OÖ. Heimatblätter 1980, 34. Jahrgang, Heft 3/4

Die Glocken der Pfarrkirche Rainbach i. M. Von Anton Sageder Mit 5 Abbildungen Glocken haben Geschichte, und da sie mit dem Leben der Menschen innig verbunden sind, darf man sie mit Recht auch kundige Zeugen der Ortsgeschichte nennen. Drei Glocken birgt der 27 Meter hohe ,,Zwickltujm" der gotischen Pfarrkirche Rainbach i. M. Neben dem Bauwerk der Kirche sind sie wegen ihres historischen Al ters die wertvollsten Kulturdenkmäler des Ortes. Von den einstmals so zahlreichen historischen Glocken unseres Landes blieben nach den beiden Weltkriegen nur mehr etwa zehn Prozent übrig^. Dank glücklicher Umstände - die später noch er örtert werden - sind drei unserer historischen Glocken heute noch erhalten. Beschreibung der Glocken^ 1. Große Glocke - ,,Marienglocke" Diese Glocke (siehe Abb. 1) hat einen Durchmes ser von 124 cm, wiegt 1334 kg und ist auf den Ton ,,g" gestimmt. Am oberen Rand der Glocke ist ein 2,5 cm hohes Schriftband, eine gotische Ma juskelschrift kündet in lateinischer Sprache: ,,Ex ordinatione d(omi)ni Leonardi Loder decani Freinstat et plebani in Rainpach f(a)cta e(st) h(aec) campana JSH Maria Anna 1498" — ,,Im Auftrag des Herrn Leonhard Loder, Dekan in Freistadt und Pfarrer in Rainbach, wurde die Glocke 1498 gegossen" (Abb. 4). Leonhard Loder, der Stifter dieser Glocke, hatte mehrere Ämter zugleich. Solche Ämterkumulierung war damals nicht selten. Fr war Dechant, Vikar des Bischofs Bernhard Meuerl, Pfarrer von Freistadt, Benefiziat von Freistadt, Pfarrer von Rainbach und auch Pfarrer von St. Peter am Wimberg. Auch dort stiftete er eine Glocke. Die Pfarren wurden allerdings nicht von ihm, son dern durch Vikare betraut. Fr starb in Freistadt im Jahre 1516. Die Werkstätte, wo die Glocke im Jahre 1498 ge gossen wurde, ist nicht bekannt, es kann aber mit guten Gründen vermutet werden, daß sie in Pas sau war, da dort zu dieser Zeit die nächstgelegene Glockengießerei und obendrein der Bischofssitz war. Auf der Glocke sind zwei beachtliche ReliefbUder: Maria in der Mandorla mit Krone und Jesus kind (Abb. 3) und eine ,,Annaselbdritt" (Darstel lung der heiligen Anna mit Muttergottes und Je suskind, Abb. 5), beide schön ausgearbeitet mit gotischem Faltenwurf. Unter dem von je zwei kräftigen Randstäben ge bildeten Schriftband zieht sich ein zarter Lilien fries (vgl. Abb. 3). Die abgerundeten Kronbögen, auf denen die Glocke hängt, haben männliche Gesichter mit Schnurbart (Abb. 2). Die Glocke hat einen herrlichen, über die Berge vernehmbaren Ton. Die Sage weiß zu berichten, daß diese Glocke von Dechant Loder für Freistadt bestimmt gewesen war, weil sie aber so wehmü tig ,,Roanba" (Rainbach) geklungen habe, sei sie dann nach Rainbach gekommen. Fine andere Sage erzählt: Die Glocken am Berge oben in Rainbach haben an hellem Klang das Freistädter Geläut übertroffen, sie seien deshalb auch,,vernagelt" worden, es seien auch noch ei nige eingetriebene Nägel in der Glocke zu sehen. Ähnliche Sagen sind aber auch anderswo be kannt. 2. Mittlere Glocke - ,,Friedensglocke" Diese Glocke hat einen Durchmesser von 94 cm, sie wiegt 536 kg und ist auf den Ton ,,b" ge stimmt. Sie trägt keine Jahreszahl, ist jedoch nach Schätzung von Fachleuten bedeutend älter als die große Glocke. Josef Pfundner in,,Tönendes Frz" datiert sie um 1400^. Die Glocke hat eine längli che, gotische Form, einige Randstäbe als Verzie rung, sonst ist sie glatt. Äm Schriftband in gotischer Majuskelschrift liest man: ,,0 rex gloriae veni cum pace. Lucas Marcus Matheus Joannes." - „O König der Herrlichkeit, komm mit Frieden. Lukas, Markus, Mathäus, Jo hannes." Die Friedenssehnsucht scheint dem nach zur damaligen Zeit in der Kirche besonders groß gewesen zu sein. Das hatte seine Gründe: ,,1378 standen sich zwei Päpste - in Ävignon und Rom - gegenüber; das Schisma spaltete die west liche Kirche bis 1417'"*. Von Osten her drängten die Türken immer weiter in das europäische Fest land ein. 3. Kleinere Glocke - ,,Armenseelenglocke" Diese Glocke hat 70 cm Durchmesser, wiegt ^ Weissenbäck - Pfundner, Tönendes Erz, Vorwort. ^ Vgl. Oberchristi Florian, Glockenkunde, S. 449f. ^ Weissenbäck - Pfunäner, Tönendes Erz, S, 442. Wetzet Christoph, Die Bibel und das Christentum, S. 2752.

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