OÖ. Heimatblätter 1980, 34. Jahrgang, Heft 1/2

Das kann von amüsanter leichter Verfremdung bis zur Groteske und zum makabren Scherz rei chen. Der Humor steht zwischen Ordnung und Chaos, läßt Beschränkung und Grenzen erken nen und darüber resignierend lachen. Aber auch kurze, doch intensive Gefühle der Überlegenheit erleben, wenn im Spiel gezeigt wird, wie Opfer ihre Quälgeister durch Schlauheit überlisten, es durch Mutterwitz der Untertanen zu einer De gradierung der allzumächtigen Obrigkeit kommt. Die Satire konfrontiert tägliche Unzulänglichkei ten der Wirklichkeit mit einer idealen Welt, sie hat eine starke kritische Funktion, wirkt entlar vend und erteilt moralische Lektionen. Die Mittel sind die gleichen, die dem Humor zu seiner Wir kung verhelfen, nur werden sie schärfer einge setzt, während sich etwa Situationskomik auf harmlose Clownerien beschränkt und das Gro teske dabei eine Rolle spielt^. Liest man aufmerksam die von Geramb und Zack 1917/18 erstmals genauer aufgezeichneten Texte und Schilderungen der Auftritte im Steyrer Krippentheater - man hält sich im Wesen weiter hin getreu an diese hier beschriebene Uberliefe rung- so wird einem erst recht bewußt, worin der Reiz der lustigen, eindrucksvollen Szenen liegti*. Neben dem religiösen Mittelpunkt der Krippe, um den sich die vorherrschend humorvollen und satirischen volkstümlichen Auftritte angesiedelt haben und ein starkes Ubergewicht erreichen konnten, treten ihre charakteristischen Züge umso deutlicher hervor: Hier die Darstellung der frohen Botschaft von der Geburt des Christkin des und fromme Hingabe an das Weihnachtsge heimnis, dort die vielfältige Schilderung der Un tugenden und größeren und kleineren Übel, wie sie den Alltag kennzeichnen und die der Mensch so schwer los werden kann. Die professionellen Puppenspieler von einst ver standen es in origineller Weise, Situationen in ih rer Umgebung zu entdecken, die sich mit ihrem Theaterapparat gut lebendig darstellen ließen und die Möglichkeit boten, die Moral bühnen wirksam anzubringen. Solche Lehren lassen sich aber nur mit Spaß, bei Befriedigung der Schau lust durch eine entsprechend effektvolle Aufma chung, und mit den bewährten Tricks des Kasperltheaters garniert, gut verkaufen. Das sicherte in einer noch nicht durch Massenmedien be herrschten Zeit der Kleinbühne ihr Publikum. Der Verdienst damit reicht dabei oft nur für einen Nebenerwerb, bei enger begrenzter Spielzeit am gleichen Ort umso mehr, wie dies beim Steyrer Kripperl der Fall war®. Dabei wußte man das Programm in psycholo gisch geschickter Weise den vorherrschend ju gendlichen Besuchern anzupassen und viele Szenen gerade auf diese Altersstufen abzustim men. Da gehörte es dann auch dazu, die autoritä ren Erwachsenen entsprechend herzunehmen, wozu ihr Gehaben auch schließlich genug Anlaß gab. Die Vorführungen der verschiedenen Berufs zweige kann man als einen Spiegel sowohl des Gewerbefleißes wie der weniger erfreulichen Neigungen gewisser Gesellschaftsgruppen aus dem städtischen wie ländlichen Bereich erleben. Der Nachtwächter waltet noch würdig als Re spektsperson seines Amtes, aber er muß sich die Hänseleien eines Kasperls gefallen lassen, dem er droht, ihn auf dem,,Fisolenberg" (entsprechend der Bohnen-Gefängniskost in der Steyrer Berg gasse so genannt) einzusperren, aber, erschrokken über den langen Hals, den der Kasperl plötz lich machen kann, entwischen lassen muß. Die strenge Obrigkeit etwas zu frozzeln, hat schon immer Anklang gefunden, und kann sie nicht glatt durchgreifen, macht das Vergnügen. Der Puppenspieler hält es mit den niederen Ständen, mit dem Volk der Untertanen, zu dem er selbst gehört und nicht mit den Behörden, mit denen er, ganz von deren Gunst und Laune abhängig, stets seine liebe Not hat. Hauptsächlich durch Magi stratsprotokolle sind uns Namen alter Marionet tenspieler überliefert. Das spaßhafte Frage- und Antwortspiel zwischen Kasperl und Nachtwächter ist kontrastreich dem frommen Wechselgesang zwischen Engel und Hirten voran- und gegenübergestellt. Der lustige dem ernsthaften Dialog, womit beide sich gegen seitig akzentuieren. In volkstümlich treuherziger Weise besingen die Hirten ihren Aufbruch zur Krippe und bezeugen ihre Hoffnung ,,auf himm lische Freud' in trauriger Zeit". Das Hirtenvolk ^ Zijderveld: Humor und Gesellschaft. ■' Geramb-Zack: Das Steyrer Kripperl. ® Verein für Heimatpflege Steyr; Steyrer Kripperl.

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