OÖ. Heimatblätter 1980, 34. Jahrgang, Heft 1/2

über den heimischen Tanz und seine Pflege in Oberösterreich Von Hermann Derschmidt Mit 2 Textbildern Jede Kulturepoche ist gegliedert in Ursprung, Blütezeit und Ausklang. In Zeiten hoher Blüte strömt auf allen Gebieten kräftiges Leben. Es wird Neues geschaffen, Bestehendes sinkt ab nach den ewigen Gesetzen einer lebendigen Entwicklung. Je bewegter die Zeit, desto rascher geschieht der Wechsel. Wertvolles hält sich meist länger. Minderes teilt das Schicksal der Eintags fliegen. Es gibt auch Beispiele, daß wertvolles Kulturgut, wie Bräuche, Lieder, Tänze u. a., ver schwindet, aber in späterer Zeit wieder aufgegrif fen wird und zu einer neuen Blüte kommt. Die Geschichte erweist das oft. Immer erst, wenn Verfallszeiten einsetzen, wird das Absinken be wußt als Verlust empfunden. Aus dem Erken nen, daß diese Werte erhaltungswürdig wären, setzt eine bewußte Pflege ein. In Blütezeiten gilt das Gut als selbstverständlicher Besitz. Die Sorge um die Erhaltung wird nun zum Anlaß von Sammlung und Aufzeichnung: Anfangs fast im mer von Laien. Die wissenschaftliche Erfassung setzt meistens erst später ein. *t . "ji . jf ^ 1 ^ " "1 Volksliedersammlungen reichen bereits weit zu rück, denken wir nur z. B. an die Sammlungen von Goethe, Herder und der Brüder Grimm. Al lerdings sammelten diese nur, was durch das Wort zu erfassen war. Es waren literarische Sammlungen; die Weisen wurden nicht erfaßt. Sie wurden u. a. bei der Sonnleithner-Samm lung 1818 mitaufgezeichnet. Auch die Aufzeich nungen durch Anton Ritter von Spaun' - die meisten aus Oberösterreich - gehören zu den frühen Niederschriften von Liedern samt den Weisen. Merkwürdig ist, daß Spaun bei den „Al penmelodien", damit waren die Jodler gemeint, wohl die Weisen, aber keine Jodlersilben auf schrieb. Aus den Notenbüchern und Blättern der Tanz musikanten haben wir allerdings in Oberöster reich schon recht frühe schriftliche Belege aus der Mitte des 18. Jahrhunderts; unter anderem: ,,Viechtwangerische Tanz" 1764, angehörig Bemh. Stüblinger (Oö. Landesmuseum, Linz), ,,Teudsche Taenz" 1795, gez. Mayerhofer und Anton Wiplinger, Mühl viertel (Sammlung H. Derschmidt; vgl. Textbild) - ,,Tänze", gehörig Franz Traxler, Helfenberg (Sammlung H. D.) - Tanzhefte J. Schönmayr, Krenglbach; ungefähr 1840 (Sammlung H. D.) - Sammlung Hohl, Alt münster - Noten der berühmten ,,Solingermu sik", Irmviertel (Familie Pointecker) usw. Aus den zahlreichen Belegen geht hervor, daß in Oberösterreich, dem klassischen Land des ,,Ländlers", die Tanzmusikanten schon in ver hältnismäßig früher Zeit die Kenntnis der Noten schrift hatten. Zum Tanz spielten sie sicher die über die Noten gelernten Tänze meist auswendig - ohnehin ein Ergebnis oftmaliger Übung. Musi kanten ohne Notenkenntnis gab es selbstver ständlich auch und das Abhören nach dem Gehör war ebenfalls üblich, wie öfter berichtet wird, be sonders wenn gute Musikanten eifersüchtig auf ,,ihre" Tänze achteten und nichts an andere wei tergeben wollten. Bis zum Ersten Weltkrieg wurde das Tanz-, Mu sizier- und Singgut in natürlicher Ablöse von ei ner zur anderen Generation weitergegeben. In ' ,,Die österreichischen Volksweisen, dargestellt in einer Auswahl von Liedern, Tänzen und Alpenmelodien. Ge sammelt und allen Deutschen gewidmet von Anton Ritter von Spaun, Wien 1845."

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2