OÖ. Heimatblätter 1980, 34. Jahrgang, Heft 1/2

kündigt, daß es nach dem Essen noch eine Über raschung geben würde. In der Wohnküche der Gastgeber brutzelte der Braten im Herd, als wir den Raum betraten. In L-Form standen aneinandergereihte Tische an zwei Seiten des Raumes, der insgesamt etwa 28 Quadratmeter groß war. Zweiundzwanzig Personen fanden Platz. Ein halber Saukopf wurde serviert. Die Beilagen zum Fleisch ent sprachen denen der Gastwirtschaft. Getränke brachten die Gäste mit. Es wurde fröhlich geges sen, getrunken, erzählt und gescherzt. Nicht lange nach dem Essen erschien die geheimnisvoll angekündigte Überraschung: eine Dreimannka pelle (siehe Abb. 5). Nach kurzer Stärkung legten Trompete, Tuba und Harmonika aus Leibeskräf ten los und schnell faßte der erste Tänzer Mut. Die Musik spielte die Tänze, die bei ländlichen Festen üblich sind®. Später gab es Tanzspiele und unbemerkt hatte das neue Jahr begonnen. Wir waren hineingetanzt ohne die in den Städten oft verkrampft-rührselige Mittemachtsstimmung. Saukopfessen beim Gastwirt Scherrer, Pfarrkirchen Den in Putzleinsdorf gestohlenen Saukopf brachte der Dieb zum Gasthaus Scherrer in Pfarr kirchen. Es war, wie zumeist, nur ein halber Kopf. Eduard Anreiter hatte ihn gestohlen, weil schon ein anderer halber Kopf beim Gastwirt ge legen sei. Diesen Diebstahl hatte Pauli in der Ort schaft Hameth begangen. Beide Kopfhälften würden für ein großes Essen reichen. Schon am nächsten Sonntag um 8 Uhr abends fand es statt. Wie ich hörte, war dort noch eine dritte Saukopf hälfte eingetroffen. Diese verschwand wieder auf ungeklärte Weise aus der Gefriertruhe des Gast hofes und tauchte auch nicht wieder auf. In der Küche begutachteten wir den Stand der Zubereitung. In einem mächtigen Kochtopf bro delte eine duftende Brühe, verfeinert durch aller lei Wurzelwerk und eine kräftige Portion Pfefferkömer. Darin schwammen in großen Fleischund Fettstücken die Teile des Saukopfes (siehe Abb. 6). Weil die beiden Kopfhälften arg fett ge wesen wären, gäbe es heute Krenfleisch, erklärte die Wirtin, die sich daran machte, die Stücke in kleine Scheiben zu zerschneiden. Neben dem Kochtopf stand eine große Pfanne, in der eine Bratenfett- imd Zwiebelmischung unter ständi gem Umrühren leise vor sich hinsiedete. Sie wurde die Grundlage für Bratkartoffeln, die als Beilage zusammen mit Krautsalat gereicht wer den sollten. Inzwischen hatte sich die gemütliche Gaststube gefüllt. Alles zusammen 49 Personen, die von zwei halben Sauköpfen satt werden sollten. Und sie wurden satt. Beim Auftragen des Fleisches begannen alle Augen zu tränen, denn frisch ge schnittener Kren lag dick gestreut auf dem Fleisch. Weitere Schüsselchen damit wurden nachgereicht. Jeder säbelte sich ,,a paar Bröckerl" Fleisch aus der Schüssel, füllte einen Berg Brat kartoffeln auf den Teller und häufte eine pas sende Menge Krautsalat dazu. Es war ein kräfti ges, bäuerliches Essen, zu dem Bier getranken wurde. Auf die Frage nach der Bezahlung erklärte man mir, daß das Essen umsonst sei, aber die Ge tränke müßten natürlich bezahlt werden. Bald nach dem Abräumen der leeren Teller und Schüsseln (nur Bratkartoffeln blieben reichlich übrig) sammelte ein Gast im Hut für den Wirt ei nen kleinen Kostenbeitrag ein. In der Gegend des Urlflusses in Niederösterreich werden Krapfen oder Schober (Gugelhupf), der unerläßliche Most und Tee zum Schweinskopf gereicht^o. Es gibt hier noch andere Zubereitun gen. „Wenn die für das Stehlen verantwortliche Bäue rin den Schweinskopf zu Bratwürsten verarbei tet, dann legt sie die Würste auf ein Brett und garniert sie ringsherum mit verschiedenen ungekochten Gemüsen, wie Karotten, Petersilie, Sel lerie und außerdem mit den zum Braten notwen digen Schweinefett. Zuweilen richtet sie aus den Abfällen des Schwetnskopfes eine Suppe zu recht, mit der gleichfalls die Gäste des Schweins kopfbesitzers bewirtet werden. - Ist aber der ge stohlene Schweinskopf sehr groß, dann wird er erst in geräuchertem Zustand dem rechtmäßigen Eigentümer überbracht, der dann in oben ge schilderter Weise für die Nachbarn ein Essen ver anstaltet, bei dem allerdings an Stelle des geräu- ' Egger, Gerald: Die „Rockaroas" im unteren Mühlviertel; Oö. Heimatblätter, Heft 1/2, 33. Jg. (1979), S. 55-62. 10 Anm. 7.

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