OÖ. Heimatblätter 1980, 34. Jahrgang, Heft 3/4

Zur Orgelgeschichte der Pfarrkirche Waldzell Von Georg Brenninger Mit 4 Textbildern Die Festveranstaltungen zum 200-Jahr-JubiIäum des Innvierteis im Jahre 1979 haben nicht zuletzt durch die Zürn-Ausstellung in Braunau die (ehemalige) Verbindung von Oberösterreich mit Bayern eindrucksvoll gezeigt. Im folgenden Bei trag soU unter einem anderen kunstgeschichtli chen Aspekt diese Linie ausgezogen werden, die optisch wie akustisch Zeugnis von den grenzen überspannenden Gemeinsamkeiten gibt. Wir wenden uns dabei der bisher unbearbeiteten Orgelgeschichte einer Pfanrkirche des Innkreises zu, der von Waldzell bei Ried. Wegen des dorti gen Pfarrhofbrandes 1811 konnte aufgrund feh lender Archivalien die bisherige ortsgeschichtliche^ imd organologische^ Literatur keine Aussa gen über die Orgel der Barockzeit bieten. Ein Ak tenfund im Staatsarchiv München - sogar mit ei ner Prospektzeichnung (siehe Textbild 1) - läßt nun das Dunkel etwas aufhellen^. Am 5. Oktober 1722 schrieb der damalige Pfarrer von Waldzell, Franz Hoffmann, an die kurfürstli che Regierung in Burghausen, daß die „vorhan dene Orgel schon zimblich alt" sei und auch durch ,,namhafte Unkosten nit mehr zu verbes sern sondern völlig unbrauchbar" bleibe. Er legte gleich den Kostenvoranschlag eines Orgelbauers bei, den wir wegen der Seltenheit dieser Gattung des 18. Jahrhunderts im Wortlaut veröffentli chen: Yberschlag: Was beim Lobwürdigen Unser Lieben Frauen Gotts haus und Pfahrkirchen zu WaldtzeU, yber beyschaffung einer neuen orgl so mit 10 Registern, und in der Höhe 20 und breyde bis 12 schuech Verferttiget wer den soUe, von Uncosten erfordert werden, verfasst, Passau, den 17. 7ber, 1722. Vors erste ein Gros Principal von guettem Prob-Zinn, in faciat stehent mit der Lenge, oder Höhe 8 schuech. 2. eine starckhe Copel von Holz 8 schuech lautent. 3. eine spizfleten in 4. schuech medall 4. quint in 3 schuech medall 5. superoctav in 2 schuech medall 6. Mixtur Vierfach IV2 schuech medall 7. Cümpel zweyfach 1 schuech medall 8. octav in 4 schuech medall In das Pedall 9. einen Gedeckhten Starckhen Subbaß in 8 schuech 16 fus lauttent Von Holz. 10. ein Principal in 8 Schuech offen, auch von Holz. Das manual und Pedall miessen mit absonderlichen Fleiss oder invention an, und ain gericht werden, das auch alle Register aus dem manual können mit spre chen ohne bezihrung des manual Claviers zur grössere Störckhe, scherffere laute. Dises werckh kan und muess auch mit 3. grossen belckhen getreten oder gezogen werden, die register zige: Schräufe und khloben, winckhl-häckhen alles von eisen, sauberer schreiner, und büdthauer arbeith, den riß von ausssen her gleichförmige mit allen auch materialien von orglmacher zu Passau mit der daran gab der alten orgl umb achthundert Gulden, und acht Speeles thaller leykhauft ohne liferunge völlige zu Haus auf seines Uncossten ausgemacht werden. Verspricht dahero ersternennter orglmacher ein bewerthes werckh aller kunst gemess in anderthalb Jah re, und Tage zuverferttigen, iedoch undter werrenten aufsözen in loco des löblichen Gottshaus Ihme sambt seinen Leuthen der gebührente kost; und trunckh zuleisten schuldig sein soUe, und zum anfange zwey hundert Gulden sambt den leykauff zu mehrerer bekröftigung beedseithigen Verbündtnis auch um einkauffung der materialien dargereicht werden. [Siegel] [Siegel] Franz Hoffmann Ignatius Egedacher Pfarrer orglmacher in Passau. Wie wir aus der Unterschrift erkennen, war der ausersehene Meister kein Geringerer als der Pas sauer Johann Ignaz EgedacheH, der (spätere) Schöpfer der dortigen barocken Domorgel. Um 1675 als Sohn des Salzburger Hoforgelbauers Jo hann Christoph Egedacher geboren, hatte er 1707 von seinem Heimatort aus ein achtzehnregistriges Werk in die Steyrer Michaelskirche geliefert, wovon der Prospekt und einige Register erhalten sind®. Ab 1709 ist er Werkstattnachfolger von ' Rudolf Guby, Die Kunstdenkmäier des oberösterreichi schen Innviertels, Wien 1921, 113. ]oset Mayr-Zweimüller, Waldzell, Oberöstereich (= Christ liche Kunststätten Österreichs 56), Salzburg ^1977. ^ Oskar Eberstaller, Orgeln und Orgelbauer in Österreich (= Wiener Musikwissenschaftliche Beiträge 1), Graz-Köln 1955. ^ Grundlage des folgenden Beitrages sind die Schriftstücke des Archivales im Bayerischen Hauptstaatsarchiv Mün chen, IV, Fasz. 83, Nr. 49. Die dazugehörige Prospektzeichmmg befindet sich jedoch im (Allgemeinen) Staatsar chiv München, Plansammlung 1055 (Maße: 30 x 44,5 cm). Zu Egedacher vgl. Josef Saarn, Die alten Passauer Orgel bauer, in: Ostbairische Grenzmarken 19 (1977) 108-137, bes. S. 125. ' Alois Forer, Orgeln in Osterreich, Wien-München 1973, 144. Bei Saarn a. a. O., S. 125 Druckfehler 1704 statt 1707.

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