den Leser heute (wenn es ihn überhaupt jemals interessiert hat), sondern der echte, gefühlsstarke Ausdruck und die mei sterliche Beherrschung der Sprache. Das Interesse des Lesers liegt wieder, wie eigentlich eh und je, beim sprachlichen Können, wie der donnernde Applaus des Publikums bei Os kar Werners Weinheber-Lesung hinreichend bewies. Ein ebensolcher Sprachschöpfer ist Richard Billinger, dessen mythische Wurzeln als Künstler und Dichter im Boden und den Bräuchen seiner oberösterreichisch-innviertlerischen Heimat liegen. Die Kontroverse zwischen Bewahren und Ver ludern im bäuerlichen Bereich sind seine - auch ewig gültigen - Themen. Das Dämonische der Urkräfte und die Sehnsucht nach Erlösung im Heilsgeschehen christlich-katholischer Gläubigkeit bewegen Leben und Dichtung, verdichten sich in seiner Sprache. Die beiden nun vorliegenden Nachlaß-Bände zu den gesam melten Werken Richard Billingers sind im gefälligen, handli chen Format herausgegeben und literarwissenschaftlich sorg fältig betreut und sind - im 2. Band (Dramen 1) - mit einem Vorwort von Hochschulprofessor Dr. Kurt Becsi versehen. Eine saubere und wichtige Arbeit, deren Mühen nicht genug gewürdigt werden kann. Wenn einige kritische Anmerkungen nötig erscheinen, so sind es nur geringfügige Äußerlichkeiten, die vielleicht ein wenig störend wirken könnten: Die Titelei sollte in allen Bän den einheitlich sein, da es sich ja um eine geschlossene und geplante Edition handelt; zu überlegen wäre auch der Sam meltitel, der die ,,Gesammelten Werke" (Stiasny, Graz 1955-1960, zwölf fortlaufend numerierte Bände) berücksich tigen müßte; wenn die Bortenschlager-Ausgabe ebenfalls mit „Gesammelte Werke" betitelt wird, so führt das unweigerlich zu Verwechslungen mit der Stiasny-Ausgabe. Außer, Borten schlager entschließt sich zu einer Ausgabe „Sämtlicher Wer ke", dann müßte die Stiasny-Ausgabe einbezogen werden. Weiters sollte ein Anmerkungsapparat geschaffen werden, der gründlich zu informieren hätte (Hinweise auf Geburts und Sterbematrikeln, Sekundärliteratur, vorhandene Editio nen, deren Bandzahl und Einbegleitungen, Dissertationen u. a., Bortenschlagers Einführungen beweisen die Kermtrüs der Texte anderer Wissenschaftler; er müßte sie zitieren). Ein Sach-, Orts- und Namensregister wäre angebracht, ebenso Erklärungen mundartlicher Ausdrücke. Am Schluß jedes Bandes wäre eine stichwortartige Zeittafel über Bülingers Le ben wünschenswert und ebenso eine gesonderte Bibliogra phie. Das Nachwort sollte unmittelbar auf den Originaltext Billingers folgen, um die Kontinuität von Text und Erklärung zu gewährleisten. Eine kleine Berichtigung sei noch gestattet: Die Original-Ma nuskripte liegen nicht im Adalbert-Stifter-Institut in Linz auf bewahrt wie angegeben wird (Bd. 2, Einleitung, S. 13, Ein führung, S. 16), sondern im ,,Archiv oberösterreichischer Dichter", das in den Räumen des „Adalbert-Stifter-Instituts des Landes Oberösterreich" in Linz, Untere Donaulände 6 (Stifterhaus), untergebracht ist. Begrüßenswert an der Bortenschlager-Ausgabe sind die Ein akter BiUingers, weil sie gute Dramen-Literatur für Amateur theaterbühnen bieten. Alles in allem ein guter Start für das neue Unternehmen, der noch viel Gutes hoffen läßt. Fritz Feich tinger Kurt Wimmer: Liberalismus in Oberösterreich. Am Beispiel des liberal-politischen Vereins für Oberösterreich in Linz (1869-1909) (= Beiträge zur Zeitgeschichte Oberösterreichs, hrsg. V. Oö. Landesarchiv, 6), Linz 1979 (Oö. Landesverlag), 234 Seiten, 18 Abb. S 238.