Aus der Geschichte des Oblatinnen- (ehem. Lebzelter-) Hauses in Oberneukirchen Von Josef Mittermayer Das Haus Obemeukirchen Nr. 45 (grundbücherlich „Lebzelterhaus" genannt!), das ab dem 5. September 1959 der ,,Kongregation der Obla tinnen des hl. Franz von Sales" gehört und in dem seit dem Jahr 1964 ein Schülerinnenheim be steht, ist - schon als einstiger Wohnsitz der be rühmten Lebzelterfamilie Kastner - eines der prominentesten Häuser des Marktes und kann auf eine lebens- und bedeutungsvolle Vergan genheit zurückblicken. In einer Urkunde des Marktarchivs ^ wird zum er sten Male ein Träger dieses Namens genannt: ,,Hans Georg Castner, Bürger und Lebzelter", scheint 1633 als „Gerhab" (= Vormund) auf. Der Lebzelterberuf ist ein „älterer Verwandter" des (erst ab 1660 nachweisbaren) Zuckerbäcker- (bzw. Konditor-)Gewerbes. Die „Naschkatzen" des Mittelalters bekamen die ersehnten Lecke reien nur beim Lebzelter, der als Süßstoff den Honig verwendete. Seine oft prächtig modellier ten Produkte fanden besonders an einem (auch) nach ihnen benannten Tag des Weihnachtsfest kreises - am ,,Lebkücheltag" oder Unschuldige-Kinder-Tag (28. Dezember) - hohen Anwert und reißenden Absatz. Der oben genannte Leb zelter Hans Georg Castner war bestimmt einer von den 49 Meistern dieses süßen Gewerbes, die es (gemäß dem damaligen Handwerksbuch) im Jahr 1636 in Oberösterreich gab^. Daß auch er (obwohl er nicht so bezeichnet wird) außerdem als Wachszieher arbeitete, wird durch die marktur kundlich nachgewiesenen, für die Pfarrkirche be stimmten Kerzen- und Wachsstocklieferungen seiner Nachkommen bestätigt. Die Lebzelterei und die Wachszieherei — zwei Tätigkeiten, die wegen des notwendigen Formenreichtums der „Lebzeltermodel" und Wachsstockentwürfe künstlerische Begabung voraussetzten und deren Meister deshalb in hohem Ansehen standen - waren ja stets (als Personalunion) gekoppelt, weil ihre Arbeitsmaterialien (Honig und Wachs) von einem Lieferanten - der Biene - stammten. Im Oberneukirchner Lebzelterhaus, das in jüngerer Vergangenheit anderen Zwecken zu dienen be gann und deshalb mehrmals ,,innerlich umge staltet" wurde, sind keine Überbleibsel des Leb zeltergewerbes, wohl aber ist ein Wachszieherrad erhalten geblieben, das derzeit als origineller Lu ster verwendet wird. Nach diesem allgemeinen Einblick in Wesensart imd Geschichte des Gewerbes der Lebkuchenund Kerzenerzeuger (die natürlich keinen An spruch auf Vollständigkeit erhebt, gab und gibt es doch auch in Lirrz, Bad Leonfelden, Freistadt, Steyr und anderen oberösterreichischen Städten und Märkten berühmte Lebzeltereien) wenden wir uns wieder - in chronologischer Folge - der skizzenhaften Aufhellung der Vergangenheit der Oberneukirchner Lebzelterfamilie Kastner zu: Die Zweitälteste Erwähnung der genannten Fa milie fand der Verfasser in den Pfarrmatriken von St. Veit i. M.^: Der ,,Lebzelter Hans Giörg Chastner zu Oberneukirchen" wurde im Jahr 1660 als Gevatter (Taufpate) des Michael Semb ier, Sohn des St. Veiter „Fleischakhers" Abra ham Sembier, genannt. (Das Marktarchiv von Oberneukirchen weist diesen ,,Hannß Geörg Castner" 1664 als Marktrichter auf.) Seine Frau, ,,Ellena Castner", erscheint 1667in den St. Veiter Matriken als Gevatterin eines Töchterchens der Semblerfamilie". In den Matrikenbänden der Pfarre Obemeukir chen und im Marktarchiv Obemeukirchen findet man aus dem 17. und 18. Jahrhundert folgende „einschlägige" Eintragungen: Marktrichter Gottfried Kastner, dann Georg Castner, Marktrichter, und seine Frau Helene (1671), Johann Georg Castner, Marktrichter, und seine Frau Helene (1672), Hannß Geörg Castner, Marktrichter (1673), Hans Georg Kastner, Bürger und Lebzelter (1674), Johann Geörg Casstner, Marktrichter (1688, 1689), Hannß Geörg Castner, Marktrichter (1694, 1697, 1698, 1700, 1701, 1704), Franz Castner, Bürger und Lebzelter, und seine Frau Katha rina (1701), Gottlieb Kastner, Bürger und Lebzelter, und seine Frau Elisa beth (1722), ,,Gottlieb Casstner burger und lebzelter alhier uxor Elisabetha" (1724), ' LA (Oö. Landesarchiv), MA O. (Marktarchiv Obemeukir chen) Sch. (Schuberband) 26. ^ Vgl. Fritz Berger, Oberösterreichisches Heimatbuch, Linz 1969, S. 292 - Eduard Straßmayr, in: Heimatgaue, 14. Jg., S. 84 ff. ^ Pfm. (Pfarrmatriken) St. Veit i. M., Tb. (Taufbuch), Tomus II, Pagina 13. " Pfm. St. Veit i. M., Tb., Tomus II, Pagina 51.
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