OÖ. Heimatblätter 1980, 34. Jahrgang, Heft 1/2

vereine. Sie hatten ja schon immer neben der Pflege der Tracht und des Brauchtums auch den Volkstanz in ihrem Programm. Ihre Bestrebun gen waren von großem Idealismus getragen. Trotzdem wurde die Art ihrer Pflege vor allem vor und nach dem Ersten Weltkrieg von den Fachleuten der Volkskunde mit Sorge betrachtet. Es fehlten in ihren Reihen die Fachleute, die Ge wachsenes, Überliefertes von erfundenen, seich ten Machwerken und sonstigen Entgleisungen unterscheiden konnten und die Fähigkeit hatten, die Mitglieder in dieser Hinsicht zu beraten. So wurde vielfach ohne Kritik - in der guten Mei nung, das Richtige zu wählen - allerlei Minder wertiges und Unechtes aufgenommen und ge pflegt. Manches wurde auch um eines größeren Beifalles willen neu erfunden oder willkürlich umgestaltet. Das Tanzen wurde von vielen vor wiegend als ein Programmpunkt für eine Vorfüh rung angesehen, weniger als ein Tun zur eigenen Freude. Im Wettbewerb mit anderen Gruppen nahmen solche Änderungen und Zutaten zu, und da die nötigen Grundkenntnisse fehlten, entstand bei ihren Vorführungen ein anderes Bild als das, welches sie eigentlich darstellen wollten, nämlich das Bild der Heimat. Zudem waren sie anfangs auch in der Tracht noch nicht auf dem Boden der Heimat angelangt. In Nachahmung der bayrischen Vereine trugen viele die oberbay rische Gebirgstracht - und auch darin gab es Ir rungen. Vorwürfe kann man dabei nicht machen, da eben die Grundlagen fehlten. Die Arbeit in den Trachtenverbänden hat sich in den letzten Jahrzehnten durch erfahrene Ver antwortliche in der Führung grundlegend geän dert. Auch hier gilt die erforschte Überlieferung als Grundlage für die Pflege, wenn auch diese Er kenntnis noch nicht überall praktisch zur Wir kung kommt. Die Landwirtschaftskammer richtete später an statt der Dorfkulturwochen für Lehrkräfte Schu lungswochen und Wochenendschulungen für die Jugendgruppen ein. Das führte dazu, daß in vielen Landjugendgruppen der Volkstanz, z. T. auch das Singen, eifrig gepflegt wurde. Aus manchen dieser Gruppen bildeten sich nach dem Austritt aus der Jugendgruppe selbständige Volkstanzgruppen. In der Absicht einer weiteren Förderung wurde 1971 im Rahmen der Jugendarbeit der Kammer der erste Versuch mit einem Wertungstanzen gemacht. Landjugendgruppen konnten sich ei ner Jury aus Volkstanz-Fachleuten zur Beurtei lung stellen. Die Durchführung: Aus einer Reihe von vorgeschriebenen Tänzen kann einer selbst gewählt werden, einer oder zwei werden von der Jury besHmmt. Für eine Anfängergruppe „B" ist nur die Kenntnis der festgesetzten Tänze nötig. Die Gruppe der Fortgeschrittenen (,,A") muß neben den Pflicht tänzen auch eine Croßform beherrschen, einen Landler oder Steirer, am besten eine aus ihrem örtlichen Bereich. Neben dem Tanzkönnen (auch mit Singen) werden auch Tracht und Musik beurteilt, und zwar mit „sehr gut", ,,gut", „mit Erfolg teilgenommen". Für die gesamte Beurteilung wird ein einfaches Punktesystem verwendet. Die erreichte Punktezahl wird aber nicht mitgeteilt, auch erfolgt keinesfalls eine Reihung nach Platzziffern. Vielfache Erfahrung bei ande ren Wettbewerben hat gezeigt, daß Reihungen der Zahl nach ungünstig sind. Die Beurteilung ist ja auch nicht mit klar meßbaren Mitteln wie beim Sport oder mit dem Längenmaß möglich, wo es normalerweise keinen Zweifel geben kann. Beim Tanzsport und im Eiskunstlauf sind ja auch ähnliche Verhältnisse - und dort gibt es oft genug Streit. Einer der wichtigsten Teile des Wertungstanzens ist die fachliche Nachberatung mit Verbesserungsvorschlägen und dem Auf zeigen von Fehlern. Das Ergebnis der Nachberatung wird dem Leiter der Gruppe schriftlich mitgeteilt, da es aus Zeit mangel nicht unmittelbar nach dem Vortanzen erbracht wer den kann (was an sich günstig wäre). Jede Gruppe erhält eine Urkunde mit Angabe der errungenen Kategorie, meist auch ein kleines Erinnerungsgeschenk. Bis her fand 1971, 1973, 1975,1977 und 1979 so ein Wertungstan zen statt, und es ist geplant, sie auch fortzusetzen. Abschluß der Veranstaltung ist immer ein gemeinsamer festlicher Tanz abend für alle. Das Miteinander und Füreinander ist im musi schen Bereich, vor allem bei Laien, wertvoller als ein Wett kampf. Als Vorbereitung für das Landeswertungstanzen die nen Bezirkswertungen mit ähnlichem Ablauf. Der Erfolg die ser Veranstaltungen macht sich deutlich bemerkbar: Die Wo chenendkurse für fortgeschrittene Tänzer, für Tanzleiter schulung, aber auch für Singen sind so gesucht, daß manche geteilt werden müssen. Es hieße Wasser in die Donau schütten, wollte man die Förderung der musischen Belange - in unserem Falle Singen, Musik und Tanz -, die vom Landesinstitut für Volksbildung und Heimat pflege bzw. dem Oö. Volksbildungswerk ausgin gen, im einzelnen schildern. Nicht nur, daß von dort eigene Schulungswochen, Kurse und Wo chenendschulungen veranstaltet werden, eine große Anzahl von Vereinen, Arbeitsgemein schaften und Gruppen findet beratende und or ganisatorische Hilfe sowie finanzielle Unterstüt zung. Auch die Förderung der Volkstanzpflege

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