OÖ. Heimatblätter 1980, 34. Jahrgang, Heft 1/2

manchmal im Schatten bekannterer Landschaften steht. Der Beitrag „Schlierbach in alten Ansichten" bringt auch einige bisher unveröffentlichte Darstellungen des kleinen Zister zienserstiftes. - Heft 3 ist dem Oö. Volksbildungswerk imd seinen vielfältigen Aufgaben und Agenden gewidmet. In der Rubrik Landeskunde (deren Entwicklung in Oberösterreich im Schwerpunktthema kurz skizziert wird) sind „Die Kämpfe im Mühlviertel 1809" lokalgeschichtlich besonders interes sant. Der Bericht über „Neue Kulturaktivitäten des Landes Oberösterreich" von Landeshauptmann Dr. Josef Ratzenböck ist ein stolzer Leistungsbericht unseres Kultirrreferenten. - Heft 4 dient der Einführung auf die 1000-Jahr-Feier der Stadt Steyr im heurigen Jahr. Nicht widerspruchslos dürfte gleich der erste Beitrag, ,,Der Panther - das alte Wappentier der Traungauer als heraldisches Wahrzeichen der Stadt Steyr" bleiben, nach dem die Steyrer Stadtfarben blau (statt grün)- weiß sein müßten. Auch die übrigen Beiträge bringen viel Neues über die Eisenstadt; sie reichen von den Anfängen der Stadt bis zu gegenwärtigen Problemen, darunter ,,Die Krise unserer Altstadt" von Landeshauptmann Dr. J. Ratzenböck. - Die meisten Beiträge dieses Jahrgangs wären es wert, einge hend behandelt zu werden, doch würde dies zu sehr den ge wohnten Rahmen sprengen. D. A. Ernst Kore/; Die Gezeiten meines Lebens. Mit einem Vorwort von Bundeskanzler Dr. Bruno Kreisky. Wien-München 1980 (Verlag Jugend und Volk), 553 Seiten. S 598.-. Die Flut von Memoiren, die in letzter Zeit den Büchermarkt überschwemmt, berechtigt eine abwehrende Skepsis. Erinne rungen haben meist allzu persönlichen Charakter und erhe ben sich selten zu allgemein gültigen Aussagen breitgestreu ten Interesses. Kaum werden von den Memoiren-Autoren Berichte oder Erlebnisse (gesellschaftliche und/oder politi sche) durch zeitbezogene Dokumentation belegt. Erst dann können aber Memoiren auch von wissenschaftlichem Inter esse sein, wenn ihre Aussagen - in zeitgeschichtlichem Zu sammenhang gesehen - überprüfbar sind. Ein genauer An merkungsapparat muß die Dokumentar-Information über nehmen. Eine rühmliche Ausnahme bilden „Die Gezeiten meines Le bens" von Altbürgermeister Hofrat Dr. Emst Koref. Von ei nem altbewährten und präzise denkenden Politiker höchsten Ranges ist auch nichts anderes zu erwarten. Er belegt seine Erinnerungen an vielen Stellen durch Hinweise und Zitatio nen, entweder auf die (und von den) Schriften und Publika tionen anderer Politiker-Kollegen oder auf (und von) Zei tungsberichten und -notizen. Was aber das besondere Vergnügen der Koref-Memoiren ausmacht, ist die sprachliche Meisterschaft, mit der sie ge schrieben sind. Der Germanist, Philologe und Humarust Ko ref zieht alle Register seiner humanistischen BUdung, wenn gleich auch der StU fallweise etwas antiquierte Sprachfloskeln aufweist. Trotz dieser geringfügigen Kritik ist es erstaunlich, wie lebendig der Geist dieses nunmehr fast neunzigjährigen Mannes geblieben ist, der seine Memoiren erst mit fünfund achtzig zu schreiben begann, ein Beweis dafür, daß geistige Betätigung auch den Körper jung erhält. über die lokalpolitische Situation in Linz hinaus versteht es der Autor auch ,,österreichbezogen" zu denken und zu han deln und dadurch das allgemeine Interesse zu wecken. Seine ,,Gezeiten" sind eine Fundgmbe zeitgeschichtlicher Bezugs punkte. Natürlich nimmt die Haltung des ,,gelemten Soziali sten" Koref und seine politische Entwicklung (der auch un verhohlen seine Parteifreunde kritisierte, wenn es not tat) ei nen bedeutenden Raum und oft sogar einen leichten Über hang (im Verhältnis zu den politischen ,,Gegnern") ein und reicht vom Werdegang des Politikers, über die sozialdemo kratische Bildungsarbeit und den 12. Februar 1934 bis zum Anschluß Österreichs an Großdeutschland und die Geburt der Zweiten Republik. Aber erst die Nahsicht seit der Wahl zum Bürgermeister des „Linz im Jahre Null" bringt dem Leser das unmittelbare Erleben seit 1945 nahe. Lebendig und - was Koref besonders auszeichnet -luoworiwi/ wird der Wiederauf bau - wirtschaftlich und kulturell - geschildert. Es sei in die sem Zusammenhang nicht unerwähnt, daß die Ära Gleißner-Koref für Oberösterreich eine der fruchtbarsten gewesen ist und ein gegenseitiges ,,Befetzen" der Politiker im heutigen ünstil nie möglich gewesen wäre. Gegenseitige Achtung und humorvolles Aufeinandereingehen waren menschliche Grundvoraussetzungen der politischen Tätigkeit. So kreierte (angeblich) der damalige Landeshauptmann Dr. Gleißner aus Anlaß der Ablegung der Führerscheinprüfung des siebzigjäh rigen Dr. Koref folgende ,,Warnung": ,,Mütter, sperrt die Kinder ein, der Koref hat den Führerschein!"* Zum Aufbau der ,,Gezeiten" wäre zu sagen, daß bei der Schilderung im allzu persönlichen Bereich (Kindheit, Erster Weltkrieg) eine gewisse Straffung sicher nicht unvorteUhaft gewesen wäre, üngünstig ist auf jeden Fall der verhältnismä ßig hohe Preis des Werkes, der einer wünschenswerten wei ten Verbreitung des Buches entgegensteht. Alles in allem ein gutes und wichtiges Buch, das besonders der Jugend unter den Lesern als Lektüre empfohlen sei, um ihr zu zeigen, wie wichtig im menschlichen Zusammenleben Toleranz, Rücksichtnahme und humanistisches (und nicht nur revoluzzermäßiges) Gedankengut ist, wie es Dr. Koref in seinem fast neunzigjährigen Leben - er wurde am 11. März 1891 in Linz geboren - immer wieder unter Beweis gestellt hatte. Sein ,, Vermächtnis" schließt Koref mit einem Wort von Brecht: ,,Kein Weg ist so schwer wie der Vormarsch zurück zur Vernunft." Fritz Feichtinger Das Jahr 1848 in Oberösterreich und Hans Kudlich. Berichte und Reflexionen. Hrsg. vom Amt der oö. Landesregierung, Kulturabteilung, Linz 1978 (in Komm. b. Oö. Landesverlag), 117 Seiten mit 35 Abb., 1 Zeittafel. Das Jahr 1978 hatte mancherlei Gelegenheit geboten, sich der bedeutenden Vorgänge zu erinnern, die sich 130 Jahre zuvor ereignet hatten. Von den Brandungswellen der Revolution war nicht allein Wien erfaßt worden und der angestrebte ümPersönliche Mitteilung des Autors an den Verf. im Som mer 1978 in Seewalchen am Attersee.

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