OÖ. Heimatblätter 1980, 34. Jahrgang, Heft 3/4

nenraum der Pfarrkirche im neugotischen Stil eingerichtet. Jetzt wollten die Rainbacher auch außen mehr glänzen, man schämte sich beinahe ein wenig mit dem niedrigen ,,Zwicklturm". Doch im Jahre 1895 waren solche Träume entgül tig ausgeträumt. Das Denkmalamt in Linz hat ei nen Ausbau des Turmes für immer untersagt. Was sollte nun mit dem beachtlichen Geld des Turmbaufonds geschehen? Wenn schon kein Turm, dann wenigstens ein kräftiges Geläute! Der Linzer Glockengießer Anton Gugg machte am 8. August 1895 ein Angebot mit zwei Varian ten. Variante A: Zusätzlich zum bestehenden Geläute eine neue Glocke mit 1700 kg Gewicht und einem Preis von 2363 Gulden. Variante B: Ein völlig neues Geläute mit drei gro ßen Glocken zum Preis von 11.512 Gulden, wobei der Materialwert der alten Glocken mit 1223 Gul den in Abrechnung käme®. Gott sei Dank! Diese großen Pläne wurden nicht verwirklicht. Eine drohende Gefahr für die alten Glocken war damit abgewendet. Die Glocken in den Weltkriegen Pfarrer Josef Schönbaß (1885-1920) schrieb dazu in der Pfarrchronik: Der Weltkrieg hat vielerlei Bedrängnisse gebracht; eine der schwersten ist zweifellos die Abgabe der Kirchen glocken. Zwei Drittel Gewicht des gesamten Geläutes zu Kriegszwecken! - So nahmen denn die zwei großen Glocken am 14. Oktober 1916 mit wehmütigen Klang um 9 Uhr Abschied von der Gemeinde und fuhren reichbekränzt am 15. Oktober zur Station Sommerau. Zimmermeister Fichtl aus Jenbach in Tirol war die Ab montierung übertragen. - Muß ihnen recht gut gegan gen sein den zwei Glocken im Stübchen, dem lüftigen, unter dem ,,Zwickldach", trotz ihrer Arbeit bei Feuer und Leid, denn sie sind stark geworden im Laufe der Jahrhunderte, haben es auf ein Gewicht von 1334 und 540 kg gebracht^®. Der Erlös für die abgelieferten Glocken (für 1 kg 4 Kronen) sollte in einem Glockenfond angelegt werden, vorübergehend als Kriegsanleihe die nen, und nach dem Kriege, so wurde feierlich versprochen, sollten wieder Glocken in gleicher Größe angeschafft werden. Die Abgabe der Glocken bedeute nichts anderes als ,,ein Auslei hen für das Vaterland in schwerer Zeit". Die Nachkriegsinflation strafte solche Trostworte lei der mit Lügen. Für die Rainbacher Glocken kam jedoch eine überraschende Wendung. Die k. u. k. Militärbauabteüung Linz, die die Glockenaktion durchführte, hatte mit dem Bi schöflichen Ordinariat vereinbart, daß zur Kon trolle bei der Glockenübernahme stets ein Vertre ter des Ordinariates anwesend sein sollte. Mit dieser Aufgabe wurde Kanorükus Florian Ober christi betraut. Er sollte den,,zum Tode verurteil ten" Glocken gleichsam die letzte Ehre erweisen. Oberchristi erhielt auch den Auftrag, eine Glokkenkunde zusammenzustellen, um die Kunst werke aus Erz, die zerstört werden sollten, we nigstens auf dem Papier zu erhalten^^. So wur den von allen abgelieferten Glocken Pausen, Fo toaufnahmen und Gipsabdrücke gemacht. Bei dieser Arbeit fielen die Rainbacher Glocken durch Alter und Kunstwert besonders auf. Das war auch für sie die Rettung. Es gab ja eine ge setzliche Bestimmung, daß die ältesten Glocken, die vor 1600 gegossen wurden, nicht abgeliefert werden brauchten. Im Übereifer war also hier ein ungesetzlicher Mißgriff geschehen. Generalvikar Balthasar Scherndl führte sogleich entsprechende Verhandlungen mit der Militär bauabteüung und erreichte, daß die beiden Rain bacher Glocken gegen Ersatz aller erwachsenden Kosten wieder zurückgestellt und auf dem Turm montiert werden müßten. Die Freude bei der Rainbacher Pfarrbevölkerung war überaus groß, eine dankbare Spende für den Dombau in Linz soUte diese Freude noch unter streichen. Wie ein Original-Frachtbrief mit Datum vom 16. September 1916, ausgestellt im Bahnhof Sommerau, heute noch bezeugt, kamen dort an diesem Tag ,,zwei alte Glocken" an^^. Pfarrer Schönbaß erhielt brieflich vom General vikar die vertrauliche MitteUung, „die Rückkehr der Flüchtlinge aus guten Gründen nur im eng sten Famüienkreis zu feiern und davon nichts in die Zeitung zu geben." Das geschah auch im wil ligen Gehorsam. Ein vermindertes Glockenopfer ' Pfarrarchiv Rainbach i. M. Pfarrchronik Rainbach i. M., S. 240. Oberchristi Florian, Glockenkunde, S. 15. Pfarrarchiv Rainbach i. M.

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