OÖ. Heimatblätter 1980, 34. Jahrgang, Heft 3/4

nach Auskunft des Ziegelexperten, Schuldirektor i. R. Anton Schirmböck, Wien-Hadersdorf, aus dem 18. Jh. Auf der oberen Fläche sind 100 größere und 100 kleinere Grübchen in Reihen angeordnet (siehe Abb.). Nun hat, bevor es käufliches Saatgut ge geben hat, jeder Bauer sein eigenes Getreide oder auch das seines Nachbarn, wenn dieses beson ders schön war, zum Anbauen genommen. Um zu erfahren, wie keimfähig sein Getreide und der Kleesame ist, nahm der Bauer eine Handvoll sei nes für die Saat bestimmten Getreides und legte in jedes große Grübchen ein Getreidekorn und in jedes kleine ein Kleesamenkorn. Der Ziegelstein mit den Samenkörnern wurde in eine Bratpfanne gelegt, die mit Wasser so weit ge füllt wurde, daß die Versuchsfläche 1 cm über dem Wasserspiegel zu liegen kam. Die Pfanne mit dem Ziegelstein wurde ein bis zwei Wochen auf ein Fensterbrett gestellt und der Sonnenbe strahlung ausgesetzt. Die Samen begannen zu keimen. Durch die Hundertloch-Einteilung erfuhr man mit einem Blick den prozentuellen Anteil an der Keimfähigkeit des Saatgutes. Waren z. B. 87 Körner aufgegangen, so mußte der Bauer statt 100 kg 113 kg Saatgut aufwenden, um einen an nähernd lOOprozentigen Erfolg zu haben. Heute wird die Keimfähigkeit von Getreide zwi schen feuchtem Hießpapier im Brutschrank er probt. Solches Saatgetreide kann über Saatgut genossenschaften bezogen werden. Von diesem Saatgut hat der junge Bauer im Herbst 1974 einen Streifen seines großen Feldes mit Korn angebaut, um alle Arbeitsgänge jener Arbeiten festzuhalten, die nur noch alte Bauers leute von ihrer Jugend her kennen. Es wurde mit dem ,,Saatuch" (Tuch zum Säen = Saattuch) gesät. Es gab auch den ,,Saatsumper", den Saatkorb. Das reife Korn wurde mit der Si chel geschnitten, zu Garben gebunden und im mer neun davon zu Manderln aufgestellt. Nach dem die Garben getrocknet waren, wurden sie auf einen alten Leiterwagen geladen und mit ei nem ausgeborgten Pferd (am Hof gibt es nur noch Traktoren) eingefahren. Die Garben wurden in der „Esen" - auch,,Barken" genannt - im Stadel gestapelt. Im Spätherbst, als die Arbeit draußen zu Ende war, wurden die Garben auf den hölzernen Ten nenboden gelegt und mit dem Drischel ausge droschen. Aus dem leeren Stroh wurden ,,Schab" gemacht, die man zum Decken der Strohdächer brauchte. Alle diese Arbeiten sind von dem jungen Bauern in Film und Ton aufgenommen und von mir in Dias festgehalten worden, um vergessene Ar beitsabläufe der Nachwelt zu erhalten. Ich hoffe, dieses seltene Stück bäuerlichen Erfin dergeistes erhalten und es als Leihgabe im Hei mathaus Bad Hall und Umgebung ausstellen zu können. Fritz Thoma

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2