wurf dieser Statuten, die auf Grund eines Ministerialerlasses von 1892 übermittelt werden, fin det in Wien wenig Gnade. In einem acht Seiten langen Schreiben des Ministers an den Statthalter wird der Entwurf aus vielerlei Gründen „als nicht zur staatlichen Genehmigung geeignet" bezeichnet und ein bereits genehmigtes Muster statut der israelitischen Kultusgemeinde Schlesi ens beigefügt. Insbesonders wird in der ministe riellen Stellungnahme - aus nicht unverständli chen Gründen - kritisiert, daß der Umfang des Gemeindegebietes der Kultusgemeinde nicht umrissen sei, auch sei die Verpflichtung der Kul tusgemeinde, die sich vorwiegend auf das Stadt gebiet von Linz bezieht (Gottesdienst, Religions unterricht usw.) zu eng gezogen, während sich die Verpflichtung der Kultusgemeinde auf das gesamte nunmehrige bzw. künftige Gemeinde gebiet, also auf fast ganz Oberösterreich und ganz Salzburg beziehen müßte^^. Am 30. Jänner 1894 legt der Vorstand der israeliti schen Kultusgemeinde Linz-Urfahr (Ignaz Hahn) einen neuen Entwurf vor. 1892 hatte das Kultusministerium den ,,Cultusverein Steyr" beauftragt, eine Kultusgemeinde für den Stadt- und Landbezirk Steyr sowie den Bezirk Kirchdorf, zu errichten und am 21. De zember 1892 übermittelt die nunmehrige Kultus gemeinde Steyr (Joachim Winternitz) das Proto koll ihrer Generalversammlung und fünf Exem plare eines Statutenentwurfes. Man schlägt jetzt Dr. Pulyi PoUatschek, Kreis-Rabbiner in Polna für den Caslauer und Chrudimer Kreis, bzw. Dr. M. Grünwald, Bezirks-Rabbiner in Jung-Bunzlau, Dr. J. J. Unger, Rabbiner in Iglau, schließlich und vor allem Ignaz Baum, zuständig nach Koschetitz, zuletzt wohnhaft in Neustraschnitz, Be zirkshauptmannschaft Schlan in Böhmen, vor^^. Ahnlich wie später bei den Selbständigkeitsbe mühungen der Salzburger Israeliten sieht man auch schon hier durchwegs Kandidaten aus Böhmen - mögen sie auch teilweise in Galizien geboren sein. Es ist dabei nicht ganz klar, ob diese böhnüschen Rabbiner von sich aus nach Ober österreich drängen und hier Initiativen zur Er richtung eigener Kultusgemeinden setzen oder ob in Oberösterreich ansässig gewordene Juden Verwandte oder Bekannte heranzuholen trach ten. Bekanntlich war ja die israelitische Kultus gemeinde Linz überwiegend durch den Zuzug wohlhabender Juden aus dem Raum Fürth in Bayern und von armen böhmischen Juden ent standen. Auch der Statutenentwurf von Steyr wird vom Wiener Kultusministerium zurückgewiesen, auch hier werden die schlesischen Musterstatu ten beigelegt und bis 1. Februar 1894 ein neuer Entwurf angefordert. Der neue Statutenentwurf wird am 25. Jänner 1894, ebenfalls von Joachim Wintemitz als Vorsteher gezeichnet, vorgelegt. Mit Schreiben vom 25. Februar 1894 beanstandet das Ministerium sieben weitere Punkte des Lin zer Statutenentwurfes, beauftragt allerdings den Linzer Statthalter, den Entwurf nach Behebung der Beanstandungen direkt zu genehmigen^'*. Die Änderungen werden am 15. März 1894 der Statthalterei vorgelegt*®. Auch Steyr legt der Statthalterei im Schreiben vom 15. März 1894 die Statutenkorrekturen vor, man verweist aller dings darauf, daß man in absehbarer Zeit in Steyr außer dem Rabbiner und seinen Stellvertretern weder Gemeindefunktionäre noch Gemeinde diener anstellen werde und daß deren Aufgaben durch die Gemeindemitglieder und unentgeltlich verrichtet werden*®. Steyr schlägt nun als Rabbiner Ignaz Schulhof aus Ungarisch-Hradisch in Mähren vor, Rückfra gen ergeben allerdings, daß er zwar geprüfter Schächter sei und Elementarunterricht in der he bräischen Sprache erteilt habe, so daß er als Ma trikenführer, kaum aber als Rabbiner geeignet sei**. Die umfangreichen Rückfragen, vorwiegend bei böhmischen Bezirkshauptmannschaften und Gemeindevertretungen über die namhaft ge machten Rabbiner, dazu Unklarheiten über die OÖLA, Schreiben des Ministers für Cultus und Unterricht, Z. 363 vom 4. Oktober 1893. OÖLA, Schreiben Dr. Wintemitz vom 23. Jänner 1894. " OÖLA, Z. 3002 vom 25. Februar 1894; gedmckte „Statuten der israelitischen Cultusgemeinde Linz", Linz 1894. OÖLA, Schreiben der Vorstehung der israelitischen Cul tusgemeinde Linz-Urfanr, Nr. 95. OÖLA, Schreiben des Vorstandes der israelitischen Cul tusgemeinde Steyr vom 15. April 1894 (gezeichnet Weigner, Wurmfeld, Reis). " OÖLA, Schreiben des Gemeinderates der kgl. Stadt Unga risch-Hradisch (als politische Behörde), Z. 4738 pol. vom 24. September 1894.
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