Dieb ebenfalls keine Hindernisse in den Weg le gen. Zu 2. Hier liegt der erste entscheidende Unter schied, denn in Nordösterreich steht noch immer der Gegensatz Dieb - Bestohlener oder Täter - Opfer im Mittelpunkt des Brauches. Zu 3. Die Verlagerung eines Teiles der Handlung, des Saukoptessens, in das Wirtshaus, scheint auch im nördlichen Österreich unaufhaltsam. Als Grund für diese Änderung geben die Beteiligten die,,viele Arbeit für die Bäuerin bei so vielen Gä sten" an. Es mag hinzukommen, daß die Rege lung der Kosten im Wirtshaus einfacher ist. Zu 4. und 5. Der Spielfreude im Charakter und Temperament der Südösterreicher kommt die Ausweitung des alten Brauches zu einer komisch-parodistischen Gerichtsverhandlung ent gegen, ebenso die Freude am Maskieren und an öffentlicher Darstellung. Aus Fischbar, Bezirk Weiz, wird u. a. berichtet, daß die Diebe sich dumm stellen, um die Verhandlung zu erschwe ren. Hier werden offensichtlich die Diebe ange klagt, im Gegensatz zum nördlichen Kärnten, wo der Bestohlene verurteilt wird. Die Strafe lautet: Arrest im Saustall. In Hochfeistritz, Bezirk St. Veit an der Glan, führt ein Richter die Ver handlung und wird von zwei Beisitzern und ei nem Schreiber unterstützt. Die Hauptschuldigen und Mitschuldigen (Diebe oder Bestohlener?) müssen als Strafe einen angemessenen Geldbe trag erlegen. Mit diesen Erträgen wird die Veran staltung (Musik, Tanz, freies Essen und Trinken) finanziert! Zu 6. Bisher sind im nordösterreichischen Ver breitungsgebiet Tanzveranstaltungen im An schluß an das Saukopfessen kaum bekanntge worden. Die entsprechenden Fragen wurden insgesamt verneinend beantwortet. Eine Aus nahme stellte das Silvesteressen beim Gierlinger in Schlag/Pfarrkirchen dar. Zu 7. Im gesamten Verbreitungsgebiet geht der Einfluß der Burschenschaften zurück. Die enge örtliche Bindung wird durch Motorrad und Kraftwagen geringer. Die Arbeit als Pendler in den Gewerbe- und Industriezentren lockert das Zusammengehörigkeitsgefühl noch mehr. An die Stelle der Burschenschaften scheint im ländli chen Raum die alle Altersgruppen umfassende ,,Nachbarschaft" zu treten, die durch die Motori sierung nicht mehr an Gemeinde- oder Pfarr grenzen gebunden ist. Hier finden sich Verlage rungen zu anderen Organisationen, unter denen die Musikkapellen und die freiwilligen Feuer wehren mit ihren Wettbewerben und über die Bezirksgrenzen hinausreichenden Verbindun gen besonders zu beachten sind. Untersucht werden sollte auch die RoUe der überörtlichen Fremdenverkehrsverbände, der Chöre, der Volkshochschulen, Fortbildungs- und Berufs verbände, die dank der gewonnenen Beweglich keit ihrer Mitglieder großräumig neue Verbin dungen eingehen. Damit endet das enge Zu sammengehörigkeitsgefühl der örtlich eng um grenzten Dorfgemeinschaft und verlagert sich in andere Gruppenschichtungen. Zu 8. Die Brauchtumsausbreitung und das Brauchtumsstreben wird durch die Motorisie rung erleichtert. Diese Erscheinung können wir in gleicher Weise im nord- und südösterreichi schen Verbreitungsgebiet feststellen. Aus heutiger Sicht, bei der im Verhältnis zum Tier der Gesetzgeber das Tierschutzgesetz als früher unbekannte Größe unausweichlich ins tägliche Leben einbrachte, erscheint die Bestra fung des Täters (= des Schlachtenden) sinnvoll und logisch. Oder kehren hier auf dem Umweg über einen Faschingsbrauch Sühnevorstellungen zurück? Ist der Schuldgedanke gegenüber dem getöteten Tier ein Ergebnis christlicher Denkwei se^''? Oder wird diese überraschende Kehrtwen dung im Rechtsdenken - nicht der Dieb, sondern der Bestohlene wird in den Kärntner Gerichtsver fahren bestraft - aus den gleichen Quellen ge speist, die uns in der Volkskunst so ergötzliche Darstellungen der ,,verkehrten Welt" schuf: der Hase schießt auf den Jäger, Tiere jagen den Men schen, das Schwein schlachtet den Bauern? Untersuchung des Brauches Als Grundlage wurde ein Fragebogen mit 30 Fra gen ausgearbeitet. Er entstand aufgrund erster Gespräche mit einigen am Brauch beteiligten Per sonen. Bemerkenswert war die freundlich-aufge schlossene Hilfsbereitschaft aller Befragten, " Blankenburg, Wera v.: Heilige und dämonische Tiere, Köln 1975, S. 157-159.
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