OÖ. Heimatblätter 1981, 35. Jahrgang, Heft 1/2

Lieber Freund Dr. Eduard Kriechbaum! Ob Du Dich noch jenes Sommertages in Braunau erin nerst, da ich auf dem Wege zum Heimathaus mit Dir über die praktische Verwirklichung des Planes ,,OÖ. VoLksbildungswerk" sprach? Es war unsere erste Be gegnung. Seither sind nahezu 5 Jahre verflossen: 5 Jahre sind eine sehr kurze Spanne Zeit, gemessen an den über 40 arbeitsreichen Lebensjahren, die Du bereits der Volks bildung im besten Sinne des Wortes geschenkt hast; und doch glaube ich, daß diese letzten 5 Jahre auch für Dich, der Du ein beachtliches Stück Geschichte des Volksbildungswesens in Oberösterreich aktiv miter lebtest, eine besonders fruchtbare und glückliche Zeit bedeuten. Nicht, daß ich dabei an statistisch nachweis bare ,,stolze" Ergebnisse unserer gemeinsamen Arbeit denke (ich und gleich mir wohl alle KoOegen, denen es um lebendige Arbeit geht, hegen ja eine instinktive Abneigung gegen alle Zahlenakrobatik und GallupManiereni); nein, jenen gesunden, stets belebenden Geist der Freizügigkeit, der Offenherzigkeit und der gegenseitigen Toleranz, der Güte und des kernigen oberösterreichischen Humors meine ich damit, den als gute Saat aufzuziehen uns im Verein mit Dir, lieber Freund, gelungen ist. Von diesem guten Geist, so darf ich heute wohl sagen, ist unser Volksbildungswerk ge tragen! Nur in einer solchen Atmosphäre konnte das Oö. Volksbildungswerk im Lande Wurzel fassen und wachsen. Daß wir in dieser,,frischen und freien Luft" planen und wirken können, danken wir wohl im be sonderen Dir, Freund Kriechbaum! Denn wo immer Anschauungen und Meinungen auseinandergingen oder örtlich bedingte Hemmnisse unserer Arbeit ent gegenstanden, warst Du bereit, in die Bresche zu springen und Deine Brücken zu schlagen. Das alles und noch so vieles andere läßt sich in einer,,biographi schen Würdigung" kaum zum Ausdruck bringen (mir wenigstens gelingt dies nicht). Darum weist die kurze Biographie, die ich heute an die Spitze unserer,,Mittei lungen" stellte, nur zu viele Lücken auf. Auch dieser Geburtstagsbrief, den ich heute namens aller Kollegen und Kolleginnen an Dich richte, kann nicht all das aus drücken, was wir Dir zu Deinem Geburtstagsfest sagen möchten. Ich weiß auch nicht, ob man uns außerhalb des OO. Volksbildungswerkes richtig verstehen wür de, wenn wir in diesem Brief an Dich Einzelheiten er wähnen würden. Es ist ja auch nicht möglich, hier all Deine Verdienste um das Volksbildungswerk des Be zirkes Braunau und Deine weit über die Grenzen des Bezirkes und unseres Landes reichende Vortragstätig keit zu würdigen. Wer Dich persönlich kennt, wer un sere Tagungen miterlebt hat, wer im OO. Volksbildrmgswerk aktiv mitarbeitet, oder Deine Vorträge ge hört hat, wird diesen Brief zu deuten wissen, als das, was er sein soll! Und auch Du, lieber Freund, wirst mir heute nicht böse sein, wenn ich Dir mit diesem ,,offe nen Geburtstagsbrief" namens aller im Oö. Volksbil dungswerk vereinten Freunde für Deinen opferberei ten Idealismus, Deine unerschütterliche Treue, Deine selbstlose Arbeit, Deine gütige und stete Hilfsbereit schaft, Dein Verständnis für alle unsere Sorgen, Pläne und individuellen Interessen aus ganzem Herzen auf richtigen Dank sage. Ganz besonders danken möchten wir Dir aber auch für Deine von uns allen so sehr ge schätzte Toleranz, die Du mir erst kürzlich wieder be wiesen hast, als ich Dich - ,,der Not gehorchend, nicht dem eigenen Triebe" - um statistische Unterlagen über das Volksbildungswerk Braunau für unseren Jahresbe richt bitten mußte. Immer wenn Du in unserer Mitte weilst (wir kommen Dir jeweils gerne etliche Kilometer entgegen, weil Dir die,,Großstadt" nicht ganzbehagt), stehen unsere Zusammenkünfte unter einem guten Stern, fühlen wir so recht, daß wir oberösterreichische Volksbildner aller ,,Observanzen" eine einzige, echte und lebensstarke Gemeinschaft bilden und daher auf Gedeih und Verderb miteinander verbrmden sind. Möge Dir diese Feststellung frohe Gewißheit sein: heute an Deinem Geburtstage und auch künftighin, wenn wir uns um Dich, unseren jugendfrischen Se nior, versammeln. Wenn wir Dir dann auch nicht offi ziell sagen, was Du uns bedeutest, so fühlen wir es doch so und lassen uns von dem frohen Bewußtsein tragen, daß unser Weg, den wir eingeschlagen haben, doch der richtige ist, weil Du uns das vorlebst, was wir in stillem Übereinkommen als ungeschriebenen Wahl spruch unserer Arbeit vorangestellt haben: ,,Inmitten der Mensch!" Es begrüßt und beglückwünscht Dich, lieber Freund Dr. Kriechbaum, namens aller Volksbildner Oberöster reichs in Dankbarkeit Dein Heimatforschung und Heimatkunde Um seine Vorstellungen möglichst rasch in die Tat umzusetzen, ruft Eduard Kriechbaum als Multiplikatoren die Lehrer zusammen und ver sucht sie für die Heimatforschung zu gewinnen. Denn ,,nur wer sich durch selbsttätige Forscher arbeit eine starke Heimatliebe erworben hat, wird ein wirklicher Heimatlehrer und Heimatpfleger - also ein Volkserzieher im weitesten Sinne des Wortes"®®. Er ist überzeugt, daß es bei allen volksbildneri schen Bemühungen besonders auf den heimat verbundenen Menschen ankomme, wobei Hei matverbundenheit nicht nur Liebe zum eigenen Dorf oder zur eigenen Stadt bedeute. Vielmehr besäße der Begriff Heimat eine starke Dynamik - „ein Wachsen vom Engen ins Weite ohne Über- ' Kriechbaum, Eduard: Wege des Oberösterreichischen Volksbildungswerkes in Stadt und Bezirk Braunau. In: Oö. Kulturbericht, Folge 1, Jg. 1950, S. 2.

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