Ein verspäteter gegenreformatorischer Konflikt zwischen dem Pfarrer von Pettenbach und dem Herrn auf Seisenburg (1685/87) Von P. Benedikt Pitschmann Im Stiftsarchiv Kremsmünster findet sich ein Konvolut mit einer Reihe von Schreiben, die ei nen eigenartigen Konflikt beleuchten^. Es geht dabei um ein Verfahren, das der Pfarrer von Pet tenbach, P. Leopold Leichling^, gegen den Frei herrn Franz Georg Engl von und zu Wagrain^ in Passau anstrengte und das dann eine für den Pfarrherrn wohl unerwartete Wendung nahm. Der Briefwechsel beginnt mit einem Schreiben P. Leopolds an den Freiherrn'*, worin der Pfarrer diesen erinnert, ,,wie daß Sie verwichene Ostern die österlich^ beicht vnd communion, vnder vor geschriebenen 6. Wochen, weder in, noch ausserhalb dero ordentlichn Pfarr verrichtet, vnd destwegen der Kirchen in die Straf gefallen". Er, Leichling, habe diesbezüglich noch zugewartet, da er geglaubt habe, Engl hätte für einen Auf schub seine Gründe gehabt. Ein weiterer Vorfall jedoch lasse ein Zuwarten nicht mehr zu. Leich ling habe nämlich erst unlängst den Schloßherrn ernstlich als Seelsorger ermahnt, er habe in seiner Bibliothek® zahlreiche ketzerische Bücher und lese auch oft darin, was streng verboten und mit Exkommunikation bedroht sei. Darauf habe ihm Engl zur Antwort gegeben, er wäre ,,in disem fahl . . . Pabst vnd bischof Selbst." Diese Miß achtung der Kirchengebote und der geistlichen Obrigkeit könne Leichling nicht länger dulden. Er lege dem Freiherrn also zur Strafe die Liefe rung von 6 Pfund Wachs an die Pfarrkirche auf. Außerdem möge Engl die lutherischen Bücher umgehend im Pfarrhof Pettenbach abliefern. Die ses Schreiben Leichlings wurde gegen Emp fangsbestätigung dem Verwalter auf Seisenburg übergeben, zeitigte aber nicht den gewünschten Erfolg. Denn ein Monat später sandte P. Leopold abermals einen Brief nach Seisenburg®. Der Pfar rer beklagt darin den Umstand, daß seine Er mahnung und Strafandrohung ohne den ge wünschten Erfolg geblieben seien. Er ermahne deshalb Engl noch einmal, den Aufforderungen seines Seelsorgers nachzukommen. Widrigen falls müsse er die ganze Angelegenheit dem Or dinarius nach Passau berichten^. Auch diese Mahnung verfehlte ihren Zweck, so daß Leich ling nach Kremsmünster schrieb. Von dort über sandte ihm schon am 28. April der Hofrichter Be nedikt Finsterwalder die Denuntiation zur Unter schrift. In einem beiliegenden Schreiben® for- * Stiftsarchiv Rremsmünster, Schachtel Q 3, Pettenbach, 1626-1860, 79 B x; künftig abgekürzt StAKr, Q 3 F. ^ P. Leopold (TUman) Leichling, geb. 13. Mai 1625 in Köln, Prof. 2. Februar 1646, Priester 5. Oktober 1650, t 26. Jän ner 1696 in Pettenbach; er hatte seine Studien im Kölner Je suitenkolleg und in Wien gemacht und war später in das Stift Kremsmünster eingetreten. Nach Vollendung seiner theologischen S tudien in Wien war er Professor an den un teren Klassen des Stiftsgymnasiums und Küchenmeister. Von 1660-1666 versah er das Amt des Stiftsschaffners. 1666/67 weilte er mit seinem Mitbruder P. Simon Rettenpacher zum Studium der orientalischen Sprachen in Rom. 1667-1670 war Leichling Benefiziat in Pernstein und 1670-1696 in Pettenbach. Dort vollendete er in den Jahren 1676-1685 den Bau des Pfarrhofes mit der Errichtung der Wirtschaftsgebäude und der Gartenmauer. Die Pfarrkir che Pettenbach und die Kirche auf dem Magdalenaberg verdankten ihm neue Glocken, Magdalenaberg überdies die schöne Kanzel (1674) und die Kreuzkapelle (1685). (A. Kellner, Profeßbuch des Stiftes Kremsmünster, Klagenfurt 1968, 226.) ' Franz Georg Engl von und zu Wagrain, Freiherr auf Sei senburg und Pettenbach, kais. Rat und der Nö. Landrech ten Beisitzer (1660-1721) war der Sohn Gottfried Engls und der Maria Maximilian Spindlerin von Hofegg. Er ehelichte am 28. September 1686 seine Verwandte Anna Margaretha Engl. Engl, der später kais. Kämmerer und Reichshofrat wurde, wurde am 27. August 1687 in den stiftsmäßigen Herrenstand aufgenommen und am 4. Jänner 1717 von Kaiser Karl VI. zusammen mit seinem Bruder Franz David in den Reichsgrafenstand erhoben. Bezüglich der Familie Engl siehe J. G. A. von Hoheneck, Die Löblichen Herren Herren Stände deß Ertz-Hertzoghtumb Oesterreich ob der Ennß etc. I, Passau 1727, 82; A. v. Starkenfels - J. E. Kimbaur V. Erzstätt, Oberösterreicfüscher Adel = J. Siebmachers gro ßes und allgemeines Wappenbuch lV/5, Nürnberg 1885-1904, 40 (hier nur sehr kursorisch); A. Marks Fami liengeschichtliche Aufzeichnungen der Engl von Wagrain 1657-1797, in: Mitt. d. Oö. Landesarchivs 8 (1964), 274-286. Erste Nachrichten über die Seisenburg reichen bis zum Beginn des 12. Jh. zurück. 1580 erwarb sie Achaz Fenzl zu Grueb. Durch Heirat gelangte sodann die Herr schaft an die Familie Engl, bei der das Schloß bis zum Er löschen des Geschlechts im 20. Jh. verblieb. (Vgl. F. Sekker, Burgen, Schlösser, Städte und Klöster Oberösterreichs, Linz 1925, 256-259.) " Leichling an Engl, Pettenbach 23. März 1685, StAKr, Q3P, ® Bei dem Neubau der Feste Seisenburg durch Sigmund Friedrich Engl war das Schloß auch mit einer kostbaren Bi bliothek ausgestattet worden. (Hoheneck, Stände, 83).) ' Leichling an Engl, Pettenbach 24. April 1685, StAKr, Q 3 P. ' Bischof von Passau war damals Sebastian von Pötting (1673-1689), vormals Bischof von Lavant. (R. Kitzler-Y. Sefrin, Hierarchia Catholica Medii et Recentioris Aevi V, Pa dua 1952, 308 und ebda., Anm. 2.) ' Finsterwalder an Leichling, Kremsmünster 28. Aprill685, StAKr, Q 3 P. Über den Hofrichter Benedikt Finsterwalder
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2