OÖ. Heimatblätter 1980, 34. Jahrgang, Heft 3/4

angespielt wird''." Eine wesentliche Rolle im Rü gebrauchtum spielen auch ,,Faschingsbrief und Faschingszeitung"®, worin auch vorgetragene Moritaten im Bänkelgesang eingeschlossen sind. Besonders im Bundesland Salzburg wurde diese Tradition gepflegt®. Burgstaller erinnert sich an ,,die ,geschmalzenen Faschingsblätter' (in Ried z. B. die ,Odelpodinger Nachrichten')"^® xmd an die Fbenseer Fet zengruppen, die am Faschingssonntag in einem „gründlichen Volksgericht . . . alle Vorkomm nisse des Jahres . . ." (gleich den Traunkirchner bänkelsängerischen Moritatenliedern)^^ anpran gern und damit ahnungslose arme Sünder in Angst und Schrecken versetzen, wenn ihre ,,Ta ten" öffentlich ausposaunt werden. Ähnliches ist natürlich auch für Sierning zu unterschreiben. In Bad Aussee treten am Faschingsdienstag im Kurhaussaal Faschingsbriefsänger auf, die in „Lied, Musik, Büd und Wort ihre Nachrichten der Öffentlichkeit zur Kenntnis"bringen. Zur Gruppe der Moritatensänger gehören auch die Angehörigen der Fberschwanger Burschenschaf ten mit ihrem ,,Aussingen" am Sonntag nach dem Burschenschaftsball". Dies alles findet seine Entsprechung auch in Sierning, wenn die Rüden mit ihren G'stanzln sozuzagen ,,faschingsbriefliche" Funktionen er füllen. Wenn schon die Rüden erwähnt werden, so sei daran erinnert, daß eigentlich die Burschenschaf ten die Träger des Faschingsbrauchtums, seien es Heische-, Rüge- oder Umzugsbräuche, sind bzw. waren. Vielfach sind sie heute von sogenannten Komitees ersetzt, was auch in Sierrüng der Fall ist. Ursprünglich wurden die Rüden ,,eine Gemein schaft junger, lediger Bauernburschen (Haus ruckviertel, Traunviertel)"!'*, vergleichbar den Passen des Salzkammergutes und den Zechen des Innviertels. Hergeleitet wurde das Wort von ,,Rudel" oder „Rotte". Eine Gruppe von verheirateten Männern dürfte sich nicht mehr als Rud bezeichnen, sondern als Kameradschaft oder Gesellschaft. Tatsächlich finden wir solche Bezeichnungen, besonders Kameradschaft oder Sängerkameradschaft, beim Rudenkirtag. Angeführt wird eine Rud von ihrem ,,Moar". Um aber auf das „Ritual" des Rudenkirtags zu kommen! Seit altersher läuft das Geschehen am Faschings dienstag in Sierning, abgesehen von zeit- und platzbedingten Änderungen, gewissermaßen in gleicher Weise ab: Gegenwärtig nimmt der Rudenkirtag seinen ei gentlichen Anfang, man möge es als Prolog be zeichnen, am Stephanitag. Alle Rüden und Ka meradschaften bzw. ihre Vertreter kommen auf Einladung des Festausschusses, dem seit 1950 der Abgeordnete zum Nationalrat a. D. ökono mierat Josef Luhammer vorsteht, im Pfarrheim Sierning zusammen und besprechen den Ablauf des kommenden Rudenkirtags. Dazu sei bemerkt, daß in früheren Jahren die Rü den nicht eingeladen wurden, sondern aus eige nem Antrieb erschienen (wer kam, war eben da), was die Aufgabe des für die Ordnung verant wortlichen Tanzherrn sicherlich beträchtlich er schwerte^®. Am Morgen des Faschingsdienstags ziehen die Rüden gemeinsam in die Sierninger Pfarrkirche ein (üblicherweise vom Forsthof über die Neu straße) und gedenken in einem Festgottesdienst der verstorbenen oder gefallenen Rudenkameraden. Eine Rud oder Sängerkameradschaft be streitet dabei den musikalischen Teil, meist die ,,Deutsche Messe" von Franz Schubert. Dann beginnt auf zwei Tanzböden (eigentlich muß man sagen: auf zwei Bühnen) der eigentli che Rudentanz. Die Gruppen werden geteilt; die . eine Hälfte tanzt und singt im Forsthof, die an dere im Pfarrheim (seit 1967). Am Nachmittag wird dann der Wechsel vollzogen, so daß der Zu schauer, der sich mühevoU in einer der beiden Lokalitäten eine Platz erobert und gesichert hat, alle Rüden zu sehen und zu hören bekommt. ' Wörterbuch d. dt. Vkde., S. 701. ® ÖVA, Kommentar zu Blatt 90, S. 49ff. ' Ebenda, S. 51. Ernst Burgstaller: Lebendiges Jahresbrauchtum in Ober österreich, Salzburg 1948, S. 58. " Ebenda, S. 59. " Rudolf Fochler: Von Neujahr bis Silvester, Linz 1971, S. 57. " Ebenda, S. 46f. " Otto Jungmair - Albrecht Etz: Wörterbuch zur oberösterrei chischen Volksmundart, Linz 1978, S. 232. Frdl. Mitt. von H. Söllradl, Eglmoar zu Wolfern.

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