rückschritt in der Geschichte, wenn dieses System auf Jahrzehnfe hinaus zum alten Eisen geworfen würde." Bald nach den Februarereignissen 1934 wurde Lugmayer auf Weisung von Unterrichtsminister Dr. Ferntner Volksbüdungsreferent der Stadt Wien. Widerwillig ging Lugmayer ins Rathaus und übernahm diese Aufgabe nur unter der Be dingung, daß für die Voltebüdung ein Freiheits raum gesichert werden müsse. Durch das Fehlen eines Volksbildungsgesetzes hatte der Volksbü dungsreferent keine weitreichenden Befugnisse. Lugmayer ersuchte die Obmänner der Volks hochschulen um die Nennung von Vertrauens leuten. So wurde im Volksheim Ottakring Dr. Viktor Matejka^ Verbindungsmann zu Lug mayer. Unter Lugmayers Schutz konnten viele Persönlichkeiten, die in der sozialdemokrati schen Bewegung Rang und Namen hatten, im Volksheim volle Lernfreiheit behalten, Dazu gehörten Leo Stern, Georg Heischer, Jakob Feldmann und Eduard März. Karl Czernetz be dankte sich nach 1945 einmal bei Lugmayer da für, daß die Sozialdemokraten an den Volks hochschulen eine Art Heimstätte finden konn ten. Einen Glanzpunkt der Volksbildungsarbeit büdete damals die Fachgruppe der Malerin Gerda Matejka-Felden mit über 1300 Teilnehmern. Nach dem Rücktritt von Dr. Anton Lampa über nahm Prof. Lugmayer auch die Präsidentschaft der Urania. Er sorgte dafür, daß das Haus gründ lich renoviert und erweitert wurde. Gleichzeitig stellte er gute kiüturelle Kontakte zu Frankreich, Ungarn und Italien her. Auf Anregung des Volksbildungsreferenten wurden 1936 erstmals Schulungskurse für Aka demiker abgehalten, die als Dozenten an Volks hochschulen verwendet werden sollten. Dr. Josef Lehrt führte diese Aufgabe durch. Für die Weiterbüdung der Bibliothekare, für Buchbesprechungen und für allgemeine Berichfe aus dem Volksbildungswesen gab Lugmayer die Wiener Bücherbriefe heraus. Diese erfüllen auch heute noch die gleichen Aufgaben. Die Sozialdemokratische Partei besaß bis 1934 umfangreiche Arbeiferbüchereien, die Luitpold Stern bis dahin betreut hatte. Lugmayer gründete den Verein Arbeiterbücherei und betraute den Stern-Schüler Prof. Spranger mit der Leitung. Ferner entschied er, daß keine Bücher, auch nicht die von Karl Marx und anderen sozialdemokrati schen Theoretikern, ausgeschieden werden dürf ten. Dr. F. Wernigg, 1934 nach England geflo hen, konnte nach seiner Rückkehr unter dem ^ In: Volksbildung. Zeitschrift für die Förderung des Volks bildungswesens. Hrsg.: VolksbildungssteUe im Bundes ministerium für Unterricht, VII. Jg. Wien 1927, S. 57. ' Bei: Lugmayer, Karl: 10 Jahre Volksbildungsreferent in Niederösterreich. In: Neue Volksbildung. H. 7. Wien 1961. S. 302 ff. " Lugmayer, Karl: Berufsständische Ordnung und Arbeiterkammem. Wien: Typographische Anstalt 1934. ' Am Institut für Geschichte der Universität Wien (Univ.- Prof. Dr. Wolf-Dieter Biehl) entstand eine Dissertation, die kurz vor der Approbation steht. Es handelt sich um die Ar beit von Elisabeth Klamper: Viktor Matejka. Beitrag zu ei ner Biographie. Möglicherweise auf Grund beschränkten Materialzugangs bezieht Walter Göhring einen gegenteiligen Standpunkt. So in seinem Beitrag: Erwachsenenbildung in der Ersten Republik. Teil 2 (in: Erwachsenenbildung in Österreich. H. 12. 31. Jg. Wien 1980. S. 470 f.). - Anm. d. Red. " Wie Anm. 10.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2