Josephinismus" in Wien im Jahr 1977 heraus entstand das von Elisabeth Kovacs im Auftrag der Wiener Katholischen Aka demie herausgegebene Sammelwerk. Das Phänomen dieser österreichischen katholisdien Aufklärung wird durch die 16 Beiträge - unter ihnen auch einer Reihe ausländischer Wis senschaftler aber auch durch die abgedruckten Diskus sionsbeiträge vertieft und umfassend gedeutet. Im ersten Abschrutt über die „territorialen Einflüsse" werden Hinweise über die Entwicklung in Belgien und Ungarn gegeben, vor al lem aber behandelt Adam Wandruszka kenntnisreich den Einfluß der Katholischen Aufklärung Italiens auf Österreich. In dem Abschnitt über die wirtschaftlichen und strukturellen Veränderungen befaßt sich der Linzer Ordinarius für Wirt schaftsgeschichte, Gustav Otruba, mit den ,,Problemen von Wirtschaft und Gesellschaft in ihren Beziehungen zu Kirche und Klerus in Österreich". Seine Hinweise über die Publika tionen jener Jahre sind aber auch ein wesentliches Stück österreichischer Geistesgeschichte. Auch in dem Abschnitt „Zwischen Politik und Theologie" behandelt ein Linzer, Hans HoUerweger, ein entscheidendes Kapitel,,,Tendenzen der liturgischen Reformen unter Maria Theresia und Joseph II.". Bis zur Pastoralmedizin und Nervenheilkunde reichen schließlich die Gedanken der letzten Referate im Abschnitt „Wandel in und durch Wissenschaft - Reflexe in der Kunst". Eine Frage ist allerdings, ob die Diskussion, so wie sie abge halten wurde, immer eine sinnvolle Ergänzung war und ab gedruckt werden mußte. Man kann sich eines Lächelns nicht ganz enthalten, wenn etwa im Rahmen der Diskussion zum Referat über die Entwicklung des Kirchenrechts die Frage ge stellt - und abgedruckt - wurde ,,wieweit sich die Bischöfe z. B. im weiter weg gelegenen Oberösterreich schon daran gehalten haben". Das sorgfältig erstellte Register bietet wertvolle Hilfe. Harry Slapnicka Helmut Konrad (Hrsg.): Sozialdemokratie und „Anschluß". Historische Wurzeln, Anschluß 1918 und 1938, Nachwirkun gen (= Sehr, reihe des Ludwig-Boltzmann-lnstituts für Gesch. d. Arbeiterbewegung, Bd. 9), Wien 1979 (Europaver lag), 145 Seiten, Br., S 148.-. Vierzig Jahre nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Österreich führte das Renner-Institut eine Arbeitstagung durch, deren wesentliche Referate der Linzer Hochschulassi stent Helmut Konrad in dem Sammelband „Sozialdemo kratie und ,Anschluß"' herausgegeben hat. Zusammenfas send ist ja leider bisher noch nicht die Einstellung der österrei chischen Parteien der Zwischenkriegszeit zum ,,Anschluß" oder ,,Zusammenschluß" behandelt worden. Der Band gliedert sich in drei Teile (Die historischen Grundla gen; Der ,, Anschluß"; Nachkriegsentwicklung und Gegen wart). Er leidet ein wenig darunter, daß Diskussionsbeiträge zu nicht gehaltenen oder erst später aufscheinenden Refera ten abgedruckt wurden, vor allem aber, daß ein Register fehlt. H. S. Franz Seibert: Die Konsumgenossenschaften in Osterreich. Mit einer Einleitung von Josef Weidenholzer (= Materialien zur Arbeiterbewegung, Nr. 11), Wien 1978 (Europaverlag), XVI + 198 Seiten, 8 Abb. Der Band des Linzer Autors gibt einen guten Überblick zum Thema ,,Konsumgenossenschaft" und führt seine Darstel lung von der Gründung bis zur Gegenwart. Während wich tige Teilprobleme (Konsumgenossenschaften und Gewerk schaften; Konsumgenossenschaften und sozialdemokrati sche Partei) gut dargestellt werden, findet man keine Anga ben über die Wirtschaftskraft der österreichischen Konsum genossenschaften, Schwerpunktverlagerungen ihrer Ver kauf sgüter oder Beteiligungen an anderen Betrieben. Die Exi stenz christlicher Konsumgenossenschaften wird nicht er wähnt, auch nicht das Buch Salzers, der darüber für den oberösterreichischen Bereich berichtet. H. b. Gerhard Oberkofler: Die Tiroler Arbeiterbewegung. Von den Anfängen bis zum Zweiten Weltkrieg. Mit einem Vorwort von Karl R. Stadler (= Materialien zur Arbeiterbewegung, Nr. 13), Wien 1979 (Europaverlag), 313 Seiten. S 168.-. ,,Die Selbstbefreiung der Arbeiterschaft" (Salcher), von der die vorliegende Untersuchung handelt, kam gerade in Tirol recht mühsam und langsam voran. Nach dem Urteil des Do zenten für ,,Neueste Geschichte" an der Universität Inns bruck, Gerhard Oberkofler, hatte diese Verzögerung fol gende Hauptgründe: 1. Die Alpenregion war überwiegend Agrarland mit wenig Industrie. Noch 1923 betrug die Zahl der in der Land- und Forstwirtschaft Tätigen 88.7% (= 53,28 Prozent aller Berufstä tigen), die der Arbeiter 42.438 (= 22,26 Prozent). 2. In Tirol herrschte noch bis tief ins 19. Jahrhundert die feu dalistische Gesellschaftsordnung mit den tragenden Säulen: Landesfürst, Kirche, Adel. 3. Die drei genannten Stützen der „gottgewollten" hierarchi schen Ordnung erzogen seit Jahrhunderten die Bevölkerung - besonders massenwirksam die bäuerliche - zu einer extrem konservativ-klerikalen Gesinnung, die sich jeder Verände rung der Verhältnisse, erst gar von linker Seite, hartnäckig verschloß. Und doch gerieten auch hier trotz aller Übermacht und heftig sten Widerstands der geheiligten Tradition die Dinge in Fluß. Der Verfasser,,,hervorragender Kenner der Quellen und Li teratur zur Tiroler Arbeiterbewegung" (Stadler), schlüsselt ihren Wandel bis in die Einzelheiten auf. Es begann mit den vormärzlichen ,,Vorboten", der Unruhe unter den Handwerksgesellen, es folgten als Schutzwehr ge gen links Anfang der fünfziger Jahre die katholischen Kolpingvereine und Ende der sechziger Jahre cüe Arbeiterbil dungsvereine unter bürgerlich-liberaler Führung und ideolo gischer Bevormundung, 1875 der ,,Allgemeine Arbeiterver ein" in Innsbruck als erste eigenständige Tiroler Arbeiteror ganisation, 1890 - nach dem Hainfelder Parteitag - die erste ausgesprochen sozialdemokratische Landesorganisation; dazu die sozialistisch bestimmten „Freien Gewerkschaften" und eine eigene Tagespresse (Volkszeitung). Trotz aller Ver folgung und Verfemung durch Behörden, Kirche und bürger liche Gesellschaft ließ sich die grundsätzlich antimilitaristi sche Partei 1914 auch in Tirol vom ,,Hurra-Kiiegspatriotismus" mitreißen. Wenn die zukunftsgläubigen Sozialisten hofften, in der de mokratischen Republik sich ungehindert entfalten und den Sieg ihrer Bewegung mit dem Stimmzettel erringen zu kön-
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2