cherten Schweinskopfes ein Bratel (Schweinsbra ten) aufgetischt wird." Brauchwandel Eine Brauchwandlung vom Saukopfessen zum Sauschädelball zeichnet sich in Kärnten und der Steiermark ab. Helmut Prasch hebt hier als Be sonderheit hervor, daß der Kopf im nächsten Wirtshaus ausgekocht wird^^. Der bis dahin nichtsahnende Besitzer (der Bestohlene) findet sich als Eingeladener unversehens in der Rolle eines Angeklagten. Im Wirtshaus warten auf ihn der Staatsanwalt als Ankläger und ein Richter, wobei es sich hier um Gäste mit besonderen schauspielerischen Fähigkeiten handelt, die die entsprechenden Rollen übernehmen. Der Be stohlene wird zur Zahlung der Zeche wegen Fahrlässigkeit, Gefährdung der körperlichen Si cherheit, Mord, Mangel an Aufsicht und Verge hen gegen die Tierrechte zeremoniell verurteilt. Aus Annabichl bei Klagenfurt berichtet der ,,Saukopfrichter" Ferde Tengg in der Heimatbei lage einer Tageszeitung^^ von der Sitzung des ,,Bezirksgerichtes für Saukopfdiebe und andere Schweinereien". Außer dem Richter gehörten der Staatsanwalt, die Gerichtsschreiberin, der Amtsgendarm sowie der Hauptangeklagte und die „unzähligen" Mitangeklagten dazu. Der Verteidiger des Hauptangeklagten konnte im Verein mit dem Staatsan walt nachweisen, daß einer allein die Tat, der Sau Fanny den dazugehörigen Kopf hinterträchtig und gewaltsam zu enteig nen, unmöglich hätte durchführen können. Den Hauptschuldigen verurteilte das Gericht zum Trinken eines halben Liter Weines. Auf Einspruch des Staatsanwaltes wurde die Strafe jedoch in einen halben Liter Wasser umge wandelt, weil für den Angeklagten die Wein-Strafe eine Be lohnung gewesen wäre. Der Angeklagte nahm die Strafe an, ebenso der Bürgermeister, der zur Bezahlung von zwei Liter Wein verurteilt wurde. Begründung: durch die Schaffung all gemeinen Wohlstandes habe er den Übermut der Angeklag ten gefördert, durch hervorragend ausgebaute Gemeinde straßen den lautlosen Abtransport des gestohlenen Saukop fes ermöglicht und durch Gratisbeleuchtung der Straßen den Diebstahl unterstützt. Die anwesenden Gemeinderäte muß ten dem Gericht an Ort und Stelle einen Liter Wein zahlen, alle übrigen Anwesenden ein Bier als Strafe. Danach begann die Musik zu spielen und die zwölf vorhan denen Schweinsköpfe und die Würsteln waren im Nu ver zehrt. Diese Art der Brauchübung erleichtert es geschickten Fremdenverkehrsfunktionären sicher, eines Tages das Saukopfstehlen als Besucherattraktion einzuführen. Dadurch, daß die Gerichtsverhandlung in den Brauch eingeführt wird (seit wann und wo zu erst?), verschiebt sich im südlichen Österreich der Brauch immer mehr zu einer Faschingsveran staltung. Damit löst sich der Ursprungsbrauch vom Schlachttermin und bindet sich an einen Fa schingsball. Auch das Stehlen tritt augenschein lich in den Hintergrund, wie Franz Grieshofer im Kommentar zum Faschingsbrauchtum in öster reichischen Volkskundeatlas schreibt^^. Er führt dafür folgende Gründe an: 1. Der Saukopf wird mit Einverständnis des Be sitzers ,,gestohlen", 2. die Burschen werden von Braucharrangeuren als Täter abgelöst, 3. die Handlung verlagert sich von der Bauern stube in den Wirtshaussaal, 4. der Saukopf wird geschmückt und von eini gen Maskierten (Richter, Gendarm, Diebe) im Umzug zum Veranstaltungsort gebracht, 5. in einer öffentlichen Gerichtsverhandlung werden die Schuldigen, allen voran die Besitzer, verurteilt, 6. im Anschluß daran folgt der ,,Sauschädel ball", eine Tanzunterhaltung, 7. der Burschenschaftsbrauch entwickelt sich zum Nachbarschaftsbrauch, 8. der ,,SauschädelbaU" wird als Brauch von an deren Gemeinden bzw. Orten übernommen. Ein Vergleich der einzelnen Punkte zwischen dem nordösterreichischen Verbreitungsgebiet (Oberösterreich, Salzburg, Teile von Nieder österreich) und dem südösterreichischen (Kärn ten, Steiermark, angrenzende Gebiete des Bur genlandes) zeigt: Zu 1. Das Einverständnis des Besitzers kann auch in Nordösterreich gegeben sein, wenn z. B. wie in Lembach ein finanzieller Ausgleich erwartet wird. Wenn der Bestohlene Freude an der nach barschaftlichen Geselligkeit hat, wird er dem Wie Anm. 6. Tengg, Ferde: Da lachte sogar der gestofüene Sauschädel. Brauchtumspflege auch in Klagenfurt; ,,Volkszeitung" vom 25. Februar 1979. " Grieshofer, Franz: österreichischer Volkskundeatlas „Fa schingsbrauchtum", 5. Lfg. (1974), Bl. 90, Sauschädelball(schmaus) mit Gerichtsverhandlung zwischen Völ kermarkt, Wolfsberg und Judenburg; dazu Kommentar S. 57-59.
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