OÖ. Heimatblätter 1981, 35. Jahrgang, Heft 1/2

Ich frage mich, was ich eigentlich verbrochen habe, daß ich in dieser Form von meinem Lebenswerk, an dem mein Herzblut hängt, vertrieben werde. Und wenn mir gestern gesagt wurde, es wird schon besser werden, aber für einige Zeit seien Namen wie der meinige und der meiner,,Heimatgaue" verfemt, so ist mir die tragi sche Ironie klar, die mein Schicksal ist: ich habe als ei ner der ersten Schulmänner in Österreich die Erzie hung zum eigenen Volkstum als Sinn meines ganzes Wirkens aufgefaßt; daß dies meine ganze einstige Schülerschaft zugeben muß, ist mein Stolz, der mich über die Bitterkeit der Stunde erhabt. Und wenn ich auch von VF-Kreisen mißverstanden, von der Katholischen Aktion bekämpft werde und nun im Großdeutschen Vaterland überflüssig bin, so schreibe ich doch nicht nur unter meine Arbeit, son dern unter mein ganzes Leben den stolzen Schlußsatz: Mein Weg war immer rein imd volkstreu! Am 3. April 1938 schrieb Depiny an seinen Vor gesetzten, Ministerialrat Ing. G. A. Witt, unter anderem: Ich wurde in die Polizeidirektion und dann zu Partei stellen gebracht, überall erklärte man, mit mirnichtszu tun zu haben. . . . Seither ist das Volksbildungsreferat und die Zweigstelle des Lichtbüderdienstes gesperrt. Ich glaubte zuerst, es sei dies eine allgemeine Maß nahme in allen Ländern, dem kann aber nicht so sein. Eine der neuen Landesregierung nahestehende Per sönlichkeit beschwerte sich über die mir zuteil gewor dene Behandlung beim Herrn Landesstatthalter Ing. Breitenthaler. Dieser ließ mir mitteilen, daß mir Ge nugtuung würde, und verlangte meinen Bericht über die Vorfälle am 14. März. Ich legte ihn vor und erhielt die Mitteilung, eine persönliche Vorsprache werde nach Mitte Aprü möglich sein. Hofrat M., bei dem ich war, meinte, ich dürfte wohl nach den Wahlen wieder in mein Amt zurückkehren. Formelle Enthebung er hielt ich keine. Einstweilen müsse ich warten. Ich hätte nie geglaubt, nach drei Jahrzehnten selbstloser Aufop ferung für Volk und Heimatkultur solche Unbill erlei den zu müssen. Witts Antwort lautete auf: Abwarten! Wiederholte Versuche Dr. Jurascheks, der den Wert der Arbeit Depinys wohl zu schätzen wußte und ihm auch helfen wollte (er mißbilligte die Be handlung, die Depiny zuteil wurde), ihn für sein Amt zugeteilt zu erhalten, schlugen fehl. In einer Notiz^i der Wissenschaftlichen Forschungsan stalt für den Gau Oberdonau (ZI. 1747/39) fand sich vermerkt: Depiny, Hofrat Dr. Adalbert: Er dürfte auf volkskund lichem Gebiet über den Bestand Oberdonaus weit hin ausreichende Kenntnisse haben; kommt jedoch derzeit nicht in Betracht. Auch halte ich es für zweckmäßiger, ihm die Verarbeitung des von ihm im Gau gesammel ten Stoffes zu ermöglichen, als ihn zu Arbeiten außer halb des Gaues anzuregen. Wollte man ihn forthaben? Von wem diese Beur teilungen stammen - es sind noch einige Wissen schafter genannt und sehr treffend gezeichnet - ist mir nicht bekannt. Juraschek schrieb an die Zentralstelle für Denkmalschutz in Wien:^^ ,, Ob wohl ich die Kaltstellung des Herrn Hofrat Depiny/ür nicht voll gerechtfertigt halte, wollte ich in diesem schwierigen Fall nicht ohne die Zu stimmung des zuständigen Landesrates vorge hen. Der hat mir nun gestattet, ihn zu privater Mitarbeit für meine Kanzlei anzufordern." Von Freiheit der Wissenschaft konnte man hier wohl nicht reden! So kam es, daß Depiny für seine letz ten Jahre einen ruhigen Arbeitsplatz in freund schaftlicher Atmosphäre fand, wenn ihm auch jede Gutmachung erlittenen Unrechts versagt blieb. Die Vollendung seines Hauptwerks aber, an dem er durch Jahre arbeitete, eine Zusammen fassung über Volksglauben und Sitte und Brauch, konnte er seiner erschöpften Lebenskraft nicht mehr abringen. Das letzte Wort über seine Arbeit möge ihm selbst überlassen sein: Es ist mein Stolz, schon in einer Zeit, wo Volkstumspflege weder gefördert, noch gar voll verstanden wurde, als Lehrer, Volksbildner und Wissenschafter Vorkämpfer eines durchgei stigten Verhältnisses zum eigenen Volk als Lebensgrundlage gewesen zu sein. Ich habe dabei meine Arbeit immer als über zeitlich aufgefaßt und nie ßr mich persönlich etwas ange strebt. Ich habe darum auch die Überzeugung, daß sie in ir gendeiner Form über mein Leben und meine Zeit hinaus ein Außaukömchen im Seelenleben des deutschen Volkes bleiben wird. Exlibris von Adalbert Depiny Sämtliche Textillustrationen sind den ,,Heimatgauen" entnommen und stammen von Max KisUnger. Aus einer stenographischen Aufzeichnung. Aus der Abschrift eines Briefes. " G. A. Witt, Zum Heimgang des Hofrates Orr. Adalbert Depiny. Durchschlag eines Rundschreibens vom Februar 1942.

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