Auch in bestehenden Gemeinschaften mit sonst anderen Zielen wurde die Pflege heimischen Tanzes manchmal aufgenommen, etwa in Turn vereinen der verschiedenen Richtungen oder an deren Jugendgruppen. Aber die Pflege blieb doch noch mehr auf die Gruppen beschränkt. Be zeichnenderweise war das Interesse an der Volkstumsarbeit oft in der Stadt größer als auf dem Land. Mitte der dreißiger Jahre wurden an einzelnen Orten Versuche mit ,,Offenen Volkstanzstun den" gemacht. Diese waren für jederman zu gänglich und sind eine Art lockerer Volkstanzleh re. Solche Art der Mitteilung war zwar neu und ungewohnt, bewährte sich aber. Offene Volks tanzstunden sind auch heute noch in der Pflege viel im Gebrauch. Meine ersten Erfahrungen da mit konnte ich ab etwa 1934 in Altenberg und dann in Viechtwang-Scharnstein machen. Nach kleinen Anfängen mit etlichen Paaren stieg die Zahl der Teilnehmer in Scharnstein oft bis auf 40 bis 60 Paare an. Bei einem im Schloßhof Scharn stein veranstalteten Volkstanzfest unter Mitwir kung der Ortsmusik und der Almtaler Rud wur den rund 700 Teilnehmer gezählt. Solche Veran staltungen waren aber doch Einzelfälle. Für meine Arbeit in der Forschung war diese Zeit sehr fruchtbar. Durch meine Kameradschaft mit der Almtaler Rud hatte ich das Glück, zwei Land ler-Großformen kennenlernen und aufzeichnen zu können, den „Ebenen Landler" und den „Steinhauser Landler". Es war mir damals nicht bewußt, daß diese Aufzeichnungen eine Sache ,,der letzten Stunde" war. Ohne diese Aufzeichmmg und das nachträgliche Erarbeiten des „Steinhausers" mit der Welser Rud wäre dieser Tanz bereits der Vergessenheit anheim gefallen. (Er wurde mittlerweüe im Jahrbuch des österrei chischen Volksliedwerkes 1960 beschrieben und 1970 von der Bundesstaatlichen Hauptstelle für Wissenschaftliche Kinematographie in Tonfilm aufgenommen und 1973 auch vom Institut für den Wissenschaftlichen Film in Göttingen über nommen.) In der Zeit zwischen 1938 und 1945 war die Volkstums- und Brauchtumspflege eine von Kulturund Jugendorganisationen von oben her ange ordnete und geführte Sache. Die Ergebnisse bis heriger Forschung wurden zum Teil übernom men und zum Teil unter anderen Gesichtspunk ten weitergeführt. Das schreckliche Ende des Zweiten Weltkrieges schien alles in stumpfe, lähmende Gleichgültig keit zu versetzen. Für gar viele galt lange Zeit nichts als die Sorge um die Nahrung für den nächsten Tag. Aber die Zeit bleibt nicht stehen und das Leben muß weitergehen. Allmählich wurde die ärgste Not überwunden und es kam wieder zu einem neuen Beginnen. Das österreichische Bundesjugendsingen 1948 war einer der ersten großen Versuche, die Jugend wieder für musische Betätigung zu gewinnen. In den Jugendorganisationen verschiedener Rich tungen wurden auch Singen, Musizieren, Tanz in deren Schulungen eingebaut, zumindest in Ansätzen versucht. Die Landwirtschaftskammer ßr Oberösterreich fügte neben der fachlichen Schulung in der Jugendar beit auch musische Fächer ein. 1950 wurde mit dem Titel,,Heimische Tänze" ein ganz einfaches Hilfsheft mit 18 oberösterreichischen Tanzfor men in gemeinsamer Arbeit von Dr. Ernst Hamza, Rudolf Möstl und mir für die Schulung bereit gestellt. Bei den von Dr. Hamza angeregten „Dorfkulturwochen" der Landwirtschaftskam mer (die meisten in Schloß Ort bei Gmunden) wurde das Heft an die teilnehmenden Lehrer als Lehrhüfe verschenkt. Auf 31 Tänze erweitert (darunter schon fünf ,,ländlerische" Formen), folgte als nächste Fassung das nun schon ge druckte Heft ,,Unser Tanzbuch", Tänze aus Oberösterreich, vom Verfasser, ebenfalls von der Landwirtschaftskammer herausgegeben (1956). Durch rund anderthalb Jahrzehnte war diese In stitution durch die Veranstaltung der Dorfkul turwochen und die Unterstützung von Volks tanzkursen ein bedeutender Förderer der Volks lied-, Volksmusik- und Volkstanzpflege in Ober österreich. Die eingeladenen Lehrer waren bei diesen Wochen Gäste der Kammer, verpflichte ten sich aber, in der Folge mindestens jährlich ei nen Volkstanzkurs in ihrem Ortsbereich zu hal ten, wenn möglich unter Einbeziehung von Sin gen und Musizieren. Das hat sich gut bewährt, es wurde eine große Breitenwirkung erzielt. Natürlich gab es auch noch andere Pflegestätten. Dazu gehören vor allem die Trachten- und Heimat-
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