nen Beichtzettel vorweisen, so mußte er am näch sten Tag zu Hause bleiben und arbeiten. In einem kleinen Landdorf machte der Pfarrer trotz seines ho hen Alters noch immer Dienst, weil kein junger Geistlicher in die einsame Gegend gehen wollte. Er sah schon sehr schlecht und so erkannte er seine Beichtkinder im Beichtstuhl nicht. Damit er aber wußte, wer bei der Beichte war, bekam ein jeder einen Beichtzettel mit dem Bild der ,,Gotischen Madonna", die in der Kirche steht. Damit er aber kontrollieren konnte, ob ein jeder beichten war, mußten sie den Beichtzettel zwischen die Finger der gefalteten Hände nehmen, werm sie die Kom munion empfingen. Der junge Sepp vom Leitenbauer ist ihm aber doch durchgeschlüpft, er hat sich den Beichtzettel vom letzten Jahr zwischen die Finger geklemmt, denn er wollte dem Pfarrer seine Sünden vom Fensterlngehn nicht wieder beichten, sonst hatte er ja nichts angestellt. Und voriges Jahr mußte er wegen des 6. Gebotes einen ganzen Roserücranz als Buße beten. Da die Frauen immer schlauer sind als die Män ner und es bestimmt aufgefallen wäre, wenn die Mizzerl nicht zur Beichte gegangen wäre - sie war ja bei der Jungfrauen kongregation -, hat die Mizzerl alles gebeichtet, nur von Nachbars Sepp wollte sie nicht erzählen, daß er so fleißig Fen sterin kam. So hat sie am Schluß besonders laut gesagt, danüt es der Pfarrer bestimmt hört, ich habe gelogen. Der Pfarrer hat ihr wegen diesem Gebot, der Lüge, eine besondere Lehre ge halten. Wenn auch jeder, das Beichtkind und der Beichtvater, etwas anderes gemeint hat, bekam Mizzerl die Absolution, drei Vaterunser als Buße und ihren Beichtzettel. In den Städten und Märkten wurde auch in der Hausgemeinschaft der Handwerker besonderer Wert darauf gelegt, daß man die österlichen Pflichten erfüllte. War auch der Meister in der Werkstatt der erste, so war es in der Hausge meinschaft meistens die Meisterin, die das Kommando führte und für Recht und Ordnung sorgte. So mußten die Gesellen, die Lehrlinge, das Hauspersonal und selbst der Meister den Beichtzettel der Meisterin vorweisen. Es fiel nicht immer leicht, dem Pfarrer, mit dem man beisam men am Stammtisch gesessen oder Tarock ge spielt hatte, nun seine Sünden zu beichten. Zum Beispiel mag es dem Schustermeister schwerge fallen sein, der bei der letzten Schuhprobe bei der Gräfin sehr lange warten mußte und- um die Zeit zu überbrücken - mit dem Stubenmädchen pous siert hatte; das wollte er nicht gleich seinem Pfar rer beichten. Da er aber einen Beichtzettel für die strenge Meisterin brauchte, besorgte er sich einen bei einem Dienstmann, die immer für gutes Geld solche bereit hatten. Um diese Zeit hatten die Dienstmänner immer reichen Verdienst, weil es stets Leute gab, die einen Beichtzettel brauchten, aber nicht gerne zur Beichte gingen. Die Kontrolle über die abgelegte österliche Beichte war auch nach dem Ersten Weltkrieg in manchen Familien sehr genau. So auch bei den Bediensteten eines Klosters. So ist mir bekannt, daß die Frau des Schaffers eines Klosters nach Ostern zu allen Bediensteten gegangen ist, um sidr den Beichtzettel zeigen zu lassen und den Betreffenden in der Liste streichen zu können. Hatte einer die österliche Beichte versäumt, mußte er diese noch unbedingt nachholen, um nicht in die Gefahr zu geraten, aus der Arbeits gemeinschaft im Klosterbereich ausgeschlossen zu werden. Es gibt keine genauen Unterlagen, aber auf Grund meiner Nachforschungen ist der Beginn der Einführung des gedruckten Beichtzettels in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu suchen (vgl. Textbild 1)^. Der älteste Beichtzettel meiner Sammlung stammt erst aus dem Jahre 1789 (siehe Abb. 1), und zwar aus dem Wallfahrtsort Maria zell. Zumeist war es so, daß die ersten drei Zahlen (z. B. 164., 178. usw.) vorgedruckt waren und darauf das jeweilige Jahr in diesem Jahrzehnt handschriftlich eingesetzt wurde, darunter häu fig die Unterschrift des Beichtvaters. Waren es zuerst die Stifte und die Wallfahrtsorte, die Beichtzettel ausgaben, so wurden sie später - je nach der finanziellen Lage der einzelnen Pfarr herren - auch in allen anderen Pfarren einge führt. Beichtzettel gibt es bis heute, es gab sie auch im Ersten (vgl. Textbild 5) und Zweiten Weltkrieg. Examen paschale in parochia St. Marienkirchen ad Oen. 1914. Aus der Zeit des Ersten Weltkrieges ist einer er halten, der an der Front ausgegeben wurde (vgl. ^ Für den Flinweis auf ältere Beichtzettel in Oberösterreich danke ich Herrn OStR Dr. Rudolf Ardelt, der mir auch ver schiedene Ablichtungen (vgl. Textbild 1 und 2) zur Verfü gung stellte.
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