nac±idem sich das erste Erstaunen über das Inter esse an einem so selbstverständlichen und übli chen Brauch gelegt hatte. In fast allen Fällen wurde auf weitere Bekannte und Freunde ver wiesen, die ebenfalls etwas dazu wüßten. Oft mals wurde im Lauf der Befragung von weiteren Bräuchen gesprochen oder von besonderen Er eignissen aus der Orts- und Familiengeschichte berichtet. Die Übereinstimmung der Antworten zu den Fragen lag innerhalb der zu erwartenden Gren zen, so daß die Richtigkeit des Befragungsergeb nisses für den erfaßten Kreis als gegeben ange nommen werden kann. Nur bei der Frage nach der räumlichen Verbreitung des Brauches tauch ten erstaunliche Widersprüche auf. Eine telefonische Kurzbefragung sollte in diesem Punkt Klarheit schaffen. Dafür wurden an Hand der Landkarte von Oberösterreich und des Tele fonbuches die zu Befragenden nach zwei Ge sichtspunkten ausgewählt: a) Geographische Lage des Ortes. Ausgegangen wurde von den Orten des Mühlviertels, in denen der Brauch aus eigener Erfahrung und nach zu verlässigen Aussagen noch lebendig ist. In Schritten von 10 bis 20 Kilometer von Westen nach Osten und von Norden nach Süden wurden die zu befragenden Orte festgelegt, so daß eine weitgehend lückenlose Abdeckung des Gebietes erreicht wurde. b) Als Schlüsselpersonen wurden Gastwirte, die möglichst eine Metzgerei und einen Viehhandel hatten, gewählt. Die erste Frage lautete:,,Kennen Sie den Brauch des Saukopfstehlens? Gibt es den Brauch bei Ih nen noch?" Fiel die Frage bejahend aus, wurde noch eine Kontrollfrage gestellt, um sicher zu sein, daß der Befragte auch wußte, wovon ge sprochen wurde: ,,Wie wird bei Ihnen der Sau kopf zubereitet?" Deckte sich die Antwort mit dem zu erwartenden Ergebnis, wurde das Vor handensein des Brauches als weitgehend gesi chert angenommen. Der Name des Brauches Im gesamten Befragimgsbereich wurde vorwie gend die Bezeichnung „Saukopfstehlen" ver wendet. In Ausnahmefällen, im östlichen Bereich des Mühlviertels, sagt man ,,Sauschädelstehln". Die Gesprächspartner wechselten aber ohne wei teres während der Unterhaltung auf den allge mein üblichen Namen über. Es war jedoch zu beobachten, daß für den Begriff ,,Saukopf" häufig ,,Sauschädel" verwendet wurde. Auch das Wort ,,Schädel" allein wurde gelegentlich, obwohl länger, im Gespräch an stelle von Kopf verwendet. Das Alter des Brauches Es gibt keinerlei zuverlässige Quellen, die über das Alter des Brauches berichten. Die herangezo genen Standardwerke über Volksbräuche im deutschen Sprachraum erwähnen das,,Saukopf stehlen" nicht. Dabei ist erstaunlich, daß sonstige Stehlbräuche, wie Maibaumstehlen, Brautsteh len und Firstbaumstehlen häufig und teilweise sehr ausführlich beschrieben werden. Friess^® schreibt in seinem Bericht über das Sau kopfstehlen in Niederösterriech, daß die Erinne rung der älteren Leute bis etwa 1880 zurückreicht und auf Grund mündlicher Auskünfte das Sauschädelstehlen schon in dieser Zeit nachweisbar sein dürfte. Die jetzigen Befragungen ergaben, da seit dem Bericht von Fries etwa ein Vierteljahrhundert vergangen ist, naturgemäß jüngere Daten als früheste Begrenzung. Die meisten Antworten bezogen sich auf die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen als ältester Erinnerung, einige be richteten vom Beginn des Saukopfstehlens aus der Zeit zwischen der Jahrhundertwende und dem Beginn des Ersten Weltkrieges. In nur zwei Fällen wurde aus Erzählungen älterer Befragter berichtet, daß der Großvater von die sem Brauch berichtet habe. Der Versuch einer Datierung dieser Erzählungen führt etwa in die Zeit von 1870 bis 1880 zurück, wobei die Unsi cherheit bei diesen Jahreszahlen bereits sehr groß ist. Der eine der beiden Berichte stammt aus dem InnvierteP^, der andere aus dem MühlvierteP''. Nimmt man die Angabe von Friess aus Nieder- " Wie Anm. 7. " Angaben von Kons. OSR. Schönecker Josef, Taufkirchen ' an der Pram, vom 7. September 1977. " Angaben von Altbürgermeister Franz Raab, Pfarrkirchen i. M., vom 1. September 1977.
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