Eine namenlose Holzburg auf dem Strafenberg in der Marktgemeinde St. Leonhard bei Freistadt Von Alfred Hö11huber Mit 4 Bildseiten, 2 Textbildern und 1 Oleate Vorwort Als ich im Jahre 1967 bei einer Burgen-Erkun dungsfahrt durch das Untere Mühlviertel den Strafenberg zum erstenmal bestieg, konnte ich vorerst keinerlei Merkmale für eine dort jemals bestandene Burg feststellen. Zur Besichtigung dieses Berges hatte mich seine im Zwiesel des Stampfen- und Aubachtales steU aufragende, „burgenverdächtige" Kegelform bewogen. Ich erhoffte nämlich in meiner damals reichhch ro mantischen Gesinnung, auf den für einen Wehr bau so günstig scheinenden Felspartien des Gip fels wenigstens noch stufenförmige Abstem mungen für Mauerbettungen einer längst ver schollenen, allgemein unbekannten Burg zu fin den - dies aber insofern auch mit einiger Wahr scheinlichkeit, als ich doch bis dahin schon an weniger geeigneten Stellen so manchen in Ver gessenheit geratenen ,,Burgstair' ausgeforscht hatte. Aber enttäuscht mußte ich den Rückzug antreten. Mit einem letzten Blick entdeckte ich jedoch auf einer niedrigen Klippe am Rande der dort fast senkrecht abbrechenden Gipfelfläche eine ausgestemmte Rinne, die der Form des seit lich leicht abfallenden Steinblockes folgend nach etwa 40 cm im Moos und in der dünnen Humusschichte verschwand. Es war sicher der Wirkung des hier oft stark wehenden Windes zu verdan ken, daß diese kleine Stelle unbewachsen geblie ben war. Mit meiner Spezialhaue legte ich nun den weiteren Rinnenverlauf frei und erkannte sehr bald, daß es sich hierbei um die Verankerung einer Holzkonstruktion im Boden handeln muß te. Weiter unten, wo im tieferen Erdreich Sträu cher und Bäxime wurzelten, fand ich dann die er sten Keramikscherben, Tierknochen und eiser nen Gegenstände. Von den zwei Grundeigentümern des Gipfelare als erfuhr ich, daß die Grenzlinie knapp neben der höchsten Gipfelstelle quer über die etwas längsgestreckte Anlage zieht. Außerdem berich teten sie von der Sage, nach welcher der Name ,,Strafen"-berg davon abgeleitet worden sei, daß in der Ritterzeit die Herrschaft von Stampfegg, deren Burg auf einem Felsen im Stampfental fast am Fuße des Strafenberges lag, gewisse Rechts brecher „zur Strafe" auf diesem Berg hätte arbei ten lassen. Im Laufe der nächsten Jahre legte ich - soweit mü der Beruf und meine angeschlagene Gesundheit dazu Zeit ließen - immer mehr Einstemmungen frei, wobei ich noch viele Funde machte. Schließ lich konnte man den Grundriß der gesamten An lage als den einer Holzburg erkennen. Die ausge hauene Rinne und andere Einstemmungen zeig ten den unregelmäßigen Verlauf einer Hofeinfriedung aus vierkantig behauenen Palisaden mit einem etwa 1,90 m breiten Wehrgang. Den Ab schluß dieses Hofraumes bildete ein auf der höchsten Gipfelstelle über einem Unterbau aus Trockenmauern errichteter, hölzerner Wohn turm. Auf einer etwas tieferen Geländestufe konnte ein kleines Steinhaus nachgewiesen wer den, von dem aus über eine Holztreppe der Zu gang zur Hochburg führte. Erst im Herbst 1979 wurde die ehemalige Wehranlage vermessen, so daß nun eine genaue Rekonstruktion erfolgen konnte, wozu besonders die Höhenangaben in Zentimetern beitrugen. Zur selben Zeit fand ich endlich - nach vielen Jah ren vergeblicher Suche - auch auf dem etwa 1,5 km südlich davon gelegenen Herzogreither Felsen, wo ich ebenfalls schon lange vorher Ein stemmungen für die Anlage einer Holzburg ent deckt hatte, Nachweise der einstigen Besiedlung. 1. Geographische Lage imd Besiedlungsgeschichte Die Marktgemeinde St. Leonhard bei Freistadt liegt in einer der reizvollsten Gegenden des Unte ren Mühlviertels. Kaum anderswo in der näheren und weiteren Umgebung ist die mittelgebirgsähnliche Landschaft so vielfältig gestaltet mit markanten Kegeln, Kuppen und langen Rücken, mit Mulden, Gräben und tief eingeschnittenen Tälern wie hier. Auf den gut zwei Dutzend 700 m bis fast 1000 m hohen Gipfeln thronen bizarre, teilweise senkrecht abstürzende Felsgruppen, von wo aus sich - besonders am frühen Morgen bei aufsteigendem Bodennebel - entzückende Ausblicke in die wildromantischen, kulissenartig ineinandergeschobenen NatursUhouetten anbie ten und wo man viele (es sollen mehr als 100 sein) Schalensteine findet, welche die Einheimischen ünmer noch rätselhaft und etwas unheimlich anmuten. Die steinübersäten, unwirtlichen Ber geshäupter sind durchwegs bewachsen, zum ge-
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