OÖ. Heimatblätter 1980, 34. Jahrgang, Heft 3/4

Der mit dieser Festschrift würdig geehrte Jubilar, Prof. Ing. Franz Maresch, ist jedem Sachvolkskundler, vielen Betreuern heimatkundlicher Sammlungen, jedem Geräteforscher und vielen anderen als Fachmann ersten Ranges auf diesen Gebie ten bekannt. Sein von ihm herausgegebenes ,,Mitteilungs blatt des Arbeitskreises der Betreuer volkskundlicher Samm lungen im Nö. Bildungs- und Heimatwerk - Beiträge zur Sachvolkskunde" wurde zu einem äußerst wichtigen Publi kationsorgan vor allem zu ergologischen Fragen und ist längst nicht mehr auf Niederösterreich beschränkt. Klaus Beitl, der Direktor des österreichischen Museums für Volkskunde in Wien, kann in seiner Laudatio aber noch eine Reihe anderer Verdienste aufzählen. Das vom Herausgeber der Festschrift erstellte Schriftenverzeichnis von Franz Ma resch umfaßt nicht weniger als 375 Titel, die allerdings u. a. auch die Elektropathologie, das ursprüngliche Arbeitsgebiet des Jubilars, betreffen. Die Franz Maresch gewidmeten Fachbeiträge - immerhin 32 durchaus interessante und wertvolle Arbeiten - behandeln vor allem Spezialthemen aus dem Sachgebiet Arbeit und Ge rät, im weiteren auch Einzelbeiträge aus den Bereichen Haus und Hof, Brauchtum, Volksmedizin usw. Manchmal sind es umfassendere Themen (z. B. von Helene Grünn: Hag, Zaun, Gatter und Gattertor), häufiger sind die Beiträge Details ge widmet (z. B. Katharina Dobler: Der ,,Oarkas" und der ,,Oarkasmodel"; Friedrich Thoma: Ein Vorläufer des Trieurs. Zur ersten selbsttätig arbeitenden Getreidereinigungsma schine; Emil Schneeweis: Blitzschlagmarterln im Waldviertel etc.). Wie schon aus den angeführten Beispielen ersichtlich, sind erfreulicherweise auch einige oberösterreichische Autoren vertreten. Es können hier verständlicherweise nicht alle Bei träge einzeln angeführt und schon gar nicht eingehend be handelt werden. Besonders hervorgehoben sei neben der Qualität der Texte auch die Vielzahl an Illustrationen, die in kaum einem anderen ähnlichen Werk erreicht wurde. Das rechtfertigt auch den Preis dieser Festschrift, den es sich durchaus lohnt, für diesen Sammelband auszugeben. D. Assmann Hans Stumbauer, Ernst Bauemfeind: Vom Abbild zur autono men Struktur (= Schulpraktische Veröffentlichungen des Pädagogischen Instituts des Bundes für Oö., Nr. 20). Linz 1978 (Oö. Landesverlag), 144 Seiten, 55 Abb. (und Um schlag- und Rückseitengestaltung). Die eher unauffällige Broschüre erweist sich schon im Titel als Sachbuch und ist eine Fundgrube für den „Bildnerischen Er zieher". Beide Autoren sind „alte Hasen" inbezug auf Schul praxis in der Kunsterziehung, und beide wechselten des öfte ren vom Zeichensaal zum Schreibtisch, um in vielen Veröf fentlichungen Erfahrungen und konstruktive Ideen zum Pro blemkreis ,,Bildnerische Erziehung" schriftlich zu fixieren. Die vorliegende Publikation hat das Naturstudium zum In halt. Vielfach wurde gerade dieses Teilgebiet im Unterricht für Bildnerische Erziehung unter falschen Voraussetzungen gesehen, denn nicht Naturabklatsch sollte gelehrt werden, sondern ein Eingehen auf die Wachstums- und Funktionsbe dingungen der vorgelegten Gegenstände. Nicht die fotografi sche Treue - wie das häufig noch die Meinung der breiteren Bevölkerungsschichten