OÖ. Heimatblätter 1980, 34. Jahrgang, Heft 1/2

sein, während der folgenden Zeit in den Wirts häusern damit aufgezogen zu werden. Am be sten ist diese Schande durch einen erfolgreichen Diebstahl wieder abzuwaschen. Selbst wenn der Diebstahl glücklich verlaufen ist, kann der Dieb noch nicht ruhig sein, denn der Bestohlene hat oft einen Verdacht, wem er den Ver lust zu verdanken hat und versucht, seinerseits den Kopf zmückzustehlen. Darum ist der Sau kopf selbst in der Tiefkühltruhe des Wirtes, bei dem das Essen stattfinden soll, nicht sicher. Umstände und Einzelheiten erfolgreicher Sau kopfdiebstähle werden immer wieder erzählt. In Oberkappel, so erzählt der Wagner Josef Miggisch, saßen mehrere Burschen beisammen. Ei ner wußte, daß in der Mühle geschlachtet worden war. Die zerteilten Stücke der Sau lägen zum Auskühlen noch im Hof. In stockdunkler Nacht machte sich die ganze Gesellschaft auf den Weg und schlich mit vieler Mühe und unter größter Vorsicht in den Hof, wo sie die geschlachtete Sau mehr erfühlten als fanden. Mit der Beute ins Licht der Wirtsstube zurückgekehrt, stellten die Täter unter großem Gelächter fest, daß jeder den er beuteten Teil für den Saukopf gehalten hatte und so fast die ganze Sau in Einzelstücken ins Wirts haus gewandert war. Man beschloß natürlich, am nächsten Morgen, außer dem Sauschädel, alles andere Fleisch zurückzubringen. Aber der Besit zer entdeckte noch vorher das Verschwinden der Sau und lief zur Gendarmerie. Nur mit viel Mühe konnte eine Polizeiuntersuchung verhindert werden. Dieser Fall gehört zu den seltenen Saukopfdieb stählen, bei denen die Gefahr des Eingreifens ei ner Behörde bestand. Unser Stehlbrauch wird kaum je mißbräuchlich ausgeübt®. Der Dieb oder die Diebe stehlen nie bei jemand, der das Schä delfleisch selbst nötig hat. Gestohlen wird nur dort, wo man beim Bestohlenen auf Verständnis für den Spaß beim anschließenden gemeinsamen Essen rechnen kann. In Lembach hörte ich, daß bei armen Leuten dann gestohlen wird, wenn diese auf eine Geldsamm lung beim Saukopfessen als Ausgleich für den er littenen Schaden hoffen. Der Dieb oder ein ange sehener Gast bittet beim gemeinsamen Essen dann um eine Spende bei den anderen Gästen. Man sagt, daß manch ein Häusler sich deshalb freut, wenn ihm der Saukopf gestohlen wird, weil die Sammlung fast immer mehr an baren Schillingen einbringt, als der Wert des Schädel fleisches ausmacht. Essoll sogar Leute geben, die rechtzeitig überall vom geplanten Schlachten herumerzählen, um einen Dieb ja aufmerksam zu machen und ihn zum Stehlen herauszufordern. Saukopfessen Saukopfessen beim Gastwirt Höglinger, Pfarrkirchen im Mühlkreis Im Jänner 1974 wurden wir dazu von einem Nachbarn eingeladen. In einem Nebenzimmer des Gasthofes war ein langer Tisch für zwanzig Personen gedeckt. Unsere verwunderte Frage, ob so viele Leute mitessen würden und wie viele Sauköpfe denn verarbeitet worden wären, wurde belacht. Mit einem einzigen Kopf einer Zwei zentnersau könne man leicht noch viel mehr Leute sättigen, mußten wir hören. Bald waren alle Plätze besetzt. Aus der Wyrtsstube kamen noch ein paar weitere Gäste. Der Wirt legte zu sätzliche Gedecke auf, bis zweiundzwanzig Per sonen bei Tisch saßen. Ein halber gebratener Saukopf wurde auf einer großen Platte aufgetragen (siehe Abb. 4). Dazu gab es Bratensoße (Saft), Knödel, Kartoffeln und Kraut. Die ausgelösten Fleischportionen waren so reichlich, daß sich alle zweiundzwanzig Teil nehmer satt essen konnten. Die ausgezeichnete Zubereitung wurde, weil als selbstverständlich angesehen, nicht besonders gewürdigt. Dafür wurden aber in der fröhlichen Runde viele An spielungen auf Mißgeschicke anwesender oder auch abwesender Pfarrkirchner gemacht und kräftig belacht. Witze wurden erzählt, Neuigkei ten über Verwandtschaft und Bekanntschaft aus getauscht. Als der erste ältere Teilnehmer sich verabschiede te, forderten wir beim Wirt die Rechnung, um die bis dahin aufgelaufenen Kosten zu zahlen. Kaum hatte der Wirt den Raum verlassen, begann ein erregter Wortwechsel der uns zunächst sitzenden Gäste, die mit großer Aufmerksamkeit und fin ster werdenden Mienen den Vorgang des Zah lens verfolgt hatten. Der Sinn des verärgerten ® Wie Anm. 4, S. 15 f.

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