OÖ. Heimatblätter 1980, 34. Jahrgang, Heft 3/4

Ordnendes Element ist der Tanzherr, erkennbar an seinem blumenbekränzten und bänderge schmückten Hut, der für den richtigen Auftritt der Rüden verantwortlich ist und sie auch ansagt. Manchmal ist ein strenges Regiment erforderlich. Dazu ein Zitat aus dem Jahre 1965: ,,Ich bitte um Ruhe; im Saal is' scho so a Krawall, daß ma nix mehr versteht!" Hans Commenda beschreibt die Aufgabe des Tanzherrn, wie er sie in den zwanziger und drei ßiger Jahren kennengelernt hat, folgendermaßen: ,,Mit unbeschränkter Vollmacht in seinem Berei che, den zwei Tanzböden, ausgestattet, weist er den verschiedenen Rüden ihre Plätze an den Ti schen zu, holt sie zum Tanze, sieht bei den Zu schauern auf Ordnung und versteht jede Störung und Stockung in der Reihenfolge der Tänze zu vermeiden. Schier überall taucht sein mit einem Zweig bunter Kunstblumen und zwei wehenden, weißen, goldbefransten Atlasschleifen gezierter Hut auf und so geschickt weiß er die Zeit zu nüt zen, daß jede Rud, die durchschnittlich zwanzig Minuten zu ihrem Landler braucht, sicher min destens zweimal zu ihrem Tanze kommt"^®. Da der Tanzherr auch der ,,Moar" seiner Rud, der Tanzherrenrud, ist, beginnt diese mit dem er sten Landler, damit der Tanzherr dann für seine eigentlichen Aufgaben frei ist. Der Tanzherrenrud wird natürlich größte Beach tung geschenkt - und daher ist es nicht verwun derlich, daß es prompt in der Zeitung erwähnt wurde, als die Rud des Tanzherrn 1949 bei einem Lied ,,umschmiß". Abgesehen von den üblichen Begrüßungsforma litäten geht man sofort in medias res. Heute betreten alle Mitglieder der Rud gemein sam ihre Wirkungsstätte für nach wie vor etwa zwanzig Minuten. Früher tanzten die Paare nacheinander ein^'''; dies entspricht den Ausfüh rungen im ,,Wörterbuch der deutschen Volks kunde" über den TraunvierÜer Landler, bei dem auf das „Antanzen des führenden Paares das ,Zuwischleichen' der anderen Paare"^® folgt. Oft stellen sich die Rüden mit einem Begrüßungs lied vor, das bei einigen bereits zum Markenzei chen geworden ist. Oft auch ist die Begrüßung bzw. die Reverenz an Sierning bereits in den Landler integriert und wird als erstes G'stanzl gebracht. Grüaß eng Gott, meine Leut, ja am Kirtatanz heut, kinöts allähand höm, meine Damen und Herrn. Was sich Neuchs hat begebn, werdn eng d' Rüden vazöhln. Is an uraltä Brau von 100 Jahren schön gnau. So eröffnete die Tanzherrenrud beim Kirtag 1935 den Landlertanz. Die G'stanzln werden nur von den Männern gesungen. Boshafte Zungen be merken hier (was man bei einer launigen Anspra che fallweise hören kann), daß in Sierrüng beim Rudenkirtag einmal die Frauen - Gott sei Dank - nichts zu reden haben! Die G'stanzln werden natürlich von jedermann erwartet. Es scheint so, als ob die Bedächtigkeit des Landlertanzes, den geradezu zelebrierten Schritten, Paschern, Drehungen und dem Jodler die Spannung und Erwartung noch erhöhen würde. Übrigens bringt manche Rud statt des Jodlers einen immer wiederkehrenden Vierzeiler wie ,,A Dirnderl zan Liabn, An Schlagring zan Schlagn Und a Büchserl zan Schiaßn Muaß a frischer Bua ham. Die Abfassung eines G'stanzls, eines Spottverses in acht Zeilen mit einem genau bestimmten Rhythmus, ist sicher nicht einfach. Denn ent scheidend für den Erfolg ist eine treffende, zielsi chere Pointe, der eine informative Erklärung vor angegangen ist. In der Praxis sieht das so aus, daß in sechs Zeilen, wobei meistens der zweite Tenor der Rud die er ste Zeüe ansingt, eine Begebenheit erzählt wird und die letzten beiden Zeüen die meist vernich tende Pointe enthalten. Ein, selbstverständlich anonym bleiben wollen der, „Dichter" hat mir versichert, je mehr Be hauptungen ein G'stanzl enthalte, desto größer sei die Publikumswirksamkeit und die Erfolgs aussicht. Manchmal, besonders früher war das Hans Commenda: Rudenkirchtag in Sierning; Heimatgaue, 15. Jg. (1934), S.-lOl. " Siehe Anm. 15. Wörterbuch d. dt. Vkde., S. 491.

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