OÖ. Heimatblätter 1980, 34. Jahrgang, Heft 1/2

Ferdinand sicherte aber auch die materielle Grundlage der Stiftung, indem er bestiirunte landesfürstliche Ämter zu re gelmäßigen Beitragsleistungen verpflichtete, besonders aber, indem er die Herrschaft Wolkersdorf (Weinviertel) dem Spital inkorporierte. Trotzdem blieb das Finanzierungsproblem die Hauptsorge der Verwaltung. Einschneidende Veränderungen gab es unter Maria Theresia, sie verlegte das Spital auf den Rennweg, imd unter Joseph II. Er löste das Spital überhaupt auf. Am Zweck der Stiftung aber hielt er fest, nur wies er die Pflegebedürftigen in Fürsorgean stalten ein, die Kranken ins Allgemeine Krankenhaus (seine Gründung) oder in Ordensspitäler, die Waisen in die eben falls von ihm geschaffenen Waisenheime. Aus dem Verkaufs erlös bildete Joseph den Hofspitalsfonds. KaiserFranz Josef I. finanzierte mit diesem ansehnlichen Kapital - gegen Verzin sung - großenteils den Bau des Rudolfspitals. Der Fonds überdauerte sogar den Zusammenbruch der Monarchie - ak tenkundig bis 1926. Seine letzte Spur entdeckte der Verfasser auf einer Karteikarte aus der NS-Zeit mit dem nüchternen Vermerk seiner Auflösung. Die außerordentlich detaübefrachtete und daher etwas an strengende Monographie fördert als Nebenfrucht aber auch noch aufschlußreiche sozialgeschichtliche Einsichten zutage, die der dafür interessierte Leser dankbar zur Kenntnis nimmt. Josef Kiims Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs, hrsg. von der Generaldirektion (Gerhard Rill - Christiane Thomas), 32. Band (1979), VIII -I- 497 Seiten, Verlag Ferdinand Berger & Söhne, Horn. Das repräsentative Publikatiorrsorgan österreichischer Ar chivforschung enthält Aufsätze über Diplomatie und Ge sandtschaftswesen (auch über Kurierdienst, Post usw.) am Ende des 15. Jahrhunderts, über Ferdinands Reichstagsplan 1534/35 (betr. seine Einsetzung als deutscher König), dann ei nen ausführlichen Beitrag von Klaus Müller ,,Habsburgischer Adel um 1700", der der Familie Lamberg gewidmet ist. Diese ist ja durch ihre Majoratsherrschaft Steyr mit Oberösterreich eng verbunden. Der Autor beschreibt beispielsweise das Ab sinken der Familie in der Wertschätzung bei Hofe, als der Sohn des oberösterreichischen Landeshauptmanns, Johann Adam Graf Lamberg (1677-1708) im Jahre 1702 die Fürstin Maria Antonia Eleonore Liechtenstein entführte und sie ohne Zustimmung ihres einflußreichen Vaters heiratete. In den Verwandtschaftsverhältnissen kommt die Familie Harrach oft vor, die bisher von der historischen Forschung ziemlich ver nachlässigt wurde, obwohl sie nicht nur Bischöfe und Ge sandte (wie die Lamberg), sondern einen Vizekönig von Nea pel, Erzbischöfe usw. unter ihren Mitgliedern aufweist. Wei tere Aufsätze sind dem kirchlichen Zeremoniell und dem Jan senismus in Wien im 18. Jahrhundert gewidmet. Die Ent würfe Peter Fendis für die Lombardo-Venezianische Krönung 1838 werden von Christiane Thomas ausführlich besprochen und auf Tafeln sowie auf dem gut gestalteten Umschlag abge bildet. Beim ,,Fall Bartels", den Peter Broucek behandelt, steht Edu ard R. Bartels von Bartberg, Generalstabschef 1859, im Mittel punkt. Bei einer Hausdurchsuchung in Linz 1866 wurde Ma terial über anonjnne Veröffentlichungen über den Feldzug 1859 gesucht. Im MiszeUenteil werden Archivalien des Kriegsarchivs über Papst Johannes Paul II. veröffentlicht. Der Archivbericht von einem Bestand Belgien PA enthält verschiedene Briefe aus Linz, besonders die Korrespondenz Annas mit Bernhard von Kies 1526, 1528 und 1530, auch ein Schreiben Ferdinands an Maria aus Linz vom 16. Dezember 1554. Ein umfangreicher Rezensionsteil und Nachrufe (Kraus, Mikoletzky) beschlie ßen den Band. Georg Wacha Fritz P. Hodik: Beiträge zur Geschichte der Mattersdorfer Ju dengemeinde im 18. und in der ersten Hälfte des 19. Jahr hunderts (= Burgenländ. Forsch., Heft 65), Eisenstadt 1975, 286 Seiten. Eine Einführung in eine völlig fremdartige Welt inmitten der heimischen von einst, nicht weniger als dies leistet Hodik mit seinen interessanten „Beiträgen". Er beschränkt sich ja nicht auf einen chronologischen Abriß, sondern er will nach seinen eigenen Worten einen tieferen Einblick in das Dasein der Be wohner und in das öffentliche Leben der ,,KehilIah" (Ge meinde) vermitteln. Der Verfasser zieht auch jüdische und jiddische Texte mit deutscher Übersetzung heran, klärt zunächst die Grün dungsgeschichte, gibt einen Oberblick über Herkunft und Be rufsgliederung der Mattersdorfer Juden und unterrichtet dann den Leser ausführlich über Eigenart und Aufgaben der Gemeindeverwaltung, über das Vereinsleben mit ethisch humanitärer Zielsetzung, über das religiös geprägte Schul wesen, über das Rabbinat, die angesehene Thora-Hochschule und beschließt die Untersuchung mit dem wenig erbaulichen Kapiteln über das Verhältnis der Judenschaft zur christlichen Umwelt. Von wenigen vermögenden Flandelsleuten abgesehen, fri stete die jüdische Bevölkerung von Mattersdorf eine karge und gedrückte Existenz in der erstickenden Enge ihres Get tos, lebte in ständiger Angst vor Austreibung, die sich mehr mals ereignete, litt unter dem Druck von Steuem und vielfa chen Abgaben an die Herrschaft, an Staat und Gemeinde, wurde dazu oft heimgesucht von Seuchen, Brandkatastro phen und Kriegsgreueln. Und schließlich waren und blieben die Juden von Mattersdorf - seit der Stadterhebung 1926 Mattersburg - höchstens ge duldete, rucht selten verhaßte Fremde, trotz Schutzbrief der Herren von Esterhäzy, trotz der späteren josephinischen Be freiung und der weiteren Emanzipationsbestrebungen im 19. Jahrhundert. Josef Krims Mathilde Grünewald: Die Gefäßkeramik des Legionslagers von Camuntum. Grabungen 1968-1974. Mit einem Beitrag von Emst Pemicka (= Der Römische Limes in Österreich, Heft 29) Wien 1979 (Verlag d. österr. Akademie d. Wiss.), 107 Seiten, 102 Tafeln, 1 Faltplan. Br. S 530.-.

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