-. Parteiengeschichte ist in Österreich seit eh und je „Mangel ware". Umso erfreulicher ist es, daß für die erste politische Partei im Lande, die 1869 als liberal-politischer Verein ge gründet wurde, eine knappe, aber alle wesentlichen Bereiche umfassende Arbeit vorliegt. Der Band des heute in Graz als Chefredakteur wirkenden Oberösterreichers K. Wimmer war seinerzeit Dissertationsarbeit bei dem ebenfalls aus Ober österreich stammenden Historiker Karl Eder, wurde aber vor der Drucklegung ergänzt und mit einer aktuellen Einleitung versehen. Wimmer schildert sehr lebendig die Bedeutung des politi schen Liberalismus ab 1861, dann die organisatorische Konstituierung acht Jahre später. Insgesamt dauert die Machtposition des Liberalismus durch 23 Jahre zwischen 1861 bis 1884; 16 Jahre stellen sie den Landeshauptmann (1868-1884). Mag auch von Anbeginn an ein nationaler Pathos irmerhalb dieser Liberalen in Oberösterreich unübersehbar sein, so kommt doch der Übergang zu den deutschnationalen und großdeutschen Gruppierungen nach Verlust der absolu ten Mehrheit im Lande (1884) überraschend rasch. Die Auflö simg des Vereins im Jahre 1909 ist eigentlich nur noch eine verspätete Todesanzeige. Immerhin: ausgesprochen liberale Persönlichkeiten gibt es noch bis 1918, mag auch damals Lan deshauptmann-Stellvertreter Dr. Jäger als der ,,letzte Libera le" Oberösterreichs bezeichnet werden. Die Geschichte der Partei und ihrer sehr zahlreichen maßgeblichen Persönlich keiten wird eindrucksvoll dargestellt. Natürlich fehlen auch in diesem Band weder Zeittafel noch Personen- und OrtsregiHarry Slapnicka ]osef Außermair: Kirche und Sozialdemokratie. Der Bund der religiösen Sozialisten 1926-1934 (= Sehr.-Reihe d. LudwigBoltzmann-Instituts für Geschichte der Arbeiterbewegung, 10), Wien 1979 (Europa-Verlag), 235 Seiten. Nach dem Band von Zulehner, „Kirche und Austromarxismus", befaßt sich der oberösterreichische Autor Josef Außermair unter dem sehr ähnlichen Titel ,,Kirche und Sozialde mokratie" mit einer sozialistischen Randgruppe, dem Bund religiöser Sozialisten. Die sehr sorgfältige Arbeit, die die Ent wicklung dieser kleinen Gruppe in den Jahren der Zwischenkriegszeit bis hin zum aufkommenden Nationalsozialismus aufzeigt, stellt gleich einleitend diese Bestrebungen in einen größeren Zusammenhang und verweist auf ähnliche Bemü hungen in der Schweiz und in Deutschland. Leider finden sich kaum Hinweise, inwieweit diese Bewegung in den ein zelnen österreichischen Ländern Fuß faßte. Dies ist allerdings nicht ganz unverständlich, denn man hätte aus den sozialisti schen Landesorganen kleine und kleinste Hinweise mühevoll zu einem Mosaik zusammentragen müssen. Weihbischof Flo rian Kuntner schrieb zu dieser interessanten Abhandlung ein Geleitwort, Josef Weidenholzer ein Nachwort, in dem er „zur Aktualität des religiösen Sozialismus" Stellung nimmt. Harry Slapnicka
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