Die Heimatgaue Dr. Adalbert Depinys Von Martha Khil Wann Depiny den Entschluß zur Herausgabe ei ner wissenschaftlichen Heimatzeitschrift^ faßte, ist mir nicht bekannt, sicher aber erst nach seiner Rückkehr von seiner Görzer Lehrertätigkeit nach Linz, als nach dem Eintritt Italiens in den Krieg 1915 Görz zum direkten Kriegsgebiet gehörte. Denn dort hatte er an einer Habilitationsschrift über den Einfluß lateinischer Spiele auf die deut schen Volksschauspiele des Mittelalters gearbei tet, deren Grundlagen in den Kriegswirren verlo rengingen. Er muß also nach diesem herben Ver lust (durch den ihm unter anderem der Weg zur akademischen Lehrtätigkeit verschlossen war) als Beamte, Militärs, Arbeiter, Lehrer in weiten Gebieten des Reiches gearbeitet hatten und nun die Not der Nachkriegszeit in dem kleinen Gebiet vergrößerten. Der Glaube an das Selbstbestimmungsrecht der Völker, die Erfüllung nationaler Wünsche zum Zusammenschluß der Nationen, war auch bei den Deutschen der Monarchie lebendig (späte stens seit 1848), und zwar nicht nur bei dem klei neren Kreis der alten Liberal-Nationalen und Großdeutschen, denen das Bürgertum angehör te, sondern z. B. auch bei Christlich-Sozialen und Sozialdemokraten - lautet doch der erste den Gedanken an diese neue Arbeit gefaßt ha ben, mitten im Krieg, wo das bittere Ende schon zu erahnen war, im festen Glauben an sein Volk, das auch einen verlorenen Krieg überwinden würde. 1918 war ja der tiefste Einschnitt der neueren österreichischen Geschichte, viel itefer als 1945. Es war der Zusammenbruch des letzten großräumigen Kaiserreiches in Mitteleuropa, das jahrhundertelang druch seine habsburgischen Herrscher das Heilige Römische Reich Deutscher Nation vertrat und zusammenhielt, und als Ord nungsmacht um den Südosten des Reiches ge rungen hatte, und das nun in seine zahlreichen Völkerschaften zerfiel, die sich nach Wilsons Selbstbestimmungsrecht ihren Nationalstaaten anschlössen oder zu solchen verbanden. Zurück blieb das kleine ,,Deutsch-Österreich", dem zahlreiche deutsche Österreicher zuströmten, die Satz der Verfassung der Ersten Republik: Deutschösterreich ist ein Land des Deutschen Reiches. Der Reichsgedanke war in Österreich immer noch lebendig, trotz Bismarcks kleindeut scher Lösung, die für Preußen eine Erfüllung, für Österreich den Ausschluß aus dem Deutschen Bund bedeutete, wodurch seine jahrhundertealte Vertretung des alten Reiches endgültig verloren ging. ,,Ich bin ein deutscher Fürst", sagte noch Franz Josef 1. von sich. Man konnte sich nach 1918 ein Weiterleben nur vorstellen, wenn Deutschösterreich dem Ver band des großen deutschen Volksraumes einge gliedert würde. Man konnte sich, an weiträumi ges Denken gewöhnt, ein Überleben des kleinen ^ Heimatgaue, Zeitschrift für oberösterreichische Geschich te, Landes- und Volkskunde. Herausgegeben von Dr. Adalbert Depiny, 1.-18. Jahrgang 1919-1938. Linz, Pirngruber.
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