OÖ. Heimatblätter 1981, 35. Jahrgang, Heft 1/2

große Arbeitsgemeinschaft heimatkundlicher Vereinigungen zu errichten. Doch auch eine zweite Überlegung bestimmte seinen Entschluß: ,,Der Gedanke, der mir vorschwebte, war auch ein politischer. Die Bayern diesseits und jenseits von Inn und Salzach sollten sich die Hand rei chen, gemeinsam arbeiten und vorbauen, daß der Tag nicht mehr allzu ferne ist, wo wir heim kehren ins große deutsche Vaterland.""^ Auf der im Sommer 1920 in Braunau einberufe nen und vom Braunauer Heimatverein vorberei teten Tagung heimatkundlicher Vereine wird die freie Arbeitsgemeinschaft,,Inn-Salzachgau" ge gründet, die sich auf Wunsch des Initiators Kriechbaum jedoch eher als Freundschaftsbund verstehen soll, der im Austausch von heimat kundlichem Schrifttum, gegenseitigem Besuch, gemeinsamen Wanderungen und Vorträgen sei nen Ausdruck finden soll. Von Jahr zu Jahr soll ein gemeinsames Arbeits- und Tagungsthema bestimmt werden, das Gegenstand der nächsten Arbeitstagung des,,Inn-Salzachgaues" sein soll. Etwa zur gleichen Zeit erfolgt durch die Initiative des Passauer Stadtschulrates Wilhelm Leidl die Gründung einer heimatkundlichen Arbeitsge meinschaft der niederbayerischen Lehrerschaft, die sich bald mit der großen Arbeitsgemeinschaft ,,Inn-Salzachgau" zusammenschließt. Passau wird in der Folge immer mehr zu einem Zentrum heimatkundlicher Arbeit, wie im weiteren noch ausgeführt wird. Kriechbaum organisiert und leitet in den näch sten Jahren die insgesamt 16 großen Tagungen des ,,Inn-Salzachgaues". So etwa findet die 2. Heimattagung im Sommer 1921 in Passau statt. 650 Teilnehmer aus 160 Orten Österreichs, Bayerns, Südtirols und Südböhmens treffen ein ander in der Dreiflüssestadt. Kriechbaum hält ein Hauptreferat zu dem Thema ,,Von der Heimat kunde zur Heimatlehre", in dem er besonders vor dem Sich-Verlieren im Aufsammeln von Ma terial warnt. Das Ergebnis der Tagung, in zahlrei chen Vorträgen und Diskussionen erarbeitet, wird in elf ,,Leitsätzen zur Pflege und zum Schutz der Heimat"zusammengefaßt, die den Regierungen in Wien, Prag und München zuge leitet werden. Gefordert werden etwa: staatlicher Schutz der wichtigsten Kunst- und Geschichtsdenkmale der Heimat, die Einrichtung eines Bayerischen Denkmälerarchivs nach dem Vorbild der öster reichischen Bundeslichtbildstelle'*^, Wanderaus stellungen über Volkskunst, die Abtretung von in Depots gelagerten Gegenständen an in Frage kommende Lokal- und Bezirksmuseen, die Ab fassung von Bezirkskunden'*'', die Einrichtung von Seminarien und Lehrkanzeln für Volks- und Heimatkunde. Gleich nach der Gründung ist es die Überbewertung des Sammeins - nicht mehr der Mensch, sondern leblose Objekte stehen im Vordergrund - gegen die er sich mit Nachdruck wendet. In der Folge gilt es den Stellenwert des Heimatgefühles innerhalb der Heimatbewegung zu bestimmen: Bei allem sonstigen Verstehen kann ich mich nicht der Gruppe von Heimatfreunden anschließen, bei denen sich das Wort Heimat ganz in der Gefühlssphäre auf löst. . . . Ich werte das Heimatgefühl und den seeli schen Inhalt des Wortes Heimat sehr, sehr hoch - dar über hinaus ist aber Heimat für mich ein Stück Natur, Kulturlandschaft, Boden, auf dem ich fest mit meinen Füßen stehe - Land, das zu durchwandern ich niemals satt werde.''® Schließlich wendet er sich gegen die, von sich als ,,national" verstehenden Kreisen, vertretene Meinung, Heimatkunde sei nationale Eigenbrö telei, sie verhindere die geschlossene Einigung des deutschen Volkes. Ich sage solchen ,,Nationalen", ob ihr Deutsch mit ,,groß" oder, ,all" zusammengesetzt ist, bleibt sich mir dabei gleich, sie wären die besten Vorkämpfer des In ternationalismus'"'. . . Wir können heute mit Fug und Recht behaupten, sehr viel von dem, was sich Nationa lismus nennt, sind leere Phrasen. Jeder einsichtige Deutsche wird dieses Urteutonentum . . . verdam men. Eduard Kriechbaum ist bestrebt, bei divergieren den Ansichten innerhalb der Arbeitsgemein schaft ausgleichend zu wirken. Trotzdem bezieht er aber immer wieder sehr klar Stellung zu den aufgeworfenen Fragen, wie es aus dem umfang reichen Material an gedruckten Tagungsberich ten ersichtlich ist. Mit dem ,,Anschluß" Österreichs findet die Ar beitsgemeinschaft ,,Inn-Salzachgau" ihr Ende. Kriechbaums starke Persönlichkeit, so kann rückblickend gesagt werden, prägte den Verlauf Kriechbaum, Eduard: Die Heimattagung in Laufen 1922. Braunau, Stampfl 1922, S. 19. " Abgedruckt in: Monatsschrift für die ostbairischen Grenzmarken, 10. Jg., Passau 1921, S. 186f. " Deren Leiter, der bekannte Kunsthistoriker Dr. Rudolf Guby, war ein enger Mitarbeiter Kriechbaums im InnSalzachgau. "" D. s. heimatkundliche Werke über die entsprechenden Verwaltungsbezirke. Kriechbaum, Eduard: Die Heimatwanderung. In: Die ost bairischen Grenzmarken, 17. Jg., Passau 1928, S. 18. . Er versteht darunter Marxismus. Ders.: Wege und Ziele der Heimatbewegung. In: Brau nauer Heimatkunde, Heft 17, Braunau 1922, S. 5.

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