und der Hobbymaler ist -, sondern die Wahrhaftigkeit in der Darstellung der Wirklichkeit ist er strebenswert. Selbstverständlich werden von den Schülern der AHS keine Kunstwerke verlangt - auch eine vielfach noch bestehende Falschmeinung -, sondern neben ihrer eigen schöpferischen (kreativen) Entfaltung die Lernleistung eines Wahrnehmungsprozesses, der vom Sehen zum Schauen und letztlich zur Betrachtung führen soll. Es versteht sich von selbst, daß auf diesem Wege viele Vor- und Zwischenstadien im handwerklichen und geistigen Sinne nötig sind. Eines dieser Zwischenstadien, das Naturstudium, wird in der Broschüre gründlich behandelt. Sie bildet eine Fülle von An regungen aus der Praxis für die Praxis. Die Gliederung in ,,Studienfolgen", die vom Abbild (dem Naturvorbild) zur au tonomen Struktur (dem Erkennen der Wachstumsbedingun gen und Formzusammenhänge) jeweils einen Themenkreis behandeln, entwickelt anschaulich den Fortgang der zeichne rischen Bewältigung und ,,Umsetzung" des Abbildes in ei gengesetzliche Bildgestaltung (z. B. Figur-Grund-Bezug). Klugerweise liegt der Schwerpunkt der gebotenen AbbUdungsbeispiele auf dem Zeichnerischen, also auf SchwarzweißdarsteUungen (vorwiegend Tusche/Feder-Zeichnun gen), was an Schülerzeichnungen demonstriert wird. Auch wurden Fotos und ein Meisterwerk (van Gogh), das die Tex tur des Pinselstriches im Ausschnitt verdeutlicht, einbezo gen. Ich hätte mir noch gewünscht, die Ableitung vom Naturvor bild nicht nur verbal, sondern auch visuell demonstriert zu erhalten, also nicht nur das Endprodukt der Umsetzungspha sen, sondern diese selber in den einzelnen Entwicklungssta dien - den Weg zum Endprodukt der Schülerzeichnung - ver folgen zu können. Auch ein bereits „verfremdetes", weil ge staltetes Foto körmte als Ausgangsobjekt zu Irrtümern füh ren. Ein Wort noch zum Begriff Struktur: Er ist nicht ganz glücklich gewählt, weil unter Struktur etwas in der Natur Gewachsenes, Festgefügtes und nicht dessen gestalterische Veränderung zu verstehen ist. Struktur im gegenständlichen Falle karm nur Bewußtmachung struktureller (dem inneren Bau gemäß) Formzusammenhänge (unter Berücksichtigung von Wachstumsbedingungen) im zeichnerischen Umsetzen des Naturvorbildes (auch „Abbild" ist eine bereits subjektiv gesehene Wiedergabe!) meinen als Voraussetzung zum ei genschöpferischen Gestaltungsprozeß. Eine kritische An merkung sei noch gestattet, die vorsichtshalber als Frage for muliert wird: Besteht nicht die Gefahr, durch zu starke Auflö sungstendenz der Gesamtform in Struktur-Details den Blick für die große Form (Gesamtheit der formalen Gestaltung) zu trüben? Wenn die Antwort lautete, es handle sich hier um ein Teilprogramm zur Formfindung und Ausweitung des Gestal tungs-Vokabulars und nicht nur um eine grafische Spielerei, dann sei sie als bindend anerkannt. Wünschenswert und von nicht zu unterschätzender Bedeutung wäre diese auf dem grafischen Sektor begonnene publizistische Arbeit auch auf dem malerisch-farbigen fortzusetzen, da gerade im Bereich der Bildnerischen Erziehung ein deutlicher Mangel an sach bezogenen, dem Meinungsstreit über Theorien nicht verfal lenen Veröffentlichungen zu vermerken ist. Fritz Feichtinger

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