OÖ. Heimatblätter 1981, 35. Jahrgang, Heft 1/2

Volksbildungswesen und Heimatschutz im Sinne Kriechbaums zielen darauf ab, die Vergan genheit nicht als Selbstzweck, sondern als Ent wicklungsstufe der Gegenwart zu betrachten und führen damit über einen engen Historismus weit hinaus. Kriechbaums Idealvorstellung lau tet: Das Museum als Volksbildungsstätte, als Bil dungsort Somit hat das Heimathaus zwei Aufgaben zu er füllen, es ist Sammel- und Versammlungsort. Nicht selbstzufriedene Nabelschau will der Brau nauer Heimatverein betreiben, sondern mit sei nen regelmäßigen Veranstaltungen die breite Öf fentlichkeit ansprechen. Jeden Mittwoch um 20 Uhr finden im Heimat haus die sogenannten,,Heimatabende" statt, das sind ausgesprochene Bildungsveranstaltungen, die im Dienste der Heimatidee stehen. In ihrem Mittelpunkt steht ein heimatkundlicher Vortrag. Vortragsreihen mit Möglichkeit zur Diskussion sind die bei den Hörern sehr beliebt. Die Themen, die Eduard Kriechbaum behandelt, zeigen ei ne bunte Vielfalt: Stadtgeschichte, Landschafts kunde, Volkskunde, Besprechung ausgestellter Sammelstücke. Auch Lesungen heimischer Schriftsteller sowie Musikabende erfreuen sich großer Beliebtheit. Da sich die Räume des Hei mathauses für manche Veranstaltungen als zu klein erweisen, wird im Stadtturm ein Vortrags saal eingerichtet, der 80 PersonenPlatz bietet. Im Winter veranstaltet dort der Heimatverein an Sonntagnachmittagen Volksbildungsvorträge, die sehr gut besucht sind. Besonders heimat kundliche Vorträge ziehen eine große Zahl von Zuhörern an. Deshalb hält Eduard Kriechbaum bald im ganzen Bezirk Volksbildungsveranstal tungen ab, die in Form von Heimatabenden statt finden. Die Vorarbeiten dazu werden von örtli chen Vereinen (Liedertafel, Freiwillige Feuer wehr u. a.) übernommen. Im Sommer tritt an die Stelle der sonntäglichen Volksbildungsvorträge die Heimatwanderung. Heimatabende, Volksbildungsvorträge und Wan derungen sollen einander ergänzen. Um noch stärker für den Heimatgedanken zu werben, erscheinen nun die vom Braunauer Heimatverein herausgegebenen Heimathefte in kürzeren Abständen, etwa dreimal jährlich. Sie soUen den Einzelnen zur Heimatforschung anre gen und auch die Verbindung der Heimatfreunde im ganzen Bezirk und darüber hinaus pflegen. Mehrere Mitglieder des Heimatvereines sind Mitarbeiter an oberösterreichischen und nieder bayerischen Heimatzeitschriften (Heimatgaue, Niederbayerische Monatsschrift u. a.). Die Gründung des ,,lnn-Salzachgaues" führt schließlich zu einer engen Zusammenarbeit. Heimatforschung, Heimatschutz und Volksbil dung auf heimatlicher Grundlage stellen die wichtigsten Arbeitsgebiete des Braunauer Hei matvereines dar. ★ Zielvorstellung für Kriechbaum ist stets die Er ziehung zum gesunden und heimatverbundenen Menschen, die er verwirklichen wUl durch: Hygienische Volksbelehrung Die volkserzieherische und soziale Seite am Arztberuf spricht ihn besonders an. Er verfaßt ei nige richtungweisende Aufsätze, in denen er die volkserzieherischen Aufgaben des Arztes darlegt und um Verständnis für dieses damals noch sehr vernachlässigte Arbeitsgebiet wirbt. So erscheint 1923 im österreichischen Schulbücherverlag seine programmatische SchriftDer Arzt als Volkserzieher". Im Dämmergrau sehe ich den Tag heraufziehen, wo man Menschen nicht nur zum Lesen, Schreiben und Rechnen erzieht, sondern wo man sie auch mit ihrer ureigensten Heimat, ihrem Körper und ihrem seeli schen Leben vertrauter machen will. Dann ist die Stunde für den Arzt als Volkserzieher gekommen. In dieser vielbeachteten Arbeit legt Kriechbaum seine Gedanken über die RoUe des Arztes nieder, die diesem in der Volksbildung zukommen müsDazu: Krausewitz, Wolfgang (Hrsg.): Museumspädago gik. Museen als Bildungsstätten. Frankfurt 1975. -Kuntz, Andreas: Das Museum als Volksbildungsstätte - Mu seumskonzeptionen in der Volksbildungsbewegung in Deutschland zwischen 1871 und 1918 (= Marburger Stu dien zur vergleichenden Ethnosoziologie, Bd. 7). Mar burg 1976. - Spickernagel, Ellen und Walbe, Brigitte (Hrsg.): Das Museum: Lemort contra Musentempel. Sonderband der Zeitschrift Kritische Berichte. Gießen 1976, Vgl.: Kriechbaum, Eduard: Braunauer Heimatkunde. Zur Entwicklung heimatkundlicher Arbeit im Bezirke Brau nau. In: Niederbayerische Monatsschrift, 8. Jg., Fassau 1919, S. 98ff. -Ders.: Die Dorfkirche als Geschichtsquel le. In: Volksbildung, X. Jg., Wien 1930, S. 151 ff. - Ders.: Das Bauernhaus Oberösterreichs als Mittelpunkt eines Heimatabends am Dorfe. In: Volksbildung, XIII. Jg., Wien 1933, S. 128 ff. 11 Die Stadt Braunau hatte damals nicht ganz 5000 Einwoh ner. 11 Braunauer Heimatkunde. Veröffentlichungen zur Pflege der Braunauer Heimatkunde, Heft 1-25. Braunau, Stampfl 1910-1932. - Kriechbaum ist von 1919 bis 1926 Schriftleiter dieser Zeitschrift. Unter seiner Redaktion entstehen die Hefte 11-22. 1"* Kriechbaum, Eduard: Der Arzt als Volkserzieher (= Füh rer für Volksbildner, Heft 14). Hrsg.: österreichisches Volksbildungsamt. Wien 1923, S. 33.

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